Der Kuss der Nixe

Devin wird heute 17 und sie freut sich, mit den Freunden ihren Geburtstag am See feiern zu können. Bis der Kuss der Nixe, alles veränderte. Fast wäre ihr bester Freund im Badesee umgekommen. Und dann wurde Devins Welt auf den Kopf gestellt.

Der Kuss der Nixe, School of Myth & Magic, Band 1

Devin Blackwood wächst in Birmingham auf und wird von ihrer Großmutter immer wieder auf die böse Natur der Nixen hingewiesen. Aber die Granny lebt nicht mehr und kann sie nicht mehr beschützen. Vor ihrem Tod hat sie ihrer Enkelin eine Kette geschenkt, die sie immer beschützen sollte. Auch Devins Mutter lebt schon lange nicht mehr in der kleinen Familie und irgendwie scheint es etwas Geheimnisvolles zu geben.
Nachdem der Geburtstag am Badesee fast mit einer Katastrophe geendet hätte, tauchten des Nachts plötzlich zwei Männer in dem Haus der Blackwoods auf. Sie wollen Devins Zauberkräfte unschädlich machen. Das Mädchen hatte keine Ahnung, dass sie magisch sein soll und schon gar nicht eine Nixe! Wusste ihre Granny, was sie war? Hat der Kuss im Badesee ihren besten Freund umgebracht? Das Mädchen ist verunsichert und kann die beiden magischen Männer dazu überreden, ihr ihre Kräfte zu lassen. Dafür muss sie aber in eine Schule gehen. In die School of Myth & Magic in Norwegen.

In der School of Myth & Magic trifft die Siebzehnjährige das erste Mal auf Nixen und andere magische Wesen. Die Royal der Nixen ist nicht gerade nett zu dem Neuankömmling, ärgert sie und macht das Mädchen unsicher. Aber Devin ist keine, von denen, die sich ärgern lassen. Sie ist schlagfertig, hat eine ordentliche Portion Humor und ist neugierig. Obendrein liegt ihr Herz auf der Zunge und sie plappert manchmal Dinge heraus, die sie eigentlich nur gedacht hatte. Ihr macht es auch nichts aus, sich einfach zu den Vampiren zu stellen und ein Pläuschchen mit dem Drachen zu führen. Sie freundet sich mit einer Sirene an, bei der man immer die Wahrheit sagen muss und verliebt sich in den Halbfaun Caleb.

Magie und Herz

Devin ist eine sympathische Protagonistin. Ich habe das vorlaute Mädchen schnell in mein Herz geschlossen. Dass sie keine Ahnung von ihrer Kraft hat, macht das ganze auch noch ein bisschen spannender. Ein bisschen erinnert die Geschichte auch an Harry Potter. Erst hat Devin keine Ahnung, wer sie in Wirklichkeit ist, dann trifft sie Zauberer, die sie in eine Zauberschule mitnehmen und dort wird Devin erst bewusst, was sie kann, will das aber so gar nicht. Es gibt Unterricht, der langweilt und Lehrer, die nicht so im Vordergrund stehen. Mir hat der Jugendroman sehr gut gefallen. Es liest sich nicht ganz so „verstaubt“, irgendwie ein bisschen frischer und moderner. Ein bisschen Herzblut kommt auch vor, muss es ja auch bei einer siebzehnjährigen Hauptdarstellerin.

Nur das Ende gefällt mir nicht! Es endet nämlich mitten in einer Situation, bei der du gezwungen bist, dir das nächste Buch zu besorgen. Ok! Der erste Band hatte schon 448 Seiten, aber mich dann so sehr in der Luft hängenzulassen 😉 Nun muss ich das zweite Buch auch noch lesen, denn die Geschichte hat mich in ihren Bann geschlagen. Auch wenn es sich hier um ein Jugendbuch handelt, ist es auch für fantasiebegeisterte Erwachsene ein Highlight.

