Gidget

Gidget ist eine Zusammensetzung aus zwei Wörtern: Girl (Mädchen) und midget (Zwerg). Diesen Spitznamen bekam die 1,50 m große sechzehnjährige Franzie an den Stränden Malibus. Sie wurde beim Tauchen von der Flut überrascht und drohte zu ertrinken. Zum Glück waren gerade die Surferjungen draußen und Jeff „Moondoggie“ zog sie zu sich auf sein Board um sie zurück in die Bucht zu bringen.

Gidget, mein Sommer in Malibu

Angestachelt von dem Erlebnis auf einer Welle an den Strand gebracht zu werden, wollte Gidget mehr von diesem Gefühl. Aber wie sollte sie den Eltern klarmachen, dass sie am Strand mit erwachsenen Surferjungen abhängen will? Die hätten das bestimmt nicht erlaubt oder noch viel schlimmer, Mama wäre auch auf den Geschmack gekommen und hätte ihre Tochter vielleicht sogar an den Strand begleitet … Gidget schleicht sich also immer wieder mit Ausreden aus dem Haus. Und wie sollte es auch anders kommen, das Mädchen verliebt sich in einen dieser Jungen. Moondoggie, der sie gerettet hatte. Aber der ist zu gewissenhaft und hat wie auch die anderen Jungen längst durchschaut, dass dieses Mädchen gewiss noch nicht über 18 ist. Er wird sie zwar von zu Hause abholen und er wird sie küssen, wie sie noch nie geküsst wurde, aber mehr wird nicht passieren.

„Ich finde einfach, dass es besser ist, sein Leben zu leben statt in Büchern darüber zu lesen.“ Seite 23

So lautet das Motto, mit dem Gidget immer wieder an den Strand zurückkehrt und erwachsen wird.

An den Stränden Malibus

Gidget ist ein schönes, schnelles und unterhaltsames Buch. Mir hat es wirklich gut gefallen, das Mädchen an den Strand zu begleiten und mit ihr die ersten Erfahrungen zu machen. Auch wenn diese eher sehr zart waren und alle Beteiligten sich an die Spielregeln hielten. Wenn man das Buch beginnt zu lesen, wird einem erst einmal klargemacht, dass Gidget ihre Geschichte selber schreibt. So scheint es auch, denn der Schreibstil ist sehr einfach gehalten. Vielleicht ist gerade das, was es dem Leser leicht macht, mit dem Mädchen an den Stränden abzuhängen. Vielleicht ist es aber auch die Leichtigkeit und Unbeschwertheit, mit der Gidget sich mit den Jungen am Strand abgibt. Oder, die Naivität, die förmlich aus dem Buch herausströmt.

Und wenn dir der Plott jetzt auch noch bekannt vorkommt, dann ist das kein Wunder. Denn dieses Buch wurde verfilmt.

Dieses Video auf YouTube ansehen.
Mit Klick auf das Video wird eine Verbindung zu YouTube aufgebaut.


Der Roman aber wurde von Frederick Kohner geschrieben. Er wollte 1957 einen Roman für seine Tochter Kathy schreiben. Gidget ist in Wahrheit seine eigene Tochter Kathy, die immer noch in Malibu lebt. Der Literaturkritiker und Autor Volker Weidemann sprach persönlich, am Telefon, mit Gidget. Weidemanns Nachwort kann man auf den letzten 10 Seiten lesen. Dort erzählt er auch, wer der Autor war.
Mit diesem Roman verursachte Frederick Kohner eine Massenbewegung an Wellenreitern, die auch zu einer Popkultur wurde.

 

 

 

Gidget

von Frederick Kohner
aus dem englischen übersetzt von Hanna Hesse
aus dem Fischer Verlag
ISBN: 978-3-10-397540-6
176 Seiten

Die Leuchtturmwärter

In einer Sturmnacht verschwinden 3 Leuchtturmwärter von ihrem Turm mitten im Meer, weit weg vom Festland. Und sie hinterlassen einige Rätsel. So zumindest steht es kurz zusammengefasst in dem Klappentext des Romans. Die Geschichte hat sich 1972 ereignet und soll einer wahren Geschichte zugrunde liegen.

