Das verborgene Genie

Das verborgene Genie, das ist der passende Titel zu einer Biografie, von einer Frau, die man kaum erwähnt hat, als es darum ging, die DNA zu entschlüsseln. Männer haben sich die Lorbeeren, beziehungsweise den Nobelpreis, unter den Nagel gerissen. Männer, die sich die Arbeit einer tollen Frau zunutze gemacht haben. In dem Roman Das verborgene Genie geht es um Rosalind Franklin.

Das verborgene Genie

Rosalind Franklin ist eine abweisend wirkende Frau. Aber sie trägt ihr Herz auf der Zunge, was häufig dazu führt, dass sie verletzend wirkt, weil ihr Sätze über die Lippen kommen, die nicht durchdacht sind. Sie hat schon bei ihrer Nanny gelernt, erst einmal kurz durchzuatmen, bevor sie antwortet. Klappt nicht immer.  Doch wenn sie mit ihren Freunden zusammen ist, dann ist sie liebenswert und offen. Sie lacht gerne und mag es auch, sich hübsch anzuziehen. Sie wandert gerne und erklimmt die höchsten Gipfel, noch vor den Anderen. Dabei reicht sie ihren Begleitern aber auch gerne die Hand, um sie zu sich auf den Gipfel zu ziehen. Das passt zu ihr, denn sie ist ehrgeizig! Im Labor ist sie eine „graue Maus“, da wird eine weiße Bluse und ein dunkler Rock getragen.

Rosalind ist noch sehr jung, als sie, nach ihrem Studium in Cambridge, bei dem sie sich auf Kristallografie und die physikalische Chemie spezialisiert hat, nach Paris geht, um dort an einem renommierten Labor, dem „Laboratoire Central des Services Chimiques de L’Etat“, mit Jacques Mering zusammenzuarbeiten. Ein Wissenschaftler, der Zeitlebens der einzige Mann sein wird, den Rosalind anhimmelt. Doch dieser ist verheirate. Rosalind ist in Paris sozial gut eingebunden und es sind sehr produktive Jahre.
Doch irgendwann beugt sie sich dem Wunsch ihres Vaters und kommt nach England zurück. Am Kings College ist sie eine der wenigen Wissenschaftlerinnen.  Eigentlich auch kein Wunder, 1947 sind Frauen noch weniger in der Wissenschaft vertreten, als heute. In den Labors des Kings trifft sie aus die Wissenschaftler Maurice Wilkins, Francis Crick und James Watson, die ihre Arbeiten kopieren und sogar Rosalind ausspionieren, um sich am Ende den Nobelpreis zu sichern. Natürlich, ohne dass Rosalind davon etwas abbekommt. Sie wird von den Männern immer wieder gehänselt, verspottet und ausgenutzt. Abfällig nennen die Männer sie Rosy, ein Name, den Rosalind überhaupt nicht mag. Dabei ist sie es, die die maßgeblichen Untersuchungen an der DNA macht.

Wissenschaft und Emotionen

Der Roman ist aus der Sicht Rosalind geschrieben. Und genauso wie Rosalind den Menschen in ihrem Umfeld gegenübertritt, ist der Text recht trocken, wissenschaftlich und mit wenigen Emotionen geschrieben. Das macht es ja auch aus, was die Wissenschaftlerin darstellt. Sie ist in sich gekehrt, fokussiert und sozial gehemmt. Sie mag niemanden in den Arm nehmen, gesteht sich eine Liebe zu Jacques Mering kaum ein und als sie auch noch entdeckt, dass sie nicht die einzige Frau im Leben des Wissenschaftlers ist, verschließt sie sich um so mehr. Rosalind fühlt sich schnell angegriffen und wittert immer und überall Intrigen. Das kommt in dem Text sehr gut rüber. Die Arbeiten in dem Labor sind ebenfalls gut beschrieben, dass man es als Leser recht gut begreift, was sie da macht. Recht spannend und doch hart an der Grenze zur Langeweile. Wenn Rosalind nicht so eine tolle Figur wäre … Mir hat das Buch gut gefallen und hat es mir ermöglicht, einen Blick auf diese erstaunliche Wissenschaftlerin, das verborgene Genie zu werfen. Schade, dass Rosalind Franklin schon mit 38 Jahren gestorben ist.