Ich habe das Buch als E-Book gelesen, das gebundenen Buch gibt es mit Farbschnitt und Charakterkarte! Das finde ich auch immer wieder schön. Meistens sind diese limitierten Auflagen nicht lange im Handel. Und schade finde ich es, dass man den Farbschnitt im Regal dann gar nicht sieht. Aber schön ist es trotzdem!
Rubi und ich geben dem Jugend-Fantasie-Roman leidenschaftliche 🐭🐭🐭🐭🐭 und wir freuen uns auf den zweiten Band, der hoffentlich der Geschichte einen Abschluss gibt.

Die Autorin Jennifer Alice Jager

Jennifer Alice Jager schreibt ihr erstes Buch während ihrer Ausbildung zur Mediengestalterin. Sie schreibt Fantasie-Junge-Erwachsenen-Bücher, die sehr erfolgreich sind. Sie hat eine Zeit lang in Japan gelebt, wo sie ihren Hang zum Schreiben erst richtig entdeckt hatte. Inzwischen lebt sie wieder in ihrer Heimat, dem Sauerland und verbringt viel Zeit mit dem Schreiben und ihren Tieren.

 

Der Kuss der Nixe, School of Myth & Magic, Band 1

ein Jugendroman von Jennifer Alice Jager
448 Seiten
aus dem Ravensburger Verlag
ISBN: 978-3-473-40246-5

Wir werden jung sein

Was würdest du alles tun, um zu sagen: Wir werden jung sein? In dem Buch von Maxim Leo geht es um ein Medikament, das eigentlich verabreicht wurde, um einem Herzdefekt entgegenzuwirken. Doch dann stellt sich heraus, wer das Medikament nimmt, der wird biologisch wieder jünger. Man sieht es dem Menschen auch an: Die Haut wird straffer, die Muskeln können wieder Vollgas geben. Doch was wird geschehen, wenn die Menschen nicht mehr sterben können? Welche Folgen wird das für die Bevölkerung haben? Und wird es jeder vertragen? Der Mensch strebt wie immer nach Perfektion!

Wir werden jung sein

Der sechzehnjährige Jakob hat sich in ein Mädchen aus seiner Klasse verliebt hat. Allerdings weiß er sehr wohl, dass er ganz bestimmt nicht an sie herankommt. Er ist kein Sportler, kein Muskelmensch und verbringt die meiste Zeit zu Hause an seinem Computer, weil er sein Herz seit seiner Geburt nicht belasten kann. Ein neues Medikament wird ihm vielleicht helfen, wenigstens etwas länger zu leben. Und dann klingelt sie an seiner Tür, sie steht auf Jakob und will mit ihm zusammen sein.

Verena hat schon mehrfach Medaillen bei Olympia im Schwimmbecken geholt. Sie ist jetzt Mitte 30 und hat eine Herzmuskelentzündung verschleppt. Eigentlich sollte sie kaum noch an die jungen frischen Schwimmerinnen heranreichen, aber nachdem sie das neue Herzmedikament bekommen hat, schlägt Verena die Jüngeren bei einem Schwimmwettbewerb um Längen. Auch sonst fühlt sie sich viel vitaler.

Karl ist über achtzig. Er hat nicht mehr lange zu leben, sein ganzer Organismus ist nicht mehr stabil. Bevor er einen elenden Tod stirbt, beschließt er, sich freiwillig zu töten. Kein leichtes Unterfangen, aber er hat schon alles geregelt. Morgen wird er den Giftcocktail zu sich nehmen. Aber er fühlt sich eigentlich viel besser, kräftiger, mobiler. Irgendwas ist anders, seitdem er die Pillen genommen hat.

Was würde geschehen, wenn die Menschen nicht mehr sterben müssten

Ich mochte die Charaktere, die in diesem Roman die Hauptrollen spielen, jeden auf seine Art. Maxim Leo schreibt sehr unterhaltsam und trifft doch genau einen Nerv. Die Menschen streben schon immer nach Perfektion und mit diesen neuen Pillen könnten unendlich viele Menschen gerettet werden. Aber wer wird die Medikamente bekommen? Wer darf lange leben und was würde geschehen, wenn der Mensch nicht mehr den üblichen Weg von der Geburt bis zum Tod gehen würde? Ich habe viele Male darüber nachgedacht und schließlich einige ältere Damen um ihre Meinung darum gebeten. Auch sie waren sich nicht einig, ob es Sinn machen würde, ewig zu leben. Schmerzfrei, mobil und gesund, ja, das wäre ok, aber ewig Leben!

