von Andrea Karminrot | Mai 20, 2019 | Buch des Monats, Linkparty, Rezension, Roman |
Glück am Morgen
von Betty Smith
Wie war das? Eine Beziehung vor gut 70 Jahren? Eine Ehefrau unterstützt ihren Mann in allen Belangen. Sie macht das Heim schön und sorgt für Wohlfühlstimmung und Glück im Haus. Und sei das Zuhause auch noch so klein. Annie und Carl sind gerade mal 18 und 20 Jahre alt, als sie einander heiraten. Ganz langweilig, ohne die Familien, denn die Eltern wissen noch gar nichts davon, dass die Beiden sich das Ja-Wort geben, sich jeden Tag das Glück am Morgen wünschen.
Carl studiert erfolgreich Jura und Annie hatte bisher ihre Mutter im Haushalt unterstützt und ist zusätzlich arbeiten gegangen. Sie verlassen ihre Familien und nun müssen die beiden jungen Eheleute ein eigenes Leben organisieren. Aber alleine durch ihre Liebe zueinander, meistern sie ihre Sorgen und Nöte.
Was ich gelesen habe
Betty Smith schrieb vor 50 Jahren diesen Roman. Ihre Worte fließen durch einen hindurch und man genießt das Glück und die Liebe der jungen Menschen. Die Geschichte mutet in manchen Situationen etwas altbacken an und doch fühlt man sich in dem Buch sehr wohl. Annie begibt sich in ihrer Beziehung, in eine devote Rolle, die damals sicherlich Standard war. Aber immer öfter will sich die junge Frau durchsetzen und streitet mit Carl. Annie besticht darüber hinaus, durch ihre so (un)aufdringliche und naive Art. Und Carl? Der beginnt zu begreifen, dass das Eheleben nicht immer nur ein Zuckerschlecken ist. Er versteht es, dass die Frauen sich verändern und genauso viel wert sind wie die Männer. Er liebt seine Annie über alles …
Ich mochte das Buch sehr. Irgendetwas hat mich an der Geschichte gefesselt, ohne dass ich sagen kann, was es war. Eigentlich „plänkelt“ (ein Wort, dass Annie im Zusammenhang mit ihrem Friseur benutzte), der Roman vor sich hin. Doch es ist nicht langweilig! Es lohnt sich das Buch zu lesen.
Kennst du auch Bücher, die so vor sich hin „plänkeln“ und doch lesenswert sind?
Die Autorin
Betty Smith ist am 15. Dezember 1896 in Brooklyn geboren. Sie hat einige Bücher geschrieben, die immer unter den besten 10 der Bestseller-Liste waren. Ihre Bücher wurden auch verfilmt und als Bühnenstück auf dem Broadway aufgeführt. 1965 wurde Joy in the Morning mit Richard Chamberlain und Yvette Mimieux verfilmt.
1971 verstarb die Schriftstellerin in Connecticut.
Verlag: Suhrkamp
383 Seiten
ISBN: 9783458177852
Übersetzerin: Eike Schönfeld
Mein Buch des Monats Mai
von Andrea Karminrot | Feb. 26, 2019 | Historie, Nachdenklich, Rezension, Roman |
Wenn die Bienen verschwinden
Seitdem der Mensch bemerkt hatte, wie köstlich Honig schmeckt und welchen Nutzen er aus dem Bienenwachs ziehen kann, wurden Bienen genutzt. Erst im 19. Jahrhundert wurde die Haltung der Bienen moderner. Vorher wurden die Waben und die Bienenvölker zerstört. Heute hält man die Bienenvölker in sogenannten Magazinen, versucht damit die Stämme möglichst schonungsvoll zu behandeln. Maja Lunde hat sich die Bienen vorgenommen und ein tolles mitreißendes Buch geschrieben. Ich war schon bei „Die Geschichte des Wassers“ von ihrer Schreibweise überzeugt, aber dieses Buch gefällt mir noch viel mehr.
Die Geschichte der Bienen
Ein Roman von Maja Lunde
Wieder besteht der Roman aus verschiedenen Handlungssträngen, die sich irgendwann überkreuzen. Nein, die Personen werden sich nie gegenseitig kennenlernen, dazu liegen ihre Zeiten viel zu weit auseinander. Aber ihr Tun gehört zusammen.
So schreibt Maja Lunde in der Ichform von William (1852), einem Biologen und Samenhändler in England, der sich mit dem Leben der Bienen beschäftigt. Eine weitere Geschichte, aus der Sicht von Georg (2007), der davon träumt seine Imkerei und den Hof an seinen Sohn weiterzugeben und von Tao (2098), die auf Bäume klettern muss um die Blüten der Bäume zu bestäuben, weil Bienen außerordentlich selten geworden sind.