Der Roman war interessant und aufschlussreich. Ich hatte großen Spaß, das kurze Leben der Wissenschaftlerin zu begleiten und vieles dazuzulernen. Das hat mindestens 🐭🐭🐭🐭 verdient, finden Rubi und ich.

Das verborgene Genie

Ein Roman von Marie Benedict
Übersetzt von Kristin Lohmann
352 Seiten
aus dem Kiepenheuer & Witsch Verlag

Iowa

Stefanie Sargnagel war in Iowa und hat einen Reisebericht geschrieben. Sie traf Homer und Marge. Nur, dass die wohl nicht Simpson hießen. Aber doch entsprachen diese Menschen genau dem, was man aus dem Fernsehen kennt. Stefanie Sargnagel schreibt sarkastisch und vielleicht ein bisschen überzogen. Mit spitzer Zunge beschreibt sie ihren Aufenthalt im mittleren Westen der USA. Einem Landstrich, der von Landwirtschaft geprägt ist, wo man Sehenswürdig vergeblich sucht. Dort findet man an den endlos langen Straßen eine Fastfoodkette neben der anderen. 20 verschiedene Hotdogwürstchen, die sich auf den Grills stundenlang um sich selber drehen.

Stefanie Sargnagel durfte dort, im Grinnell College über kreatives Schreiben Kurse geben. Sie bekam auf dem Campusgelände eine Unterkunft, ein typisches Haus der Region, gestellt. Zu ihrer Unterstützung nahm Sargnagel ihre Freundin, die Musikerin Christiane Rösinger, mit. Mit ihrem eigenen Humor, nimmt Stefanie Sargnagel den Leser mit, Iowa und seine Menschen kennenzulernen.

Iowa, ein Reisebericht

Stefanie hat einen wirklich eigenen Humor. Sie macht auf eigene Kosten Witze über ihr Leben, das inzwischen in sehr strukturierten Bahnen verläuft. Laut ihrer Aussage im Buch wollte sie das so nie haben. Sie bewundert dafür ihre Freundin Christiane um so mehr. Diese schafft es mit ihren (quasi 50) 60 Jahren immer noch mit jugendlichen Punks, um die Häuser zu ziehen. Sargnagel macht vor sich selber nicht halt: Kinderwunsch, ihr eigenes Gewicht, das Kette rauchen, ihre Depression … sie verwurstet einfach alles.
Die Vorträge, die Stefanie im College halten soll, sie hat sowas noch nie gemacht, sind in dem Buch Nebendarsteller. Sie gibt sich große Mühe und die wenigen (meist chinesischen) Studentinnen sind auch angetan von ihrem Unterricht, aber so richtig überzeugend kommt das nicht rüber. Viel mehr ist es der ganze Aufenthalt in den USA, den die Schriftstellerin, Comedian und Künstlerin nutzt, Feldstudien zu betreiben. Dabei kommt sie selber, wie oben schon erwähnt, auch nicht gut weg. Und meine eigene Lust, die USA zu bereisen, ist mit Sargnagels „Reisebericht“ noch mehr gesunken. Ihre Texte sind bissig und werfen ein interessantes Bild auf die Bewohner von Iowa. Klischees werden nur noch mehr bestätigt.

Und nun?

Ich habe mich mit dem Buch manchmal etwas schwergetan. Das mag auch daran liegen, dass mich Comedy nicht allzu schnell zum Lachen abholt. Ich versuche immer den Sinn dahinter zu verstehen und das zerstört wohl die Pointen. Der schwarze Humor von Stefanie Sargnagel gefällt mir zwar, doch fand ich nicht alles lustig. Wer die Künstlerin in Iowa begleiten möchte, der kann sich ihren Instagramkanal ansehen, da hat sie ihre Reise in den Storys beschrieben. Erst als ich die Bilder zu dem Buch gesehen habe, wurde mir die Absurdität bewusst, die die Autorin beschrieben hatte. (In dem Buch findet an
Mich hat dieses Buch nicht abgeholt. Aber das liegt nicht an der Autorin, vielmehr an mir. Es ist wohl so, dass ich für solche Bücher einfach nicht den Sinn habe. Für mich bekommt dieses Buch 🐭🐭🐭 als gute Unterhaltung, wer es mag.