Die Menschen würde darüber nachdenken müssen, ob sie noch Kinder bekommen dürfen und ob: Wir werden jung sein, der richtige Weg ist. Und würde es am Ende nicht dazu führen, dass wir keine Entwicklung mehr hätten? Wozu sollte man sich noch anstrengen, gesund zu bleiben, wenn es doch die Wundertabletten gibt. Maxim Leo hat es geschafft, ich mache mir Gedanken. Und genau das soll dieser Roman wohl auch anstoßen. Dabei liest er sich wirklich sehr angenehm und unterhaltend. Ich finde, eine echte Leseempfehlung! 🐭🐭🐭🐭 für diesen guten Roman von uns.
Das ist übrigens der erste Roman, den ich von Maxim Leo gelesen habe. Nur ist es nicht der Erste, den er geschrieben hat!

 

Wir werden jung sein

Ein Roman geschrieben von Maxim Leo
ISBN:9783462003758
304 Seiten
Kiepenheuer & Witsch aus dem Verlag

Hier noch ein kleines Interview mit Maxim Leo über seinen Roman

Das letzte Feuer

Das letzte Feuer brennt oben, über dem Tal, in einem einzelnen Haus. Die alte Pélagie Arnaud möchte ihre Heimat nicht verlassen. Alle anderen sind schon ins Tal hinuntergezogen, nachdem man den reißenden Fluss, die Asse, eingedämmt und große Brücken gebaut hatte. Der Talboden ist üppig und ertragreich. Das Land groß genug, dass die Bevölkerung aus dem Bergdorf Orpierre-d’Asse sich dort ausbreiten konnte, Felder bestellen und reiche Ernten einfahren können. Pélagie bleibt starrköpfig und bleibt mit ihrer Enkelin oben in den kargen Bergen. Hier weiß sie mit Widrigkeiten umzugehen. Nur ihre Enkelin Berthe sehnt sich nach den Freunden. Zur Schule muss sie nun auch immer den Berg hinabsteigen und am späten Nachmittag wieder hinauf, mit einem Korb voller Lebensmittel, die die Oma nun nicht mehr oben besorgen kann.

Rubi die Lesemaus mit dem Buch Das letzte Feuer

Die Asse mag eingedeicht sein und doch stellt sie das Leben der Menschen im Tal auf harte Proben. Manchmal gelingt es ihr über die Ufer zu treten und doch wieder Keller oder Felder zu fluten. Manchmal ist es ein Nebel, der die Menschen krank macht. Die alte Pélagie hilft dann trotz ihres Alters immer wieder den Kranken. Oben auf dem Berg bleibt man eben ein bisschen fitter als dort unten in dem Tal. Irgendwann zieht es die Enkelin auch ins Tal und die Alte bleibt ganz alleine dort oben, nur mit ihren Ziegen und den Hühnern. Das Bergdorf verfällt immer mehr …

Man vermisste das alte Dorf aus Haut und Knochen, das windgepeitschte Geröll, das Dorf der Steinhaufen und Disteln, wo der Pflug auf Fels stieß, das lichte Dorf mit seinen steilen Abhängen, seinen holprigen Wegen, die gerade in den Himmel führen!

(Seite 51)

Das letzte Feuer

Es ist nur ein kleines Büchlein, mit nicht allzu vielen Seiten. Die alte Pélagie ist aufmüpfig, schimpft auf die Männer und versucht ihre Enkelin zu beschützen. Die Jugend muss ihre Erfahrung machen und am Ende ist eben nicht alles gut, kann aber gut werden. Menschen werden sich entwickeln, genauso wie die Natur und das neue Dorf. Das alte Dorf verfällt und die Autorin Maria Borrély, beschreibt die Umgebung mit unglaublichen Worten. Es fiel mir schwer, Fuß zu fassen in dem französischen Alpenland. Es war nicht die Geschichte, es waren die Namen. Zu viele derer und zu Französisch. Ich konnte nur mit Mühe alle Personen auseinander halten und doch hat mich dieses Buch in seinen Bann gezogen. Die Beschreibungen der Natur, die bissigen Beschreibungen der Menschen und der liebevolle Blick auf die Lieben, hat mir das Buch am Ende zu einem Erlebnis gemacht. Maria Borrély’s Roman wurde das erste Mal 1931 in Frankreich veröffentlicht.