Maja Lunde schreibt spannend, lässt einen nicht los und bringt den Blick auf die kleinen Insekten, die für den Menschen einen besonderen Wert haben. Nicht nur die Honigbiene ist wichtig, es sind auch noch zahllose andere Hautflügler die dafür zuständig sind, dass unsere Nahrung an Bäumen, Sträuchern und auf Feldern wächst. Doch wie gehen wir mit unserer Umwelt um. Verteilen reichlich Pestizide auf den Feldern, die alles vernichtet, was krabbelt oder fliegt. Wir legen Monokulturen an, damit das Ernten einfacher wird und wundern uns am Ende, wo die Vielfalt geblieben ist. Tao lebt in einer Welt die Angst macht. William hat noch alle Möglichkeiten. Und Georg? Er verkörpert das, was wir heute auf den Feldern sehen.
Mich hat dieses Buch überzeugt. Maja Lunde kann einfach eingängig schreiben. Ihre Zukunftsvisionen sind nicht an den Haaren herbeigezogen. Wir sollten umdenken und vollumfänglich an das Leben mit unserem Planeten denken, anstatt nur in dem winzigen Rahmen zu denken, den wir sehen.
Die Autorin
Maja Lunde wurde 1975 in Oslo geboren, wo sie auch heute noch mit ihrer Familie lebt. Ihr Roman „Die Geschichte der Bienen“ wurde mit dem norwegischen Buchhändlerpreis ausgezeichnet und sorgte auch international für Furore. Das Buch wurde in 30 Länder verkauft, stand monatelang auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste und war der meistverkaufte Roman 2017. Zuletzt erschien der zweite Teil ihres literarischen Klimaquartetts, „Die Geschichte des Wassers“. (Der Text stammt von hier)
Die Übersetzerin
Ursel Allenstein ist freischaffende Übersetzerin. Sie übersetzt vorwiegend Belletristik aus dem Dänischen, Schwedischen und Norwegischen ins Deutsche.
Verlinkt bei meinen Februarbüchern
von Andrea Karminrot | Juni 10, 2018 | Roman |
ein Roman von
Celeste Ng
Um es vorweg zu nehmen, dieses Buch gehört zu den besten Büchern, die ich dieses Jahr gelesen habe. Celeste Ng schreibt in kurzen, prägnanten Sätzen, mit solcher Wucht und Feingefühl, dass man völlig in dem Buch und seinen Figuren abtauchen kann. Leichter Humor und Gradlinigkeit machen dieses Buch zu einem Lesegenuss, man kann es nicht aus den Händen legen.
Zum Inhalt
Es brennt! In einer amerikanischen, gut durchdachten und reglementierten Vorstadt, in Cleveland/Ohio. Dort steht Elena Richardson, in ihrem Bademantel vor ihrem schicken angepassten Haus. Sie sieht zu, wie ihr Leben abbrennt. Die Feuerwehr tut ihr Möglichstes, das Haus der Richardsons, zu retten. Zum Glück ist keiner zu Schaden gekommen. Alle Familienmitglieder waren unterwegs, bis auf Mrs Richardson, die die Feuer entdeckt hatte. Die fast erwachsenen Kinder sitzen weit genug entfernt auf dem Auto der Tochter Lexie und beobachten das Spektakel. Nur eine Tochter fehlt. Izzy ist verschwunden und alle vermuten, dass das Mädchen die Feuer gelegt haben könnte. Wie es dazu kam, das erzählen die nächsten Seiten.
Bevor es zu dem Brand kam, vermietete Mrs Richardson der alleinerziehenden Mia und ihrer Tochter Pearl eine kleine Wohnung in ihrem zweiten Haus und fühlt sich dabei wieder sehr gut. Sie liebt es, Anderen zu helfen. Mrs Richardson legt wert darauf, dass sie Gutes tut.
Mia ist Künstlerin/Fotografin und schon immer mit ihrer Tochter im Land unterwegs. Kurzuml, wenn sie eine neue Idee für ihre Fotos hat, packt sie das Wenige zusammen, das sie besitzt und zieht weiter. Dieses mal soll es aber anders sein, sie will bleiben. Hier ist es genau richtig und die 15 jährige Pearl fühlt sich gleich integriert. Pearl freundet sich mit den vier Richardsonkindern an und verbringt sehr viel Zeit mit ihnen. Bis eine Freundin von Mrs Richardson ein chinesisches Baby adoptiert, läuft alles gut. Plötzlich werden ganz neue Blicke in die ach so ordentlichen Häuser möglich. Überall schwelen kleine Feuer, nichts ist so, wie man es von außen sehen kann…
Interessant fand ich, dass die Autorin unterschiede in der Ansprache der Protagonisten machte. So wird Mrs Richardson fast immer mit ihrem Nachnamen angesprochen, während die Jugendlichen und weniger gut betuchten Figuren nur mit ihrem Vornamen angeredet werden. Es gibt eine Menge Feinheiten zu entdecken, die dieses Buch für mich spannend machten.