 

Iowa

von Stefanie Sargnagel
aus dem Rowohlt Buchverlag
304 Seiten
ISBN: 978-3-498-00340-1

Weihnachtliches aus der Papierwerkstatt

Ist es nicht schön, wenn man Selbstgemachtes geschenkt bekommt? Ideen dazu findet man ganz sicher in dem Buch „Weihnachtliches aus der Papierwerkstatt“. Und noch schöner ist alles, was man dazu braucht, ist ein Papierdraht, Kleber und gesammeltes Papier.

Weihnachtliches aus der Papierwerkstatt

Das schwierigste für mich war es, Papier aufzutreiben, dass ich zu schönen weihnachtlichen Motiven verarbeiten kann. Ein Buch auseinander zu nehmen, das liegt mir einfach nicht. Dafür habe ich Seidenpapier von meinen. Einkäufen genutzt. Glanzpapier macht sich wohl nicht so gut, schreibt die Autorin Isabelle Guiot-Hullot in ihrer Anleitung.

Die Vorweihnachtszeit mit ihren funkelnden Lichtern,
festlichen Klängen und verführerischen Düften lädt dazu ein, es sich zu Hause gemütlich zu machen.
Arbeiten sie die Modelle nach oder kreieren sie eigene Projekte
Lassen sie ihrer Fantasie freien Lauf!

 

(Isabelle Guiot-Hullot Seite 3)

Sie hat sich ganz wunderschöne Motive einfallen lassen, die man wirklich sehr leicht nacharbeiten kann. Und wenn man erst einmal damit angefangen hat, dann kommen einem vielleicht auch eigene Ideen, die sich leicht umsetzen lassen. Damit die Figuren auch so richtig gut zur Geltung kommen, kann man sich kleine Baumscheiben oder standfeste Holzreste suchen (gibt es übrigens auch für kleines Geld im Baumarkt), kleine Löcher hineinbohren und die Papierobjekte dann dort hineinstecken. Mit einer Kerze dahinter sieht die Papierkunst nochmal so hübsch aus. Aber Vorsicht, nicht zu dicht stellen, damit das Ganze kein Feuer fängt! Das erklärt dann vielleicht auch, warum man kein Glanzpapier nehmen soll, es scheint nicht durch.

Adventskalender

Das Buch ist aufgebaut wie ein Adventskalender. 24 kleine Kunstwerke können an den Tagen bis zum heiligen Abend entstehen. Schneeflocken, Häuschen, Schneemänner, Tannen und vieles mehr entsteht, wenn man den Draht biegt und diesen dann mit Papier beklebt. Manches Mal braucht es noch einen Filzstift, dann werden noch ein paar Fenster oder Gesichter auf das Papier gemalt und fertig ist der Schneemann im Wald. Isabelle Giot-Hullot erklärt dazu noch, wie man es anstellt, dass es ein perfektes Kunstwerk wird.

Ich habe mich sofort daran gemacht und mir ein Bäumchen geklebt. Den Hirsch dazu werde ich mir auch noch basteln. Ich finde es eine wunderschöne und einfache Idee. Mit ein bisschen Übung kann ich mir demnächst noch andere Motive ausdenken. Jetzt arbeite ich mich erst einmal durch den Advent.

Das Buch hat auf jeden Fall 🐭🐭🐭🐭🐭 verdient. Es unterhält und fördert die Kreativität

 

Weihnachtliches aus der Papierwerkstatt

von Isabelle Guiot-Hullot (Instagram)
Übersetzt von Petra Bös
ISBN 978-3-7843-5746-1
Seiten 176
Verlag Landwirtschaftsverlag

Das große Landlust Weihnachtsbuch

Heute möchte ich dir Das große Landlust Weihnachtsbuch vorstellen. Normalerweise habe ich es nicht so mit den Weihnachtsbüchern. Aber hier war ich ganz angetan von dem, was ich zwischen den Seiten gefunden habe. Nämlich eine ganze Menge Inspiration.