Forellen springen wie Peitschenhiebe. Und die rauschende Asse schlägt übers Jahr unverdrossen ihre Kapriolen, verlässt ein Bett, um sich ein anderes zu graben, und wiegt dabei ihre Kiesel …
(Seite 19)

Die Autorin Maria Borrély …

… wurde 1890 in Marseille geboren und lebte ein Leben voller Kämpfe. Mistral, der erste von insgesamt vier Romanen, die innerhalb weniger Jahre entstanden, wurde 1930 auf Empfehlung von André Gide bei Gallimard veröffentlicht. Maria Borrélys Wunsch, selbst zu schreiben, entstand in der Künstler-Gruppe, der sie neben Jean Giono, dem Maler Bernard Thévenet, Gabriel Péri, Édouard Peisson und Paul Maurel angehörte. (Diesen Text habe ich mir von der Kanon Verlagsseite ausgeliehen)

Amelie Thoma hat den Roman übersetzt. Ich denke, es ist ein hartes Stück Arbeit einen solchen Roman so wiederzugeben, wie es sich die Autorin erdacht hat. Rubi und ich geben diesem Roman 🐭🐭🐭🐭🐭

 

Das letzte Feuer

Ein Roman von Maria Borrély
128 Seiten
Die Originalausgabe „Le dernier feu“ Gallimard NRF, erschienen 1931
Aus dem Französischen von Amelie Thoma übersetzt
ISBN 978-3-98568-113-6

Ripley – Der talentierte Mr. Ripley

Ripley, der talentierte Mr. Ripley … habe ich bei Netflix gesehen und war total begeistert von der Serie. Immer wieder gingen mir die Bilder durch den Kopf. Passend, dachte ich und wie wird dann erst das Buch sein? Patricia Highsmith hat es geschrieben. Es wurde das erste Mal 1955 veröffentlicht. Beim Diogenes Verlag fand ich die aktuelle Veröffentlichung des Romans und steckte sofort die Nase in das Buch.

Der talentierte Mr. Ripley

Das Buch beginnt nicht ganz wie in der Serie. Der junge Tom Ripley wird von einem Mann in eine Bar verfolgt. Es stellt sich heraus, dass es der Vater von Richard Greenleaf ist. Ziemlich wohlhabend scheint der Werftbesitzer jedenfalls zu sein. Der alte Greenleaf möchte Tom dazu anstiften, seinen Schulfreund Richard nach Amerika zurückzuholen. Richard ist der Sohn des alten Greenleaf. Er lebt schon längere Zeit in dem wunderschönen italienischen Städtchen Mongibello, das liegt direkt am Meer in der Nähe von Neapel. Richard denkt nicht im Geringsten daran, nach Hause zurückzukehren. Tom, der sich mit Gelegenheitsjobs und kleinen Betrügereien über Wasser hält, ist erst gar nicht von der Idee angetan, findet sich dann aber ziemlich schnell in seiner neuen Rolle zurecht und sagt zu. Der alte Greenleaf bezahlt ihm ein Europaticket, besorgt ihm eine Kabine auf einem Ozeanriesen und gibt ihm Reiseschecks mit. Um Geld muss sich Tom nun keine Gedanken mehr machen. Und eine schöne Garderobe bekam er obendrein.

In Italien angekommen, findet Tom schnell am Strand, seinen alten Schulfreund. Richard ist in der Gesellschaft einer jungen Frau. Am Anfang scheint es, dass Dickie (Richard) sich nicht an Tom erinnern kann, aber so langsam finden die jungen Männer zueinander. Tom macht den Fehler den alten Greenleaf zu erwähnen und hat schon die Befürchtungen Dickie würde sich von ihm distanzieren. Und doch scheinen die beiden jungen Männer sich anzuziehen.

Wie weit würdest du gehen?