Die Leuchtturmwärter

Die drei Leuchtturmwärter leben abgeschnitten auf ihrem Leuchtturm. Ab und zu halten sie per Funk Kontakt zu den anderen Türmen oder zur Einsatzzentrale. Ansonsten sind sie auf sich selbst gestellt, während ihre Gefährtinnen alleine mit den Kindern auf dem Festland leben und sich auf den Landurlaub ihres Mannes mehr oder weniger freuen. Zusammengepfercht auf weniger Quadratmeter, unter minimalistischen Bedingungen, müssen die drei Männer ihren Pflichten nachgehen und die Macken ihrer Mitbewohner aushalten. Freiraum oder Rückzugsmöglichkeiten, findet sich in dem Turm nämlich kaum. Sie leben aus der Dose und nur wenn einer der Männer vom Landurlaub zurückkommt, dann gibt es frische Nahrungsmittel. Hauptsache, es gibt genug Zigaretten.
Als das Versorgungsboot nach einer Sturmnacht an dem Felsen festmacht, um Nachschub und eine Aushilfe an Land zu bringen, sind die drei Männer spurlos verschwunden. Die Tür zum Turm ist von innen verschlossen, der Frühstückstisch ist noch unberührt und zwei Uhren, die sonst sehr präzise sind, sind stehen geblieben. Unheimlich! Wo sind die Männer hin?

Es bleibt ein Rätsel

Nach zwanzig Jahren, die Männer sind immer noch nicht gefunden, beschließt ein Schriftsteller, mit den hinterbliebenen Frauen zu sprechen, um einen Roman über dieses mystische Ereignis zu schreiben. Am Anfang wird er noch vertrieben, nicht eingelassen. Doch dann fangen die Frauen an, mit ihm zu sprechen. Allerdings nicht alles, nicht haarklein, denn er ist ja immerhin ein Fremder und einem Fremden erzählt man ja nicht, was in der Familie so vorgeht. Aber je weiter man im Buch fortschreitet, desto mehr erfährt man, was wirklich hinter verschlossenen Türen passiert ist.

Und dann sind da ja noch die Männer auf der winzigen Insel mit dem mächtigen, dem eindrucksvollsten Leuchtturm Englands. Auch sie kommen zu Wort. Je länger man sich mit dem Leben der Drei in dieser Abgeschiedenheit beschäftigt, umso mehr wird einem die Einsamkeit bewusst, mit denen die Männer belastet sind. Die Entfernung zu den Frauen, dem Leben auf dem Festland. Welche Abgründe tun sich auf, wenn man auf so engem Raum seine Zeit verbringt? Was wird dem Freund für Machenschaften unterstellt? Dazu kommen dann noch die Sagen und Mythen, die sich wie kalte, stete Tropfen immer mehr im Hirn der Männer breit machen und die Seelen zermürben.

Abgeschiedenheit, Einsamkeit

Ich habe das Buch ziemlich lange vor mir hergeschoben. Schon vor einem Jahr hatte ich es begonnen zu lesen, aber ich fand keinen Zugang zu dem Schreibstil, bzw. zu den Figuren. Es gab keinen Charakter, der mir vielleicht auch nur ein bisschen sympathisch gewesen wäre. Was auch immer der Romanautor, der auf der Suche nach der Wahrheit ist, fragt, kann man nur anhand der Antworten, der Lebensgefährtinnen herauslesen. Ich glaube, das ist ein Buch, das man erst nach 100 Seiten aus der Hand legen darf, denn sonst verschwindet der Bezug. So richtig gepackt haben mich Die Leuchtturmwärter nicht. Vielleicht erst auf den letzten Seiten. Am Ende war ich froh, das Rätsel gelöst zu wissen.
Ein Rätsel bleibt es zumindest bis zum Schluss und man reimt sich so manches zusammen, dass sich dann aber auch wieder als Falschentscheidung herausstellt. Depression, Einsamkeit, Verlorensein, düster, melancholisch, mystisch … so könnte man dieses Buch beschreiben. Für Rubi und mich hat dieses Buch 🐭🐭🐭 verdient. Es war nicht schlecht, aber hat uns eben nicht begeistert.