Das große Landlust Weihnachtsbuch

Landlust kenne ich natürlich und mag auch immer wieder, wie viele nette und einfache Ideen man nahe gelegt bekommt. Nun halte ich ein Weihnachtsbuch in den Händen, das basteln und kochen vereint. Aber fangen wir einfach mal von vorne an. Schon auf der ersten Seite findet sich ein Gedicht von Theodor Storm, das Weihnachtslied:

Vom Himmel in die tiefsten Klüfte
Ein milder Stern herniederlacht;
Vom Tannenwalde steigen Düfte
Und hauchen durch die Winterlüfte,
Und kerzenhelle wird die Nacht.

 

Mir ist das Herz so froh erschrocken,
Das ist die liebe Weihnachtszeit!
Ich höre ferne Kirchenglocken
Mich lieblich heimatlich verlocken
In märchenstille Herrlichkeit.

 

Ein frommer Zauber hält mich wieder,
Anbetend, staunend muß ich stehn;
Es sinkt auf meine Augenlider
Ein goldner Kindertraum hernieder,
Ich fühl’s, ein Wunder ist geschehn.

Und das wird nicht das einzige Gedicht bleiben. Ich mag es, wenn man auf die Art auf Weihnachten vorbereitet wird. Außerdem finden sich verschiedene Weihnachtslieder. Manche habe ich längst vergessen und freue mich, dass ich sie auf diese Art wieder in Erinnerung rufen kann. Aber was mit besonders gut gefällt sind die vielen Ideen, die uns die Weihnachtszeit schöner machen lassen.

Auf diesem Bild zeige ich dir mal das Inhaltsverzeichnis. Kochen, backen, Dekoration für den Tisch, Geschenke aus der Küche, basteln mit Kindern und, und, und … Schon bei den Adventskränzen musste ich an mich halten, damit ich nicht gleich losstürze, um alle Materialien zu besorgen. Vieles kann man im Wald finden. Was sich in einer Großstadt wie Berlin aber etwas schwieriger gestaltet. Aber wir haben ganz gut sortierte Baumärkte, da habe ich zum Beispiel Baumscheiben gefunden.

Für unsere Türklinken habe ich mir jedenfalls schon mal Grünzeug aus dem Wald mitgebracht. Noch ein paar Bänder und Tannenzapfen und schon kann es losgehen. Alles, was ich in dem Buch gefunden habe, ist recht einfach umzusetzen. Es gibt auch ein spezielles Kapitel, Basteln mit Kindern. Niedliche Anregungen, die Klein wie Groß begeistern könnten.

In meinem Fundus haben sich auch noch ein paar Blätter Wachspapier verborgen. Ich werde diese Faltsterne daraus machen. Mit einem Teelicht versehen, hat man schon eine hübsche Dekoration gefaltet. Die kann man sogar über die Weihnachtszeit hinaus stehen lassen. Wenn man ein Gartenfest oder Balkonparty machen möchte, passen die Sterne auch prima.

Adventskalender kann ich nicht genug haben. Ich habe allerdings dieses Jahr schon Adventskalender gestrickt, die nur noch auf ihre Befüllung warten. Aber auch die Kalender im „Das große Landlust Weihnachtsbuch“ sind es wert nachgemacht zu werden. Da gibt es welche zum aussägen, bestickte Säckchen, genähte oder aus Streichholzschachteln.

Ich glaube, diese Adventszeit werde ich eine Menge basteln. Vieles kann man auch aus Dingen zaubern, die zu schade sind, in den Müll zu wandern. Da sind zum Beispiel Sterne aus den Aluschalen der Teelichter oder ein Türkranz aus Eierkarton. Man muss halt nicht immer alles wegschmeißen.

