Erinnerungen an die Ghettos Carei und Satu Mare und die Konzentrationslager Auschwitz, Walldorf und Ravensbrück
Als mich vor einiger Zeit der Schriftsteller Robert Scheer anschrieb, ob ich sein Buch rezensieren möchte, habe ich gerne zugesagt. Er erzählte mir in seiner Email kurz um was es ging. Er hatte die Geschichte seiner Großmutter Elisabeth Scheer, geborene Meisels aufgeschrieben. Elisabeth, genannt »Pici« (die Kleine), wurde 1924 in Ungarn geboren und bekam den Wahnsinn des Nationalsozialismus am eigenen Leib zu spüren, denn sie war Jüdin. Nachdem Ungarn im März 1944 eine neue Regierung bekam, wurden den Juden in ihrer Heimat sämtliche Rechte entzogen. Pici wurde mit ihrer Familie deportiert und trat eine grauenvolle Odyssee durch verschiedene Ghettos und Konzentrationslager an. Robert Scheer, der inzwischen in Deutschland lebt, hatte seine Großmutter in Israel besucht und ihre Geschichte festgehalten. Ihrem eigenen Sohn konnte sie ihre Lebensgeschichte nicht erzählen, wie so viele Andere, die die Konzentrationslager überlebt haben. Erst ihren Enkelkindern können sie ihre Erlebnisse schildern.
“Jetzt, zurückdenkend, gab es in meinem Leben reichlich erschütternde Momente, aber irgendwie fand ich immer einen kleinen Schutz, einen Strohhalm, mit dem ich aus der Grube heraussteigen konnte, um weiter zu schreiten und um zu hoffen” Seite 43
Als das Buch dann einige Wochen später eintraf, war ich etwas enttäuscht von der Aufmachung. Der Titel war mir etwas zu lang. Die Bilder sagten mir nichts. Noch nichts. Die ersten Seiten lasen sich auch eher wie eine schlichte Familiengeschichte. Es wurden sehr viele Personen erwähnt und die Familienverhältnisse erklärt. Die meisten Namen verwirrten mich, da sie in ihrer ungarischen Schreibweise für mein Verständnis zu kompliziert waren. Aber daran gewöhnte ich mich bald. Irgendwann verstand ich auch, dass Robert Scheer den originalen Text, den seine Großmutter gesprochen hat, niedergeschrieben hatte. Zwischendurch gibt es Bilder der Familie und ich entwickelte einen Bezug zu Pici und ihren Angehörigen.
“Die Überlebenden bezahlen mit einer nie nachlassenden Tortur dafür, dass sie ihre am meisten Geliebten überlebt haben. Dieses Gefühl wird bleiben, solange ich lebe – oder solange, wie ich mit klarem Kopf denken und fühlen kann.” Seite 125
Ich habe schon lange keine Bücher mehr über den Holocaust gelesen. Vor langer Zeit, als ich in der Oberschule war (und das ist schon eine lange Weile her!), kauten wir dieses Thema Jahr für Jahr durch. Wir haben uns Plätze angesehen, die daran erinnern sollen, dass so etwas nie wieder geschiet. Aber dieses Buch hat mich in die Erinnerungen einer Frau mitgenommen, die genau an diesen Plätzen »gelebt« hat. Die das alles gesehen hat. Gequält und geschunden wurde. Das war etwas ganz anderes. Das fühlte sich an, wie daneben stehen und machtlos zuschauen. Ich könnte mir vorstellen, dass so ein Buch im Unterricht mehr bewegen würde. Am Ende des Buches findet man noch ein Nachwort der Verlegerin, indem sie die Angaben der alten Frau größtenteils bestätigt, was mir ebenfalls eine Gänsehaut bescherte.
Ich möchte mich bei dem Autor Robert Scheer noch einmal bedanken, dass ich dieses Buch lesen durfte. Es freut mich, dass seine Großmutter, trotz dieser Erlebnisse, ein so herzlicher Mensch geblieben ist.
Marta Press,
März 2016, 228 Seiten,
33 Abbildungen
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Liebe Andrea,
solche Bücher sind nicht leicht zu lesen und ich werde mir das Buch einmal ansehen.
Vor allen Dingen werde ich das Buch für die Gemeidebücherei vorschlagen, es zu kaufen.
Ich denke, dass das klappt.
Es ist gut, dass es noch Menschen gibt, die Bücher über die Shoa lesen. Zu dem ganzen Komplex schreibe ich morgen einen Post im Samstagskaffee. Mir wurde gesagt, dass das Niemanden mehr interessiert und irgendwann muß Schluß sein.
Das fällt mir nix mehr ein.
Mit ist vieles nicht klar, was da so alles an Nichtwissen vorhanden ist.
Lieben Gruß Eva
Hallo Andrea,
toll dass du uns dieses Buch vorstellst! Ich denke es gibt kein aktuelleres Thema als dieses: wohin Wahnsinn, Angst und Hass führen kann. Ich würde das Buch gerne lesen u schaue gleich ob ich es finde.
Liebe Grüße,
Alice
Ich kenne das Buch noch nicht, doch wie du die Großmutter beschreibst, die ein so herzlicher Mensch geblieben ist, erinnert es mich gleich an Alice Herz-Sommer: Ein Garten Eden inmitten der Hölle, das mich sehr bewegt hat. (Eine Freundin von mir hat jahrelang in Israel in einem Altersheim mit Holocaust-Überlebenden als Therapeutin gearbeitet und ihre Geschichten aufgeschrieben. Ich muss direkt http://jahreszeitenbriefe.blogspot.de/2013/05/beauty-ist-where-you-find-it-eine-groe.html) mal fragen, was aus ihrem Buchprojekt geworden ist… Danke für diese Buchempfehlung. Lieben Gruß Ghislana
Oh ja, diese persönlichen 'echten' Lebensgeschichten sind schwer auszuhalten. Aber gut, dass sie aufgeschrieben und der Nachwelt zugänglich gemacht werden.
Liebe Grüße,
Hadassa
Oh ja, diese persönlichen 'echten' Lebensgeschichten sind schwer auszuhalten. Aber gut, dass sie aufgeschrieben und der Nachwelt zugänglich gemacht werden.
Liebe Grüße,
Hadassa