Die Autorin

Emma Stonex, 1983 in Northamptonshire in England geboren und aufgewachsen, begann ihre Karriere als Lektorin. Mehrere Jahre arbeitete sie erfolgreich in einem großen Verlagshaus, bevor sie ihrem Traum vom Schreiben folgte. Schon immer fasziniert von Leuchttürmen, inspirierte sie nicht zuletzt das mysteriöse Verschwinden dreier Leuchtturmwärter auf den Flannan Isles zu ihrem Roman. Stonex lebt heute in Bristol. (Text von hier)
Eva Kemper, die Übersetzerin, hat Literaturübersetzung studiert und schon viele wunderbare Bücher aus dem Englischen übersetzt.

Die Leuchtturmwärter

Ein Roman von Emma Stonex
Übersetzt von Eva Kemper
aus dem Fischer Verlag
432 Seiten
ISBN: 978-3-596-70058-5

Taupunkt

Den Taupunkt zu erklären finde ich schwer: Der menschliche Körper muss seine Temperatur stets unter 37° C halten, denn sonst verliert er zu viel Wasser. Um das zu erreichen, können wir schwitzen und der kleinste Windhauch, kühlt uns durch den Schweiß wieder herunter. Ein cooler Trick im wahrsten Sinne des Wortes. Aber wenn es draußen in der Sonne schon über 37° hat und es dann auch noch schwül ist, also die Luftfeuchtigkeit hoch, dann kann unser Körper auch diesen praktischen Trick nicht anwenden. Selbst ein junger gesunder Mensch hat dann schon nach 2 Stunden ein großes Problem und kann an der Hitze versterben. Und jetzt stell dir einen alten, vielleicht noch kranken Menschen vor … (NTV)

Taupunkt

Es ist heiß in Deutschland, dabei ist es gerade mal Frühling. Robert bestellt seine viel zu trockenen Felder in Norddeutschland an der Nordseeküste. Geregnet hat es schon länger nicht mehr. Aber von irgendwas muss man ja schließlich leben. Roberts Tochter Janne studiert derweil in Berlin. So alleine auf dem großen Hof ergibt sich der Bauer in seine Trunksucht und statt Wasser trinkt er lieber sein Bier oder Wein. Obendrein hat er sich den Klimagegnern angeschlossen. Er kann einfach nicht akzeptieren, dass die Welt gerade dabei ist zu verbrennen. Täglich steigt das Thermometer weiter an. Über 37° C ist keine Seltenheit mehr. Wenn ihn doch damals nicht sein Bruder einfach mit dem Hof alleine gelassen hätte, dann wäre es vielleicht ganz anders gekommen, wüten die Gedanken durch Roberts Kopf.

Der Bruder, das ist der bekannte Klimawissenschaftler Tom Beyer. Tom weiß, was passieren wird und kann es nicht ertragen, dass es immer noch so viele Menschen gibt, die es nicht verstehen oder gar leugnen, dass die Erde am Ende ist und der Homo sapiens ausgedient haben wird, wie die Dinosaurier. Er tritt bei Veranstaltungen auf und sagt geradeheraus, was passieren wird. Aber erst als es schon zu spät ist, fängt man an ihm zu glauben. Tom kennt einige Lösungen, die aber nur die Hitze mildern könnte. Das Übel ist damit aber noch nicht aus der Welt geschafft. Man beschimpft Tom öffentlich, sogar in den Boulevardblättern und zieht auch noch sein Liebesleben mit hinein.
Tom hat sich einen Namen gemacht unter den Wissenschaftlern. Doch seine Familie hat nichts von ihm. Selbst in Berlin steigen die Temperaturen inzwischen auf über 40° C. Tom macht öffentlich, wie man das Klima retten könnte. Doch damit macht er sich keine Freunde unter den Wirtschaftlern.

So dicke ist das Band nicht zwischen den Brüdern. Tom legt sich ins Zeug, um seinen Bruder von der Notwendigkeit zu überzeugen, dass man den Nutzungsplan seiner Landwirtschaft grundlegend überdenken sollte. Aber Robert ist nur sauer auf seinen Bruder, der ihn alleine gelassen hat und weil Tom nicht mal zur Beerdigung ihrer Mutter kam. Janne, die Tochter Roberts, ist eine Klimaaktivistin. Sie verehrt ihren Onkel Tom und vertritt seine Meinung. Doch auch sie hat keinen Einfluss auf den sturen Vater.