Backen und Kochen

Und dann sind da noch die Rezepte für den Weihnachtsabend. Ich habe jetzt noch keines dieser Rezepte nachgekocht, aber die Rezepte erscheinen mir plausibel und nicht besonders schwer. Es gibt natürlich auch Rezepte für Vegetarier. Veganer müssten allerdings die Rezepte ein bisschen anpassen.
In den nächsten Tagen werde ich auf jeden Fall die vielen Keksrezepte ausprobieren. Damit kann ich jetzt schon anfangen. Wahrscheinlich muss ich sowieso nachlegen. Und wenn ich dann noch Zeit habe, dann backe ich mir eine dieser tollen Weihnachtstorten, mit Marzipan, Schokolade und Sahne. Oder doch lieber einfach die Zimtschnecken.

Am Ende bleibt nur noch der Tisch zu dekorieren und hübsch einzudecken. Auch dafür finden sich Tipps und Anregungen.
Und auch, dass die geflügelten Freunde, draußen auf dem Balkon ein paar feine Leckereien naschen können. Körner in Orangenschalen, sehen nicht nur hübsch aus, sondern werden auch gerne von der Vogelwelt angenommen.

Man könnte den Verdacht bekommen, dass ich vielleicht begeistert wäre. Ich glaube, das bin ich auch. Ich denke, das wird ein wundervolles Weihnachtsfest, mit allerlei schönen Dingen, die Freude machen und lecker sind. Für uns hat dieses Buch ganze 🐭🐭🐭🐭🐭 verdient. Ich gebe es nicht mehr her!

 

Das große Landlust Weihnachtsbuch

Mit Lesebändchen
ISBN: 3784357660
aus dem Landwirtschaftsverlag
288 Seiten

Picassos Friseur

Eugenio Arias war Picassos Friseur. Aus Spanien, während des Bürgerkrieges geflüchtet, fand der Exilspanier in einer Kleinstadt an der Côte d’Azur, dass es hier noch an einem Friseursalon fehlt. Als einen seiner bekanntesten Kunden, schneidet Eugenio Arias Pablo Picasso die Haare. Aber die beiden Männer verbindet noch so viel mehr. Sie haben sich schon lange bevor sie sich an der Côte d’Azur trafen, schon einmal gesehen.

Picassos Friseur

In diesem Buch haben die beiden Autorinnen Monika Czernin und Melissa Müller die Geschichte von Picassos Friseur Eugenio Arias aufgeschrieben. Und natürlich auch, was der Exilspanier über seinen berühmten Kunden zu erzählen hatte. Das Buch ist die Biografie beider Männer. Sie müssen schon ganz besondere Freunde gewesen sein. Oder, wie immer wieder in der Erzählung klar wird, ein bisschen wie Vater und Sohn, wobei Arias der jüngere von beiden ist. Während der junge Eugenio während des Spanischen Bürgerkriegs und dem Franco Regime tatsächliche Kampferfahrung hatte, zog der (privilegierte) Künstler Picasso es vor, still zu protestieren und das Land zu verlassen.

In Frankreich trafen sie sich und sprachen oft über Spanien, die Politik und Familie. Sie trafen sich zum Kartenspielen und sie gingen zu den Stierkämpfen, den Corrida de toros, bei denen sie in Gedanken wieder in ihrer Heimat sein konnten. Auch im Exil, in Frankreich, ließ der Maler Pablo Picasso selten einen Stierkampf aus. Etwas, das zum Leben eines Mannes, der aus Andalusien stammt, einfach dazu gehören muss. Er war ein ruhiger Zuschauer, der nur selten etwas zu einem Stierkampf beitrug. Aber wenn, dann staunten die Anwesenden. Allein durch Picassos Anwesenheit füllten sich die Stierkampfarenen. Als Nichtspanier erscheint einem ein Stierkampf als etwas Grausames. Doch für die Andalusier ist es ein Sport. Ein eleganter Sport, der schon uralt ist.