Ich sagte ja schon, ich habe die Serie gesehen und kenne eigentlich schon das Ende und doch bin ich ganz fasziniert, was ich zwischen den Seiten noch alles gefunden habe. Ich weiß, wie weit Tom gehen wird. Und doch ist es noch einmal etwas gruseliger es zu lesen.

Wenn man in die Rolle eines anderen schlüpfte, war das wichtigste, dachte Tom, Stimmung und Temperament des dargestellten beizubehalten und die entsprechende Mimik zu übernehmen, alles Übrige ergab sich von selbst.

Seite 179

Das Buch hat mir auf jeden Fall gefallen! In der Serie nimmt man Gesten, Mimik und Taten von Tom wahr. Im Buch aber kann man lesen, warum er es tut. Sein komplettes Gedankenspiel ist greifbar. Und ja, wie weit würdest du selber gehen, wenn du plötzlich merkst, dass dich die ganze Welt ansieht und nicht übersieht, wenn dir Geld keine Sorgen macht. Wenn du begriffen hast, was Geld mit einem machen kann. Selbstbewusst nimmt sich Tom, was „ihm zusteht“. Er belügt sich selber und andere und schlittert immer wieder an der Enttarnung vorbei.

Nicht, dass ich Tom für seine Taten bewundern würde, ich finde nur, die Autorin Patricia Highsmith hat hier eine interessante Figur geschaffen. Aber nicht nur Tom auch der überhebliche Dickie und seiner Freundin, die graue Maus Marge, sind wunderbar gezeichnet. Ich habe das Buch noch mehr verschlungen als den Film. Rubi und ich geben dem Buch spannende 🐭🐭🐭🐭

Die Autorin Patricia Highsmith

Patricia Highsmith ist 1921 geboren und hat einige gute Krimis geschrieben. Unter anderem unter dem Pseudonym Claire Morgan schrieb. Sie bevorzugte es, ihren Protagonisten als einen Durchschnittsmenschen zu beschreiben, der sich dann unglaublichen Verbrechen hingab. Viele ihrer Bücher wurden als Vorlage zu spannenden Filmen adaptiert. Alfred Hitchcock verfilmte ihren 1951 ersten veröffentlichten Roman Zwei Fremde im Zug.

Die Übersetzung wurde von Melanie Walz gemacht. Sie hat einige Bücher von Highsmith übersetzt. Ein gutes Buch gewinnt nur durch eine gute Übersetzung.

 

Ripley

Der talentierte Mr Ripley

Ein Krimi von Patricia Highsmith
Übersetzt von Melanie Walz
Taschenbuch mit 400 Seiten
aus dem Diogenes Verlag
ISBN 978-3-257-24720-6

Die Tage des Wals

Es sind die Tage des Wals. Auf einer Insel vor England strandet ein Wal. Ausgerechnet auf einer walisischen Insel, die eigentlich unbewohnbar ist. Aber hier trotzen einige Menschen dem rauen Klima und der trostlosen, wenn auch schönen Vegetation. Schon seit langer Zeit leben sie hier und haben sich mit dem unwirtlichen Leben abgefunden. Na ja, nicht alle finden sich damit ab. Denn die jungen Menschen zieht es immer wieder auf das Festland, wenn sie selber so weit sind, eine Familie zu gründen. Dieser Roman spielt auf einer fiktiven Insel, könnte aber auf einer der realen walisischen Inseln entstanden sein.

Die Tage des Wals

Es ist nicht gut, wenn ein Wal auf einer der Inseln strandet. Das ist ein schlechtes Omen! Die Dorfbewohner glauben sehr, an das, was vorhergesagt wird. Es ist das Jahr 1938, die Menschen auf der Insel leben in einfachen Häusern, sie sind ordentlich gekleidet, aber haben keinen Zwang sich einer Mode zu unterziehen. Die Frauen werden mit spätestens 18 Jahren verheiratet, sollte ein passender Junge gerade greifbar sein. Dabei spielt Liebe keine Rolle. Wenn sie Glück haben, dann verschont das Meer ihren Angetrauten und sie sind nicht schon mit 25 Witwe, mit mehreren Kindern. Die Menschen dort leben vom Fischfang, nehmen den brütenden Vögeln die Eier aus den Nestern und halten sich Schafe und Ziegen. Manchmal auf eine Kuh, aber die Tiere müssen wie die Menschen einiges aushalten.  Die Insulaner fahren manchmal mit ihren Ruderbooten, wenn das Meer es zulässt, auf das Festland. Aber von der Welt bekommen sie nur einen Bruchteil mit.