So dicht an der Wahrheit

Mich hat dieser Roman wirklich erschreckt. Er ist so dicht an der Wahrheit, dass es einem ganz unheimlich wird. Wenn wir nicht alle endlich etwas unternehmen, dann enden wir in wie die Personen in dem Roman. Auf der Flucht vor der Hitze und Dürre. Ich fand die wissenschaftlichen Darstellungen echt interessant. Doch hat mir die Grundgeschichte nicht gefallen. Ich hatte das Gefühl, dass die Geschichte der Brüder und deren Familien einfach nur um die Katastrophe herumgeschrieben wurden. Mir gefiel keine der Personen. Mich hat der Roman trotzdem in seiner Gesamtheit erschreckt. Ich musste meine Nase aus meine Wohlfühlbubble strecken und das hat mir nicht behagt.

Taupunkt, ist ein Klimaroman von Thore D.Hansen. Er ist eigentlich Politikwissenschaftler, Soziologe und Journalist. Taupunkt ist nicht sein erster Roman. Er hat schon andere futuristische Politthriller geschrieben.
Unterhaltung war mäßig, dafür war der Roman unheimlich informativ 🐭🐭🐭🐭 von Rubi und mir, mit der Bitte, dass man auch schon im Kleinen damit anfangen kann, etwas für unser Klima zu unternehmen.

 

Taupunkt

von Thore D. Hansen
Taschenbuch
272 Seiten
Europa Verlage
ISBN:9783958904705

Mein Leben in deinem

Mein Leben in deinem … Nisha lebt im großen Stil. Sie ist verheiratet mit einem Mann, der sie mit den schönsten Designer Kleidern und teuersten Schmuck ausstattet. Sie reisen um die Welt und leben im Grunde fast immer in Hotels, obwohl die Beiden tolle Häuser und Wohnungen besitzen. Nisha verweilt gerade in England und brauchte etwas sportliche Betätigung. Sie ist es gewohnt, wie eine Prinzessin behandelt zu werden, doch in diesem Sportstudio ist sie eine von vielen. Wütend schubst sie eine schwarze Tasche von der Sitzbank, stellt ihre eigene dort ab und geht duschen.

Sam fühlt sich in diesem Sportstudio etwas deplatziert. Diese ganzen Schickimütter machen sie nervös. Mal abgesehen davon, dass sie denkt, mit denen ohnehin nicht mithalten zu können. Sie ist über 40, hat etwas Speck angesetzt und benimmt sich eher wie eine graue Maus. Sam hält es in der Umkleide nicht mehr, schnappt sich ihre Tasche und geht. Sie hat noch wichtige Termine, die, wenn alles gut geht, ihrem neuen Chef vor Augen führt, dass man sehr wohl auf sie zählen kann. Der hat sie nämlich auf dem Kicker und putzt sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit herunter.

Aber ach, du Schreck, das war ja gar nicht ihre Tasche. Darin befinden sich hochhackige rote Louboutin Schuhe. Schuhe, wie sie Sam noch nie gesehen hatte. Keine Zeit wieder zurückzugehen und die Verwechslung rückgängig zu machen, zieht Sam die Schuhe zu ihren Terminen an und merkt, wie sie sich nur durch dieses Accessoires zu einer anderen Frau „verwandelt“, selbstbewusster auftritt.

„ … sie geben mir das Gefühl, eine andere Version von mir selbst zu sein, glaube ich. Wenn ich könnte, würde ich sie jeden Tag tragen. …“ Seite 182

Mein Leben in deinem

„Mein Leben in deinem“ ist eine herrliche Verwechslungsgeschichte. Ein bisschen hat mich der Anfang an den Film „Die Glücksritter“ mit Eddi Murphy erinnert. Die reiche und etwas unausstehliche Nisha wird zum Zimmermädchen degradiert und die graue, arme Maus Sam mutiert zum Vamp. Doch im Laufe des Romans zeigt sich, dass es hier um etwas mehr geht. Um Freundschaft und Gerechtigkeit. Um echte Liebe und Vertrauen. Jojo Moyes hat einen schönen, mitreißenden und unterhaltenden Roman geschrieben. Sam ist so sympathisch in ihrer stets am Wasser gebauten Art, dass man sie fast immer in den Arm nehmen möchte und sie trösten will. Während Nisha, ein echtes Biest ist, die sich langsam zu einer wundervollen Freundin entwickelt.