Besondere Freunde

Sie müssen ganz besondere Freunde gewesen sein, Arias und Picasso. Ich habe schon viele Bücher mit und über den Maler, sein Leben, seine Freunde und Frauen gelesen. Immer wieder taucht der Spanier in den verschiedensten Biografien damaliger Künstlerinnen auf. Um so schöner finde ich es, all diese Personen noch einmal in Picassos Friseur zu treffen. So schließt sich für mich immer mehr ein Kreis um Pablo Picasso.
Es sollte eigentlich in diesem Buch um Arias, den Friseur gehen. Denn ein Friseur erfährt manchmal Dinge, die eigentlich nicht ausgeplaudert werden sollten. André Heller (er schrieb das Vorwort in dem Buch Picassos Friseur) sah den alten Herren 1999 das erste Mal und kam mit ihm ins Gespräch. André Heller war es auch, der den beiden Autorinnen, Monika Czernin und Melissa Müller, den Tipp gab, ein Interview mit Eugenio Arias zu führen. Die beiden Frauen waren begeistert und besuchten den alten Spanier an der Côte d’Azur in seinem Friseursalon.

Was mir gut gefallen hat, dass ich einen neuen Blick auf Spanien bekommen habe. Spanien war zur Geburt Pablo Picassos 1881 noch ziemlich rückständig. Etwas, das ich schon in verschiedenen Büchern lesen konnte. (Mut zur Freiheit und ein anderes war zum Beispiel Die Frauen von La Principal). Was ich nicht wusste war, dass so viele Spanier vor ihrer eigenen Heimat auf der Flucht waren. Und das viele Rückkehrer in den Gefängnissen landeten und am Ende misshandelt und ermordet wurden. Ich wusste, dass es Untergrundkämpfer gab, aber warum, dass habe ich nie hinterfragt. Zum Glück konnte ich immer wieder das Internet zurate ziehen und die Zusammenhänge besser verstehen lernen.

Picasso lehrte mich sehen. Er sagte zu mir: “ Arias wenn du ein Gemälde siehst, musst du immer zuerst die Zeichnung darin suchen. Die Farbe ist etwas, das später dazu kommt. Aber das wichtigste an einem Bild ist die Zeichnung die ihm zugrunde liegt.“

Seite 197

Ein interessantes und anspruchsvolles Buch. Es war für mich immer wieder etwas ermüdend. Manchmal schlage ich Bücher zum falschen Zeitpunkt auf. Vielleicht wäre ein anderer Moment passender gewesen. 🐭🐭🐭🐭 hat das Buch trotzdem von uns bekommen.

 

 

Picassos Friseur

eine Biografie von Monika Czernin und Melissa Müller
Diogenes Verlag
288 Seiten
ISBN 978-3-257-07240-2 

Lebewohl, Martha

Lebewohl, Martha. Ein Buch, dass ich gerne zu den Büchern gegen das Vergessen zählen möchte. Die Autorin Ingke Brodersen zog Anfang der 1990 Jahre in eine große Altbauwohnung im Bayerischen Viertel in Berlin Schöneberg. Als sie so in ihrer Wohnung saß und den Blick zur Decke schweifen ließ, sah sie ein fehlendes Stück im Deckenstuck. Wie ist dieses Loch wohl in die Decke gekommen? Und was würden diese Wände erzählen, wenn sie es könnten …

Lebewohl, Martha

Martha Cohen, die Pianistin, ist eine der 24 verschwundenen Menschen, die einst in dem Haus im Bayerischen Viertel gelebt haben. Sie wurde am 1. September 1942 abgeholt. Die 82-Jährige musste alles in den Räumen der herrschaftlichen Wohnung zurück lassen und durfte nur einen kleinen Koffer mitnehmen. Sie wurde mit einem „Alterstransport“ nach Theresienstadt geschickt. Martha war wohl kaum in der Lage, den Transport zu überstehen. Körperlich und seelisch war sie auf jeden Fall schon ziemlich hinfällig. Depressionen nach dem Tod ihres Mannes, führten dazu, dass Martha immer wieder in einem Sanatorium Erholung und Genesung suchen musste.