Es sind die Tage des Wals, als diese kleine Geschichte spielt. Die 18-jährige Manod kümmert sich um ihren Tad (Vater) und ihre sechs Jahre jüngere Schwester. Manod ist Näherin und stickt hübsche Motive auf ihre Arbeiten. Sie versucht ihrer kleinen Schwester Englisch beizubringen, aber diese möchte nur walisisch sprechen, wozu soll sie das lernen, sie die Insel ohnehin nie verlassen. Und wenn Fremde kommen, sollen die doch walisisch sprechen. Als der Wal strandet, kommen zwei Engländer auf die Insel und haben plötzlich großes Interesse an dem Leben dort. Die Frau umgarnt Manod und die junge Frau wird als Übersetzerin eingestellt. Manod hegt den Wunsch aufs Festland zu gehen und dem einfachen und rauen Leben zu entfliehen, schöne Kleider und bunten Lippenstift zu tragen. Sie würde gerne wie die Engländerin in Cambridge studieren. „Das können dort die Frauen!“

„Es ist schwer zu beurteilen, wie es zugeht auf der Welt“ sagte ich. „Wenn man hier so weit weg davon ist“

Seite 169

Der Roman

Man muss sich auf den Text einlassen. Die Kapitel sind nicht lang und doch muss man immer wieder innehalten, das Geschriebene nachwirken lassen. Mich hat es fasziniert, wie gut die Übersetzerin das Buch zu einem Vergnügen gemacht hat, denn ich kann mir vorstellen, dass es bestimmt nicht einfach war, die „Wortbilder“ zu übersetzen:

„Bis zum Morgen war er auf den Strand gespült worden und lag ordentlich da. Vögel sammelten sich über ihm. Die Flut schwemmte das Wasser in breiten flachen Spiegeln über den Sand, durchbrochen von schmalen Pfaden. Die Wellen schwappten um den Wal herum und wieder hinaus, wie eine Membran um ihre zarte Mitte.“

Seite 11

Manod ist eine spröde Protagonistin, vielleicht genauso abweisend wie die Inseln. Aber wenn man hinter die Fassade schaut, findet man eine sensible junge Frau, die sich nicht mit dem abfinden möchte, was ihr vorherbestimmt wurde. Die beiden Menschen vom Festland sind eine Verheißung und Manod träumt von einem anderen, besseren Leben.

Es ist mal wieder ein Roman, den man zum richtigen Zeitpunkt lesen muss. Ein Buch, das man nicht einfach zur Entspannung in die Hand nimmt, sondern sich darauf einlassen muss. Ich hatte das Glück, den richtigen Moment abgepasst zu haben. Der Wal im Titel war für mich ein Sinnbild für die Inselbewohner. Gestrandet, am Ausdünnen, ausgeschlachtet und vergessen. Das Beste wird aufs Festland verbracht, der Rest kann am Strand vergammeln. Nein, der Wal hat in diesem Roman keine Hauptrolle.

„Die Tage des Wals“ hat für uns 🐭🐭🐭🐭🐭 verdient. Ich werde dieses Buch noch ein- oder zweimal lesen, um alle Zwischentöne zu finden.

 

Die Tage des Wals

von Elizabeth O’Connor 
vom Blessing Verlag
übersetzt aus dem Englischen von Astrid Finke
Originaltitel: Whale Fall
224 Seiten
ISBN: 978-3-89667-753-2

Das verborgene Genie

Das verborgene Genie, das ist der passende Titel zu einer Biografie, von einer Frau, die man kaum erwähnt hat, als es darum ging, die DNA zu entschlüsseln. Männer haben sich die Lorbeeren, beziehungsweise den Nobelpreis, unter den Nagel gerissen. Männer, die sich die Arbeit einer tollen Frau zunutze gemacht haben. In dem Roman Das verborgene Genie geht es um Rosalind Franklin.