Jojo Moyes hat noch ein paar weitere Figuren in den Roman eingebaut, die das ganze auch noch komplett machen. Sams Mann leidet an Depressionen, denen er selber nichts entgegensetzen kann und die so langsam, die Ehe mit in den Abgrund zieht. Und auch die „verrückten“ Eltern Sams tragen nicht gerade zur Entspannung bei. Bei Nisha ist es der Ehemann Carl, der irgendetwas zu verbergen hat, ein echter Schuft ist und seiner Ex-Frau sogar seinen Bodyguard auf die Fersen hetzt. Wenn Nisha nicht die starken Schultern ihrer neuen Freundin Jasmine hätte, die ihr ein vorübergehendes Zuhause und einen Job verschafft hat. Und dann kommt da noch der Koch Aleks ins Spiel.
Der ganze Roman kommt eigentlich kaum zur Ruhe, weshalb man einfach weiterlesen muss. Spannend, unterhaltsam und überraschend. Ein bisschen Liebe/Freundschaft, etwas Crime und Komik. Gute Unterhaltung, die nicht loslässt.

Das Monstermädchen hat auch etwas zu dem Buch zu sagen

Das Buch liest sich relativ schnell und unkompliziert, ein typisches Jojo Moyes Buch. Klar strukturiert und keine unnötigen „Umwege“. Es kommt zu keinem Zeitpunkt Langeweile auf, oder der Gedanke es weglegen zu wollen. Dennoch beginnt der Spannungsbogen am Anfang des Buches und hat den Höhenpunkt, kurz vorm Buchende, was das Ende etwas ernüchternd scheinen lässt.
Sam, eine Person aus dem Buch, wirkt wie eine normale Frau aus dem Alltag, wie jeder eine kennt und mit der man sich gut identifizieren kann. Nisha dagegen, wirkt am Anfang ziemlich nervtötend, aber entwickelt sich zu einem angenehmen Charakter, mit dem man mitfiebert.

Im Großen und Ganzen ist es ein schönes Buch, über Freundschaft und Frauen-Power, für entspannte Momente auf dem Sofa, um seinen eigenen Alltag zu entfliehen.

Von uns gibt es 🐭🐭🐭🐭

 

Mein Leben in deinem

ein Roman von Jojo Moyes
Übersetzt von Karolina Fell
aus dem Rowohlt Verlag – Wunderlich
ISBN 9783805200851
512 Seiten

Fremde Federn

Fremde Federn … Thomas, der Tom genannt wird, zieht zu seiner Oma in das große Haus am Stadtrand. Für ihn ist es passend, da Wohnraum ja teuer ist und er in der Stadt noch neu ist. Er hat einen neuen Posten in einem Start-up bekommen, dass sich mit Nahrung aus Insekten beschäftigt. Seine Oma Rosmarie freut sich, dass ihr Enkel bei ihr einzieht. Sie ist rüstig und macht noch alles selbstständig. Sie hat jahrelang ihre Mutter und später ihre Schwiegermutter gepflegt und als ihr Mann gestorben war, wirtschaftete sie ganz alleine in dem großen Haus. Tom zieht in das Zimmer, dass er auch schon als kleiner Junger immer in den Ferien bewohnt hat. Es ist etwas ungewohnt für ihn in einer WG mit seiner Oma zu leben. Immerhin können sie getrennte Badezimmer nutzen. Rosmarie versteht nicht, dass Tom Vegetarier ist oder gar diese Mehlwürmer isst. Und als er dann auch noch eine Mehlwurmzuchtanlage mit nach Hause bringt, schüttelt es sie. Dafür bekommt Rosmarie einen kleinen Hühnerstall, mit drei hübschen Hühnern, welchen sie sich schon immer gewünscht hat.