Und Martha Cohen ist nur eine Person, von vielen, die in dem Haus in Berlin Schöneberg gewohnt hat. Die Nazis sorgten dafür, dass die jüdische Bevölkerung am besten unter einem Dach wohnte. Die Nazis veranlassten, dass die Menschen näher zusammenzurücken haben. Und so zogen sehr viele, sich fremde Menschen, in die Wohnungen in der Berchtesgadener Straße ein. Man musste sich arrangieren, die großen Zimmer miteinander teilen.

Ingke Brodersen wollte mehr über ihr neues Zuhause erfahren und fing an, in den Archiven der Stadt zu suchen. Sie fragte überall an, um mehr über die ehemaligen Bewohner des Hauses in der Berchtesgadener Straße 37 herauszufinden. Ein nicht einfaches Unterfangen, wie sie schnell bemerkte. Die Lücke im Stuck ließ sie aber nicht aufgeben. Sie wühlte sich durch Listen und fand so nach und nach Unglaubliches heraus und gab den Menschen, die damals in diesem Haus gelebt hatten, ein Gesicht und ihre Geschichten zurück.

Recherchen und ein Buch

Ich konnte das Buch nur in kurzen Abschnitten lesen. Mich erschüttert es immer wieder, mit welcher Genauigkeit und perfiden Gedanken, die Nazis damals Menschen entsorgt haben. Sie nahmen den Menschen ihre Würde, ihr komplettes Leben. Solche Bücher lassen mich immer wieder gruseln. Wie neidisch und grausam Menschen sein können und ihren Nachbarn dem Tode preisgeben. Wie kaltblütig sie die Menschen, in furchtbare Abgründe geschickt haben.
Ingke Brodersens hat hier ein Buch geschrieben, das erinnert. Sie hat die Spur aufgenommen und versucht so viel wie möglich über die ehemaligen Bewohner des Hauses in der Berchtesgadener Straße zu erfahren. Sie waren ganz normale Menschen. Die Autorin ist Historikerin und Herausgeberin einer politischen Buchreihe beim Rowohlt Verlag, da ist es irgendwie nicht verwunderlich, dass sie sich in die Geschichten der 24 Menschen aus ihrem Haus verbissen hat. Ich denke, sie hatte damit auch einen besonderen Zugang zu den Daten und Fakten, wusste, wo sie mit ihrer Suche beginnen konnte. Das Buch selber liest sich etwas abgehackt und doch findet man immer wieder den Anschluss. Das ganze könnte man auch zu einem perfekten Roman verbauen und vielleicht sogar zu einer Serie für das Fernsehen.

Eigentum und Wiedergutmachung

Wenn man Rund um den Bayerischen Platz in Schöneberg unterwegs ist, dann kann man an verschiedenen Laternen, Schilder entdecken. Auf diesen Schildern wird deutlich gemacht, welche Verordnungen die. Nationalsozialisten damals gegen das Eigentum, die Würde und Bildung der jüdischen Bevölkerung erlassen haben. Stück für Stück wurde ihnen alles genommen. Noch heute kämpfen Angehörige darum, ihr Eigentum zurückzubekommen oder wenigstens entschädigt zu werden.

Das Buch Lebewohl, Martha, hat mich emotional mitgenommen. Es ist nicht das erste Buch, welches ich zu diesem Thema gelesen habe. Rückkehr nach Birkenau hat mich, als ich es las, genauso getroffen. Auch wie es den Menschen damals auf der Flucht erging, dass sie keiner haben wollte, ihnen die Einreise in ihr Land verweigerten, das kann man in dem Roman Das Mädchen im Strom lesen. Ich hoffe sehr, dass wir nie wieder Menschen dermaßen verfolgen, misshandeln oder töten.
Der Lesefluss wird in dem Buch Lebewohl, Martha oft unterbrochen durch eigene Erfahrungen der Autorin. Und trotzdem geben wir diesem Buch gerne 🐭🐭🐭🐭

 

Lebewohl, Martha

Die Geschichten der jüdischen Bewohner meines Hauses
geschrieben von Ingke Brodersen
aus dem Kanon Verlag
288 Seiten
ISBN 978-3-98568-074-0