Arminuta oder die Zurückgekehrte {Rezension}

Die Zurückgekehrte

Ich habe gerade das Buch Arminuta [die Zurückgekehrte] zu Ende gelesen, das mich sehr begeistert hat. Kaum mochte ich es aus der Hand legen. Die wunderschöne Sprache von Donatella Di Pietrantonio verzauberte mich vollkommen. Sätze ließen Bilder im Kopf entstehen, die zart, poetisch und schön waren, gleichzeitig Wut und Hilflosigkeit vermittelten.

Arminuta

ist die Zurückgekehrte. Sie wurde als Baby an ein Pärchen weitergegeben. Aber die rechten Eltern wollten das Kind zurück, als das Mädchen Dreizehn Jahre zählte.

Arminuta kannte ihre echten Eltern nicht und fand es furchtbar, ihre Familie der letzten Jahre verlassen zu müssen. Für das Mädchen wurde vieles anders. Die Jahre in dem gut situierten Haus sind vorbei und das Mädchen muss sich völlig umstellen. Sie teilt sich ein Bett mit ihrer kleineren Schwester und die Brüder schlafen in dem selben Zimmer wie die Mädchen. Alles ist so viel primitiver als in ihrer geschenkten Familie. Aminuta vermisst das alte Leben, die Eltern und ihre beste Freundin. Das Dorf in dem sie nun leben muss, ist so einfach und hat mit der Stadt am Meer kaum etwas gemein. Aber noch mehr als über die Verwahrlosung, in der sie jetzt leben muss, kommt die Zurückgekehrte mit der Zurückgezogenheit ihrer Leihmutter zurecht. An die gegebenen Umstände kann sie sich anpassen, aber was ist mit der „Mutter“?

Ich kannte keinen Hunger und lebte wie eine Fremde unter Hungernden…“ Seite 128

Zusammenhalt

Arminuta findet eine besondere Freundin in ihrer kleinen Schwester Adriana, die so viel mutiger scheint als die große Schwester. Erst nach einiger Zeit begreift Arminuta, wie verschieden Liebe und Zusammenhalt aussehen kann. Sie bleibt immer unter einem Schutzmantel ihrer Leihmutter, die dafür sorgt, dass es dem Mädchen an nichts mangeln soll. Doch Wut über das Verlassenwordensein, lässt das große Mädchen ungerecht werden.

…was für ein Ort eine Mutter ist! …eine Zuflucht, Gewissheit..“

Unglücklich, wusste das pubertierende Mädchen nicht mehr woher sie stammte.

Schwierig ist es nicht das Mädchen sympatisch zu finden. Donatella Di Pietrantonio gibt einem die Möglichkeit zu träumen und durch die zarten Sätze Gefühle zu entwickeln, die es schwer machen, das Buch auch nur eine Minute aus der Hand zu legen. Ich habe die 224 Seiten an einem Tag gelesen.

Kapitel 32

Die Autorin und ihre Übersetzerin

Die Autorin stammt aus den Abruzzen und lebt heute in der Nähe von Pescara. Sie hat mit ihren Romanen einige Literaturpreise gewonnen. Perfekt ist die Übersetzerin Maja Pflug. Sie wurde schon sehr oft gelobt, „Maja Pflug ist eine der verdientesten Übersetzerinnen aus dem Italienischen. Als deutsche Stimme von Natalia Ginzburg, Cesare Pavese und Fabrizia Ramondino hat sie große literarische Vielfalt und stilistisches Können bewiesen …“(Autorenprofil Kunstmann-Verlag) Seit Dreißig Jahren übersetzt sie italienische Literatur.

Arminuta

von Donatella Di Pietrantonio

Kunstmann-Verlag

ISBN: 978-3-95614-253-6

224 Seiten

Arminuta

Hier kann ich noch ein Buch aus Italien empfehlen.

 

Mein Buch im Monat Oktober

Die Bücher die ich im Oktober lesen will

Machen wir doch einfach mit dem Oktober weiter. Welches Buch stellst du mir in diesem, hoffentlich noch schönen, Herbstmonat vor. Mein Plan sieht folgendermaßen aus. Das Buch von Paulo Coelho, „Hippie“ ist schon angelesen. Nachdem ich mir „Der Platz an der Sonne“ schon sehr gut gefallen hat, aber die Sprache eine eher ruppige und rotzige war, musste ich mich an den Schreibstil von Coelho erst wieder gewöhnen. Es macht richtig Freude den jungen Paulo zu begleiten, denn das was geschrieben steht, ist tatsächlich geschehen. Ich bin jetzt schon fasziniert…

Oktober-Bücher

„ca. 750 g Glück“ Ist erst heute bei mir eingezogen. Ich habe es schon durchgeblättert und werde mich gleich an die Erprobung dieses Buches machen. Denn dabei geht es um den Sauerteig. Aber auch um noch viel mehr.