Fremde Federn

Was Tom nicht sieht, was vielleicht auch nur dem Leser auffällt ist, dass Rosmarie in eine Demenz hineinschliddert. Als die alte Frau dann auch noch stürzt und operiert wird, kommt die Demenz deutlich ans Tageslicht. Thomas ist ziemlich beschäftigt, immerhin hat er eine leitende Stelle und hat viel Arbeit und Verantwortung. Doch seine Oma liegt ihm sehr am Herzen. Er versucht seine Arbeit etwas zu reduzieren, macht Homeoffice, wo es geht. Tom kümmert sich um eine Vollzeitpflege zu Hause, er kocht für Rosmarie und versucht sie zu beschäftigen. Ein Altenheim ist für ihn keine Option.

“ ihm dämmerte, dass hinter ihrem Angebot mehr verborgen war. Ein Gebrauchtwerden-Wollen. Ein noch Wollen. Und vor allem: ein noch Können.“ Seite 22

Dabei stößt er aber auch an seine Grenzen. Einerseits bemerkt er, mit welchen bürokratischen Wirrnissen er sich beschäftigen muss. Etwas, dass er Menschen, die sich noch weniger auskennen, gar nicht zutrauen mag. Andererseits ist da die Privatsphäre, die immer mehr bröckelt. Seine Oma auf die Toilette zu begleiten ist etwas, dass wohl keiner von uns machen möchte. Und trotzdem verschwimmen diese Grenzen immer mehr, so wie die Demenz fortschreitet. Rosmarie ist eigensinnig, mag die eine Pflegerin nicht und verdächtigt diese auch noch, ihre Hühner rupfen und essen zu wollen.

Liebe und Aufmerksamkeit

Thomas ist ein sympathischer Mensch, der sich wirklich große Mühe gibt, seiner Oma die Liebe und Aufmerksamkeit zurückzugeben, welche er als kleiner Junge von ihr erfahren hat. Neben der Pflege von Oma Rosmarie, wirbelt der junge Mann auch noch in seinem Job. Stets steht er unter Strom und merkt nicht, wie ihn all die Dinge immer mehr vereinnahmen. Ich fand es wirklich gut geschrieben. Die Demenz der alten Dame sowie die Überforderung der Angehörigen. Etwas, das in der wirklichen Welt sehr wohl genauso passiert. Die Demenz, die sich immer mehr verfestigt, mit all ihren Auswüchsen. Mal mehr, mal weniger lustig. Zumindest für Außenstehende. Wer selber in so einer Demenzschleife steckt, wer selber einen Angehörigen mit Demenz hat, sieht hier bestimmt viele Parallelen.

Ich habe dieses Buch Fremde Federn wirklich verschlungen. Es hat so viel Spaß gemacht, zu lesen. Es ist kein Aufklärungsbuch, wie man mit Demenz umgehen soll. Fremde Federn ist ein gutgemachter Roman, mit Anspruch. Die Autorin hat ein feines Gespür für Sätze, die (heimlich) unter die Haut gehen und sie scheint sich mit dem Thema Pflege auseinandergesetzt zu haben. Warum das Buch Fremde Federn heißt, erschließt sich mir allerdings nicht, auch wenn die Hühner ab und an Federn lassen müssen. Dieses Buch warmherzige Buch hat wahrlich 🐭🐭🐭🐭🐭 verdient!

Einziges Manko, war vielleicht, die detaillierte Liebesnacht, zwischen Thomas und seiner Ex-Freundin Eva. Gut geschrieben, aber für mich eben nicht passend. Ein angedeuteter Satz oder Absatz hätte (für mich) gereicht. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass mir solche Szenen grundsätzlich nicht in Romanen gefallen.

 

 

Fremde Federn

Ein Roman von Alina Lindermuth
aus dem Kremayr-Scheriau Verlag
256 Seiten
ISBN 9783218013864

Salomés Zorn

Salomé ist eine intelligente Sechzehnjährige, die in ihren griechischen Klausuren immer mit Einsen glänzt. Sie ist sehr belesen, lernen macht ihr wirklich Spaß. Allerdings ändert sich etwas als sie auf das Gymnasium kam. Auf das „Reiche-Kids-Gymnasium“ wie ihre ältere Schwester unkt. Dazu kommt, dass Salomé ein wütendes Potenzial hat, welches sie so weit bringt, dass sie in einem Jugendgefängnis landet. Dort ist es kahl und so langweilig, so voller Strukturen, an die Salomé sich erst gewöhnen muss. Und daran reibt. Sechs Monate soll sie hier eine Strafe absitzen und hat Zeit über ihr noch nicht allzu langes Leben nachzugrübeln. Dabei soll ihr ausgerechnet der Therapeut Frits van Gestel helfen. Der Mann, der in einer Fernsehsendung, in einer Trash-Show Hello Jungle fremdenfeindliche Äußerungen gemacht hat.