Verlag dtv
Aus dem amerikanischen Englisch von Brigitte Jakobeit
384 Seiten
ISBN 978-3-423-28156-0
Leseprobe
von Andrea Karminrot | März 22, 2018 | Rezension, Roman |
Ein Roman
von Nickolas Butler
Nelson ist ein 13 jähriger Junge, der einfach zu schlau, zu sensibel, für seine Mitschüler ist. In seiner näheren Umgebung hat Nelson keine Freunde. Nur ein einziger Junge kommt, viel zu spät, zu seinem Geburtstag und bleibt auch nur aus Anstand. Im Pfadfinderlager bewohnt Nelson ein Zelt alleine. Keiner möchte mit ihm etwas zu tun haben. Er ist ein einsames Kind, das von den Anderen geärgert und gehänselt wird. Nur Jonathan, der ihn an seinem Geburtstag besucht hat, scheint zu ihm zu halten. Aber eines Tages nimmt sich Nelson ein Herz, und beweist sich und den anderen Jungen, dass er ein tougher Kerl ist.
Auch zu Hause, wird Einiges anders. Der Vater wird, von der sonst so stillen Mutter, aus dem Haus gejagt und Nelson bekommt die Chance, auf eine Militärschule zu gehen.
Das Buch ist in drei Kapitel unterteilt (1962, 1996,2019) . 60 Jahre lang, werden Nelson und Jonathan begleitet. Eine seltsame und tiefe Freundschaft.
In diesem Buch anzukommen, braucht es höchstens 3 Seiten. Nickolas Butler schreibt so wunderbar, dass man sich innerhalb kürzester Zeit mit seinen Charakteren identifizieren kann. Seine Schreibweise, ist einfühlsam und direkt. Vielleicht liegt es auch daran, dass Nickolas Butler aus seinem eigenen Leben erzählt. So enthält das zweite Kapitel einige Episoden aus dem Leben des Autors. Butler war mit seinem Vater als Fünfzehjähriger unterwegs, als der Vater ihm seine neue Lebensgefährtin vorstellte.
Butlers Männer zeigen sich mit angeblicher Stärke, sie zeigen Muskeln und wollen nicht weich sein. Doch hinter den Figuren stecken empfindliche und verletzliche Helden, die in den Kriegen dieser Zeit, viele Blessuren (körperlich, wie seelische) davontragen.
Das Pfadfinderlagersteht als Metapher zur amerikanischen Gesellschaft. Welche Werte sind heute noch wichtig, die damals unerlässlich schienen. Gemeinschaft, Würde, Miteinander und Füreinander, waren 1960 noch vorrangig. Aus den „gestählten“ Pfadfindern, gingen wichtige Persönlichkeiten hervor. Heute, steht jeder für sich alleine, ist mit seinem Handy oder Computer in der Welt unterwegs und übersieht seinen Nachbarn.
Die Pfadfinderlager verkommen zu Witzveranstaltungen, die nicht mehr ernst genommen werden, obwohl sie doch genau für die guten Werte stehen und geschulte, selbstbewusste Männer hervorbringen sollten. Kritisch beschreibt Butler die selbstsüchtige (amerikanische) Gesellschaft.
Eine wunderbare Geschichte. Ich kann es nur empfehlen. Ein interessantes Interview zu diesem Buch, findest du auch HIER
übersetzt von Dorothee Merkel
(Orig.: The Hearts of Men)
477 Seiten
ISBN: 978-3-608-98313-5
von Andrea Karminrot | Feb. 8, 2018 | Rezension, Roman |
ein Roman von
Kent Haruf
In einer Kleinstadt wird die 17 jährige Victoria von ihrer Mutter vor die Tür gesetzt, weil sie schwanger ist. Damit das Mädchen nicht auf der Straße leben muss, überredet die Lehrerin des Mädchens zwei alte Viehzüchter, Victoria bei sich aufzunehmen. Die McPherons sind freundlich, aber wortkarg und leben schon sehr lange alleine. Sie machen ihre Arbeit immer gemeinsam und verstehen sich ohne Worte hervorragend. Sie gehen darauf ein, das Mädchen bei sich aufzunehmen. Damit verändert sich Einiges auf der Farm der Alten.
Kent Haruf beschreibt das Leben in einer fiktiven Kleinstadt in Colorado, in der Nähe von Denver. Die Einwohner sind teilweise verschroben und haben noch nie viele Worte verloren. Er beschreibt seine Romanhelden mit knappen Worten und so Manches bleibt dem Leser verborgen. Alleine durch die Handlungen seiner Figuren, versteht man diese am Ende, oder kann seine Gedanken hinein interpretieren. Als Leser schwebt man förmlich über den Protagonisten.
Haruf schreibt, zart, humorvoll und unaufdringlich. Ich hatte ständig das Gefühl, über der Geschichte zu schweben. Immer wieder musste ich schmunzeln, vor allem über die McPherons-Brüder. Nie hatte ich das Gefühl, dieses Buch aus den Händen legen zu wollen. Die unaufgeregte Schreibweise, deutet auf einen Sturm hin, der aber niemals auftaucht. Trotzdem ist es auf keinen Fall langweilig und zieht einen magisch in diese Kleinstadt, mit dem Verlangen, mehr über seine Bewohner zu erfahren. Die Wortlosigkeit, die Stille und Weite spricht aus den Seiten.
Ein wunderbares Buch, mit der Erkenntnis, dass mit Worten und Taten Vieles geschaffen und verändert werden kann.
Roman aus dem Diogenesverlag
übersetzt von Rudolf Hermstein
384 Seiten
ISBN 978-3-257-07017-0
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