von Andrea Karminrot | Apr. 2, 2021 | Nachdenklich, Roman |
Das Leben ist zu kurz für irgendwann, das muss auch die irische Terry feststellen. Als sie ihre beste Freundin Iris besuchen möchte, findet sie das Haus aufgeräumt und verlassen vor. Sehr seltsam, weil doch Iris nicht zu den besonders ordentlichen Menschen gehört. Und dann findet sie im Arbeitszimmer zwei Umschläge. Einen an sie selber adressiert und einen an Iris Mutter. Sie reißt den Umschlag auf und findet eine Art Abschiedsbrief. Herrjeh, was hatte denn nur ihre Freundin vor? Aus Versehen leuchtete dann der Laptop auf und Terry erkannte, dass ihre Freundin heute mit der Fähre nach London übersetzen wollte. Terry ist fest entschlossen Iris von ihrem Vorhaben abzubringen. Sie fährt so schnell sie kann in den Hafen, um ihre Freundin dort abzufangen. Mit im Auto sitzt der demente Vater von Terry, den sie kurz bevor sie Iris besuchen wollte aus dem Pflegeheim abgeholt hatte.

Iris hat MS. Eine schleichende Krankheit, die ihr jeden Lebenskomfort so nach und nach abspricht. Vor einem Jahr noch, konnte sie ohne Hilfe laufen. Heute geht sie mühsam an Krücken. Iris weiß was sie noch erwarten wird und so will sie dem Ganzen ein Ende machen, bevor sie hilflos zur Last wird. Sie hat sich dazu entschlossen, in die Schweiz zu reisen und sich dort das Leben zu nehmen.
Terry ist eine pedantische Person. Iris und sie sind seit einigen Jahren dicke Freundinnen und könnten nicht unterschiedlicher sein. Während Iris das Leben liebt und es in vollen Zügen genießt, ist Terry ständig damit beschäftigt sich Gedanken um die Folgen jedes Handgriffes zu machen. Selbst wenn sie sich Kleidung kauft, überlegt sie wie sie die am Ende waschen und bügeln muss. Immer macht sie sich um ihre erwachsenen Töchter Gedanken und ihr Leben ist absolut durchorganisiert. Im Grunde lebt sie freudlos vor sich hin ohne es zu merken. Auch die Beziehung zu ihrem Mann scheint in einer Sackgasse zu stecken

Iris lässt sich dazu überreden, dass sie ihre Freundin Terry nebst dem dementen Vater bis zur Schweizer Grenze begleiten dürfen. Aber nur bis dahin und über ihr Vorhaben wird nicht geredet. Die Reise wird zu einer persönlichen Entdeckung für Terry. Sie lernt das Leben zu genießen. Sie reflektiert sich, verändert sich mit jedem Kilometer, den die Drei sich der Schweizer Grenze nähern.
Mein Eindruck
Ich habe das Buch innerhalb kurzer Zeit verschlungen. Das lag wohl einerseits daran, dass der Text keine großen Ansprüche stellt. Der Roman liest sich so herrlich schnell und unterhaltend. Ist an vielen Stellen sehr lustig und doch immer wieder sehr tiefgründig.
Was aber noch mehr überzeugt hat, war das Thema. Eine Frau die schwer genug erkrankt ist und sich zum Suizid entschließt. Eine wirklich mutige Entscheidung, die immer noch nicht gut geheißen wird. Aber wer will schon vor sich hin vegetieren, abhängig von dem Goodwill der Pflegenden. So lange man sich noch entscheiden kann und es äußern kann, sollte es doch jedem offen stehen! Daneben die Gefühle der Freundin, die mit ansehen muss, wie eben diese in den Tod gehen will. Als liebender Mensch daneben zu stehen und Händchen zu halten, während man doch noch den so agilen Körper der Person wahrnimmt. Schwer los zu lassen und Abschied in Frieden zu nehmen.

Ein Roman von Ciara Geraghty
Übersetzt von Sibylle Schmidt
ISBN: 9783442315550
384 Seiten
Goldmann Verlag
Ein anderes Buch vom Leben und dem Tog ist Lebensgeister von Banana Yoshimoto
von Andrea Karminrot | März 24, 2021 | Jugendbuch, Rezension, Roman |
Kronsnest. Auf einem kleinen Bauerngut direkt am Deich, an den Elbmarschen, lebt der 15 Jährige Hannes. Nie kann er es seinem Vater recht machen, der immer wieder Gewaltausbrüche hat und wenn der Junge mal etwas gut gemacht hat, schweigt. Die Mutter schaut weg und schweigt ebenfalls, verzieht sich lieber in ihre Welt der Bücher.