Salomés Zorn

Seite 30: „Vielleicht aber werden Sturköpfe wie ich automatisch wütend, sobald sie in die Pubertät kommen. Vielleicht gibt es in meinem Leben zu viel, was mich wütend macht. Und wenn das stimmt, wird diese Wut nicht von selbst verschwinden“

Salomé teilt ihre Welt in die gute, intelligente und in die zornige, wütende Salomé. Während die Wütende hier in den langweiligen weißen Mauern ihre Zeit absitzen muss, sieht sie zu, wie die gute Salomé ihre Schule beendet und ein zufriedenes Leben haben könnte. Was hat Salomé nur so wütend gemacht? Sie hat es doch so gut, in der niederländischen Provinz. Es sind wohl ihre Mitschüler, die Nachbarn, denen die Hautfarbe von Salomé und ihrer Familie nicht gefällt. Salomés Papa stammt aus Kamerun. Im Gymnasium wird das Mädchen immer wieder mit abfälligen Worten bedacht. Sogar zu Hause wird die Familie von den Nachbarn beschimpft. Salomés Vater hat selber genug durchgemacht und würde es gerne besser haben für seine Kinder. Damit sie sich wehren lernen, hängt er in der Garage einen Punchingball auf und bringt seinen Töchtern bei, auch mal mit der Faust zurückzuschlagen.
Ob das der richtige Weg war? Salomé hat in der Jugendstrafanstalt sechs Monate Zeit, darüber nachzudenken.

So viel Zorn und Wut

Salomé sehr beschäftigt sich sehr mit sich selber und, wie sie in diese Geschichte hineinrutschen konnte. Es ist ein wahres Gedanken-Karussell. Ich konnte sehr gut nachvollziehen, wie die Gedanken der Sechzehnjährigen hin und her gesprungen sind. Wie es war, als Salomé das erste und einzige Mal mit ihrer Familie nach Kamerun geflogen ist. In ein Land, dessen Sprache sie nicht spricht und wo sie sich anfangs gar nicht besonders wohlgefühlt hat. Dann wieder die Gedanken über ihren Therapeuten, der dem Mädchen unangenehm und unangemessen erscheint. Ihr Zorn über ihr eigenes Verhalten, dass sie in diese Strafanstalt gebracht hat. War es wirklich richtig, sich zu wehren? …

Ich konnte gut nachvollziehen, wie es dem Mädchen ging. Der Zorn war sehr deutlich zu spüren, die Ungerechtigkeit nur aufgrund ihrer Hautfarbe, die Liebe zu ihrer Familie und auch die Angst vor den Mitschülern. Dabei wollte sie doch nur wissen, lernen und sich nicht fremd fühlen oder abgelehnt werden.

Die Autorin Simone Atangana Bekono hat hier ein wunderbares Buch geschaffen. Wir mit unserer hellen Hautfarbe können uns oft nicht wirklich vorstellen, wie es sich anfühlt so abgelehnt zu werden. Wer mit einer dunkleren Hautfarbe durch die Straßen geht, wird immer mit einem schiefen Blick angesehen. Als ob diese Menschen etwas „Abartiges“ wären. Sie werden in Schubladen gesteckt, ohne sie wirklich zu kennen.
Ihre Erzählweise ist sprunghaft und spiegelt das Innere ihrer Protagonistin wider. Ich finde, ein unbedingt zu lesender Roman. Ganz klar, dass Ruby und ich dem Buch 🐭🐭🐭🐭🐭 geben mussten.

Salomés Zorn

Ein Roman von Simone Atangana Bekono
Übersetzt aus dem Niederländischen von Ira Wilhelm
246 Seiten
C.H.Beck Verlag
ISBN 9783406800009