Ein interessantes Buch verspricht auch „Arminuta“ zu sein. Eine verzwickte und ungewöhnliche Familiengeschichte von Zugehörigkeit und Verantwortung. Ich habe schon ein paar Rezensionen gelesen und bin total gespannt, was mich dabei erwartet. Poetisch und Zart soll es sein.

Als alte Westberlinerin, musste ich mir „Mein kleiner Verrat an der großen Sache“ von einer Freundin schnappen. Das alte Berlin der Nach-68-Jahre. Dabei erzählt der inzwischen erblindete Autor, von Revolutionen und Klassenkämpfern. Er vermutet allerdings die richtige Sicht auf die Dinge nur wegen seiner Blindheit verloren zu haben. Ich bin gespannt.

Witzig wird bestimmt „Tante Poldi und die Früchte des Herrn“ Da wir bald mal nach Sizilien wollen, hat mir eine Nachbarin dieses Buch vor die Tür gelegt. Sie wünschte mir viel Spaß bei dem Buch und den werde ich wohl haben. Es ist ein Krimi aus der Tante Poldi-Reihe.

„Aber seh i etwa so aus, als ob i mir in die Hosen scheiß, wenn so ein daherg’laufener G’schwollschädel mir droht? I weiß fei schon, dass i kurz vorm Verfallsdatum bin. Doch so lange lass ich’s noch krachen.“ Amoremäßig und kriminalistisch

Das sind nun meine Pläne für den Oktober. Ich hoffe, mir kommt nicht allzu viel dazwischen. Wie sieht es denn bei dir aus. Was liest du gerade? Ich würde mich riesig freuen, wenn du bei meinem Buch des Monats teilnimmst.

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Wünschst du dir nicht auch „Ein Platz an der Sonne“ {Rezension}

Frieden und Wohlstand

Wärst du bereit, alles stehen und liegen zu lassen, deine Familie zurück zu lassen und dich zu Fuß über die Alpen zu machen? Dir einen Platz an der Sonne (also Frieden und Wohlstand) zu suchen? Was muss geschehen, damit du dich ins Ungewisse aufmachst. Vor solchen Fragen stehen wir in unserem schönen Land nicht, in dem die „Sonne“ überall scheint. Aber wie ist es, wenn man nichts hat und ständig strampeln muss, um den Kopf über Wasser zu halten? Begreifen wir überhaupt, was ein Flüchtiger durchmacht?

Christian Torkler zieht seinen Roman sozusagen verkehrt herum auf. Sein Josua Brenner lebt in einem katastrophalen Berlin. Trotzdem Josua alles tut, um ein adäquates Leben führen zu können, werden ihm immer wieder massive Steine in den Weg gelegt. Es ist ein einfacher Trick des Autors, unseren Blick auf unser eigenes Land zu lenken, dafür aber sehr effektvoll. Du begreifst die Beweggründe des Flüchtenden ganz anders. Es ist näher, dichter, denn der Hauptakteur will ja aus deiner/unserer Heimat weg. Einer Heimat, die es nicht wert ist zu bleiben. Aber was treibt einen denn nun aus seiner Heimat? Wie ergeht es einem dann, wenn man auf der Flucht ist. Kann man jedem trauen? Wohin führt es, sein Leben hinter sich zu lassen, so ganz ohne Papiere.

worum geht es

Der Krieg in Deutschland war 1945 zwar vorbei, aber die Alliierten konnten sich über die Verteilung der Länder nicht einig werden. So kam es zu den nächsten Kriegen, die Deutschland komplett in Schutt und Asche legten und das Land in verschiedene (korrupte) Einzelländer, aufteilten. In dem maroden und herunter gekommenen Berlin wird Josua 1978 geboren. Er kennt es nicht anders, bequem und einfach gibt es nicht. Der Junge bekommt eine mäßige Schulbildung und nur weil seine Mutter nicht dazu in der Lage ist, ihm das Gymnasium zu bezahlen, muss Josua mithelfen, den Rest der Familie durchzufüttern. Josua macht einfach alles. Er ist sich für nichts zu schade. Nur auf zwielichtige Dinger, lässt er sich nicht ein.