Das verborgene Genie

Rosalind Franklin ist eine abweisend wirkende Frau. Aber sie trägt ihr Herz auf der Zunge, was häufig dazu führt, dass sie verletzend wirkt, weil ihr Sätze über die Lippen kommen, die nicht durchdacht sind. Sie hat schon bei ihrer Nanny gelernt, erst einmal kurz durchzuatmen, bevor sie antwortet. Klappt nicht immer.  Doch wenn sie mit ihren Freunden zusammen ist, dann ist sie liebenswert und offen. Sie lacht gerne und mag es auch, sich hübsch anzuziehen. Sie wandert gerne und erklimmt die höchsten Gipfel, noch vor den Anderen. Dabei reicht sie ihren Begleitern aber auch gerne die Hand, um sie zu sich auf den Gipfel zu ziehen. Das passt zu ihr, denn sie ist ehrgeizig! Im Labor ist sie eine „graue Maus“, da wird eine weiße Bluse und ein dunkler Rock getragen.

Rosalind ist noch sehr jung, als sie, nach ihrem Studium in Cambridge, bei dem sie sich auf Kristallografie und die physikalische Chemie spezialisiert hat, nach Paris geht, um dort an einem renommierten Labor, dem „Laboratoire Central des Services Chimiques de L’Etat“, mit Jacques Mering zusammenzuarbeiten. Ein Wissenschaftler, der Zeitlebens der einzige Mann sein wird, den Rosalind anhimmelt. Doch dieser ist verheirate. Rosalind ist in Paris sozial gut eingebunden und es sind sehr produktive Jahre.
Doch irgendwann beugt sie sich dem Wunsch ihres Vaters und kommt nach England zurück. Am Kings College ist sie eine der wenigen Wissenschaftlerinnen.  Eigentlich auch kein Wunder, 1947 sind Frauen noch weniger in der Wissenschaft vertreten, als heute. In den Labors des Kings trifft sie aus die Wissenschaftler Maurice Wilkins, Francis Crick und James Watson, die ihre Arbeiten kopieren und sogar Rosalind ausspionieren, um sich am Ende den Nobelpreis zu sichern. Natürlich, ohne dass Rosalind davon etwas abbekommt. Sie wird von den Männern immer wieder gehänselt, verspottet und ausgenutzt. Abfällig nennen die Männer sie Rosy, ein Name, den Rosalind überhaupt nicht mag. Dabei ist sie es, die die maßgeblichen Untersuchungen an der DNA macht.

Wissenschaft und Emotionen

Der Roman ist aus der Sicht Rosalind geschrieben. Und genauso wie Rosalind den Menschen in ihrem Umfeld gegenübertritt, ist der Text recht trocken, wissenschaftlich und mit wenigen Emotionen geschrieben. Das macht es ja auch aus, was die Wissenschaftlerin darstellt. Sie ist in sich gekehrt, fokussiert und sozial gehemmt. Sie mag niemanden in den Arm nehmen, gesteht sich eine Liebe zu Jacques Mering kaum ein und als sie auch noch entdeckt, dass sie nicht die einzige Frau im Leben des Wissenschaftlers ist, verschließt sie sich um so mehr. Rosalind fühlt sich schnell angegriffen und wittert immer und überall Intrigen. Das kommt in dem Text sehr gut rüber. Die Arbeiten in dem Labor sind ebenfalls gut beschrieben, dass man es als Leser recht gut begreift, was sie da macht. Recht spannend und doch hart an der Grenze zur Langeweile. Wenn Rosalind nicht so eine tolle Figur wäre … Mir hat das Buch gut gefallen und hat es mir ermöglicht, einen Blick auf diese erstaunliche Wissenschaftlerin, das verborgene Genie zu werfen. Schade, dass Rosalind Franklin schon mit 38 Jahren gestorben ist.

Der Roman war interessant und aufschlussreich. Ich hatte großen Spaß, das kurze Leben der Wissenschaftlerin zu begleiten und vieles dazuzulernen. Das hat mindestens 🐭🐭🐭🐭 verdient, finden Rubi und ich.

Das verborgene Genie

Ein Roman von Marie Benedict
Übersetzt von Kristin Lohmann
352 Seiten
aus dem Kiepenheuer & Witsch Verlag