Josua ist ein Machertyp. Er hat Ideen, die ihn vorwärtsbringen sollen. Ihm ein Leben ermöglichen sollen, das annehmbar ist. Aber das Schicksal hat einen anderen Plan. Er verliert, was er sich aufgebaut und was er geliebt hat. Josua sieht in der korrupten „Neuen preußischen Republik“ keinen Sinn mehr, so dass er sich entschließt, einen Neuanfang in den reichen afrikanischen Ländern zu machen. Aber dazu müsste er erst einmal dorthin gelangen. Es ist ein gefährliches Unterfangen und oft genug weiß Josua, dass es nicht richtig ist. Natürlich hat er keine Papiere, was alles nur noch schwieriger macht.

Am Anfang des Buches sitzt Josua in einem vergitterten Raum. Er soll seine Geschichte aufzuschreiben. Und genau so liest sich die Geschichte dann auch. Josua ist ein einfacher Mann, der mit der Berliner Kodderschnauze sein Leben meistert. Im Grunde hat er nichts zu verlieren und keine Ahnung, was ihn auf dem andern Kontinent erwartet. Nur die Hoffnung, dass es ihm in dem reichen Afrika besser ergehen könnte. Er erwartet nicht einmal viel. Und Arbeiten, das kann er.

Mich hat dieses Buch begeistert. Die einfache Sprache und die Art, wie der Debütant Christian Torkler, die Geschichte aufzieht, haben mich in ihren Bann gezogen. Langsam und nur bruchstückhaft erfährt man von der Missere, die in Deutschland nach dem so und so vielten Krieg herrscht. Nur langsam begreift man, in welchen Verhältnissen die Menschen leben, die nicht zur Elite der Bevölkerung zählen. Ich hatte immer das Gefühl, ganz dicht an der Hauptfigur Josua dran zu sein. Ein Buch, das ich am liebsten jedem empfehlen würde, der gegen Flüchtige und Migration steht. Aber natürlich auch allen Anderen.

Christian Torkler
Verlag Klett-Cotta
ISBN 978-3-608-96290-1

Flüchtlinge gab es schon immer und wird es immer wieder geben. Dieses Buch hatte mich ebenfalls begeistert

Es darf auch mal mit Spaß [Rezension: Landeierforschung]

Einfach mal abschalten und Spaß haben

Dann schnappe ich mir schon mal ein Buch, das Spaß verspricht. So etwas wie Landeierforschung. Was dabei heraus gekommen ist, das liest du hier…

 

Ab aufs Land

Anne ist alt genug, um endlich zu machen was sie will. Immerhin ist sie schon mitte Vierzig und Mutter eines 18 Jährigen Sohnes. Sie arbeitet mit ihrem Ex-Mann in einer Werbeargentur in Köln. Immer schon hat er bestimmt, was Anne toll finden soll. Aber damit ist jetzt Schluß! Aus Trotz, bucht Anne Urlaub auf dem Land, irgendwo im Nirgendwo, im Hessischen. Sie erwartet dort nichts und will ihrem Ex und ihren überheblichen Mitarbeitern beweisen, dass man keine Fernreisen machen muss. Ihr Ex fliegt nämlich mit seiner halb so alten, neuen Freundin, nach Südarmerika. Dabei passt Anne wirklich nicht aufs Land, mit ihren Stöckelschuhen und dem immer perfekten Äußeren.

Alles kommt dann anders, als sie es erwartet. Und sie macht Dinge, von denen sie gar nicht wusste, dass sie die überhaupt kann. Sie macht sich auf, in einen Selbstfindungstripp…

Seit langem mal wieder

Soll ich dieses Buch tatsächlich lesen? Ich war nicht ganz schlüssig, weil ich dachte, das ist doch wieder so ein blödes, „Jetzt-Musst-Du -Lachen-Buch“. Richtig gute Komödien zu schreiben, ist bestimmt auch nicht leicht. Humorig versuchen wirklich Einige. Ob es hier gelungen ist, kann ich nicht sagen, weil ich tasächlich schwer zu beeindrucken bin, was geschriebenen Humor angeht. Tatsächlich habe ich manchmal geschmunzelt, über die Situationen, in die Anne geraten ist. Dafür habe ich mich aber gefreut, dass sie sich von allem befreit hat, was ihr wie ein Klotz am Bein hing. Dass sie sich entwickelt hat und aus ihrem Barbiesein erwacht ist.

Die Autorin

Karin Spieker hat hier einen unterhaltsamen Roman geschrieben. Nicht unbedingt für männliche Leser geeignet. Was nicht heißen soll, dass ich ihnen davon abraten möchte. Wäre bestimmt auch für sie eine Erfahrung, in den Kopf von Anne hinein zu lesen.

Karin Spieker ist eine schreiblustige Autorin, deren Texte einfach Freude machen. Auf ihrer Homepage, stellt sich die Autorin auf eine sehr nette Art vor. Lese einfach mal rein!

Tatsächlich mochte ich gleich, meine Koffer packen und auch mal wieder ein paar Tage auf dem Land verbringen. Fernreisen, müssen tatsächlich nicht immer sein. Man kann hier auch schönes entdecken und erleben. Ob es dann allerdings so ausgeht wie bei Anne, das möchte ich bezweifeln.

Was mir allerdings überhaupt nicht gefällt, ist das Cover und der Titel. Bei beiden, würde ich das Buch nicht aus dem Regal nehmen. Ein anderes Buch, das auch sehr viel Spaß versprach, das findest du hier.

 

ISBN 3492501524
aus dem Piper Verlag
309 Seiten

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Du bist in einer Luft mit mir, von Ruska Jorjoliani [Rezension]

Ruska Jorjoliani kann schreiben

Jorjoliani’s Buch landete auf der Hotliste der unabhängigen Buchverlage 2018. Ob Sie mit ihrem Buch einen Preis gewinnen wird, werden wir am 12. Oktober erfahren. Auch so, hat Ruska Jorjoliani ein interessantes Buch geschrieben. Außerdem nehme ich mit diesem Buch bei „Buch des Monats“  und bei Buch und Mehr teil

Dimitri und Viktor wachsen in Miroslaw, einem Dorf in Russland auf. Sie lernen bei einem Diakon das schreiben, denn Schulen gab es zu ihrer Zeit dort noch nicht. Sie sind schon sonderbare Kinder. Der eine liebt es, in Metaphern zu reden und der andere kritzelt ständig in einem blauen Büchlein herum. Sie sind schlau genug um in Moskau auf die Uni zu gehen und kehren nach ihrer Ausbildung zurück in ihr, von Pferdemistinseln verziertes, Dorf. Sie philosophieren und spielen Schach, in einer Abstellkammer der Dorfschule, in der Dimitri unterrichtet. (Denn inzwischen gibt es einer Schule) Beide erwarten ihr erstes Kind als Dimitri das Porträt von Lenin aus dem Schulfenster schmeist. Sein bester Freund wird gegen ihn aussagen.

Die Kinder der sonderbaren Freunde, wachsen gemeinsam in dem Haus von Victor auf. Die Geschichte springt in den Zeiten und man muss höllisch aufpassen den Anschluß nicht zu verlieren. Aber die Art, wie einem die Sätze aus dem Buch entgegenschweben, ist unglaublich. Sie schmeicheln und erstaunen. Man ist versucht den Beiden (sei es die Alten oder auch die Jungen) an den Ohren zu ziehen. Nie weiß man, ist dieser Satz wirklich so gemeint oder wollte der Erzähler mir eigentlich etwas ganz anderes sagen. Die Figuren sind kaum umschrieben, doch hat man einen Bezug zu ihnen. Immer wieder liest man Teile des Romans ein zweites Mal. Sei es um die Worte noch einmal zu lesen oder weil es einfach zweideutig genug war, es zu wiederholen.

Was mich an dem Buch beschäftigt hat

Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was ich von diesem Buch halten soll. Es bezauberte mich und doch, kann ich nicht sagen, was die Botschaft sein sollte. Verpetze nicht deinen besten Freund? Oder sieh zu, dass etwas aus dir wird? Immer wieder sind es aber auch Lügen und Verrat, die den besten Freund ins Verderben schicken. Vielleicht sollen auch einfach nur die Sätze verzaubern. Und das tun sie, weiß Gott. Ruska Jorjoliani, die Autorin kann schreiben! Sie lässt dich in der Einöde Russlands den Pferdemist riechen und den Dreck an den Füßen spüren. Ihre Figuren sind seltsam, und doch liebenswert. Ironische Sätze zaubern ein Lächeln. Selbst die Nebenfiguren sind interessant. Die Erzählung hüpft zwischen der Zarenzeit, der Revolution und den 50er Jahren Russlands herum.

Die Autorin und die Übersetzerin

Ruska Jorjoliani, kam mit sieben Jahren aus Tiflis nach Italien. Dort war sie lange Zeit in Palermo bei Gasteltern und ging später in Italien aufs Gymnasium. Als sie mit Gedichten einen Literaturpreis gewann hatte sie sich entschlossen, einen Roman zu schreiben. 2016 kam es auf italienisch heraus. Sie wird als Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse 2018 erwartet.

Übersetzt wurde dieses Buch von Barbara Sauser. Seit 2009 ist sie selbstständige Übersetzerin. Sie übersetzt aus dem Italienischen, polnischen und russischen.

Aus dem Rotpunktverlag
216 Seiten, gebunden
ISBN 9783858697936