Hannes ist ein Träumer. Er schaut den Wolken nach und denkt sich Geschichten aus. Er träumt sich an den Abendbrottisch seines besten Freundes Thies und nimmt an dessen regen Familienleben teil. Hannes schafft es auch in seinen Träumen die leidigen und nervenden Klassenkameraden zu bekämpfen. Doch in der Wirklichkeit ist es dann doch anders und er muss Schlamm fressen oder Prügel einstecken.
Es sind die Jahre zwischen den Weltkriegen. Der Vater war Soldat in Flandern. Was er da wohl erlebt hat? Und dann taucht auch noch ein neuer Lehrer auf. Aus der Nähe von Königsberg, mit dem selben leeren Blick wie der Vater. Doch der ist anders als erwartet. Gibt dem Jungen Bücher.
Und dann ist da noch Mara. Die Tochter von dem ehemaligen Kaufmann Heesen, der sich mit dem Hof seines Bruders herumschlägt. Immer wieder muss Hannes an das Mädchen denken.
Hannes Mutter versucht immer wieder die Wogen zwischen ihren Männern zu schlichten. Aber wie es eben mit Jungen in der Pubertät schon seit Jahrhunderten so ist, sie sind merkwürdig. Einerseits möchten sie noch in die Arme der Mutter flüchten und gleichzeitig ihren Mann stehen!

Kronsnest, mein Eindruck:
Der Autor erzählt eine ziemlich unaufgeregte Geschichte. Ohne Schnörkel und unkompliziert begleitet man Hannes in seinen Flegeljahren durch eine Zeit, die damals bestimmt nicht so lustig war. Immerhin kam kaum ein Vater ohne Schaden, sichtbar oder unsichtbar, aus dem ersten Weltkrieg zurück. Auch beginnen gerade die Nazis sich immer mehr auszubreiten, denn auch den Bauern so hoch im Norden, ging es nicht so gut. Die großen Höfe in Ostpreußen bekamen Zuschüsse, während die Kleinen im alten Land knapsen mussten.
Der Roman liest sich so schnell und angenehm, dass es eine wahre Wonne ist. Obwohl die Geschichte an sich eine schwere Zeit beleuchtet. Er stellt keine großen Herausforderungen aber es liest sich einfach sehr angenehm und unterhaltend. Dabei ist Hannes selber ein absolut wortkarger Typ!
von Andrea Karminrot | März 15, 2021 | Nachdenklich, Roman |
Bernardine Evaristo ist die erste schwarze Frau die den Booker Prize in seiner 50 Jährigen Geschichte gewonnen hat.. Als ich dann auch noch den Klappentext gelesen habe, musste ich dieses Buch einfach haben und lesen. Da waren meine Erwartungen sehr hoch

Mädchen, Frau etc.
Bernardine Evaristo schreibt dabei recht seltsam. Ihre Texte enden nicht mit einem Punkt. Nur am Ende eines Kapitels findet man einen. Anfangs fand ich es recht verwirrend, aber schnell überliest man es einfach, denn die Texte sind einfach sehr flott geschrieben. Man wird mit Feminismus, Diskriminierung, Sexismus und Rassismus konfrontiert. Ich habe am Anfang gar nicht gemerkt, dass ich von einer schwarzen Frau gelesen habe. Das wurde mir erst später klar. Dabei habe ich mich selbst dabei ertappt, wie sehr ich doch in Schubladen denke. Selber Weiß, kann ich mich bestimmt nicht in die Frauen hineindenken, die mit einer anderen Hautfarbe in der weißen Gesellschaft lebt. Doch Bernardine Evaristo bringt es mir bei und zeigt dabei sehr viel ihrer Protagonistinnen.
Ihre zwölf Frauen lassen den Leser in ihre Welt blicken. Ihre Herkunft, ihre Wut und Liebe, ihren Lebenswandel. Jede Einzelne hat mich irgendwie in ihren Bann gezogen.
Es wird kein Blatt vor den Mund genommen, denn sie zeigen ihre Gefühle und breiten auch ihr Sexleben vor dem Leser aus. Es geht dabei aber mehr darum zu zeigen, wie bunt die Welt eigentlich ist. Nicht zu (ver-)urteilen, bevor man die ganze Geschichte kennt. Nicht jede Frau ist die schöne, selbstständige Geschäftsfrau, die ihren „Mann“ steht. Evaristo beschreibt auch die Frau, die sich ihrer Geliebten beugt, sich abhängig macht, genauso wie das Findelkind, das sich seinen Platz in der Gesellschaft erkämpfen muss.
Oftmals sind Evaristos Figuren maßlos überzeichnet, was irgendwie wieder bezaubernd ist.

12 Geschichten
Bernardine Evaristo stellt 12 Frauen/Mädchen in ihrem Buch vor. Dabei sind alle Geschichten irgendwie miteinander verbunden. Sie schieben sich ineinander, wie ihre Texte ohne Punkte. Den Anfang macht Amma, eine frauenverschlingende Frau der 60er Jahre. Sie ist eine fast wütende Person, die ständig gegen alles und jeden meckert und protestiert. Sie geht mit ihrer besten Freundin Dominique zu Theaterpremieren und weiß schon im Vorfeld, dass sie auf den oberen Rängen Bambule machen wird.
Selber versucht sie sich an Theateraufführungen und seltenst hat sie dabei Erfolg. Doch am Ende des Buches hat sie ihren Durchbruch. Eine Premiere, bei der die meisten der Frauen, die Evaristo beschreibt wieder zusammen kommen und das gute Theaterstück hoch loben oder zerreißen.
Ihre Tochter Yazz ist ein typisches Mädchen der 1990er Jahre. Offen für alles und stets bemüht über Hautfarbe, Religion oder sexistischen Neigungen hinweg zu sehen. Ständig die Umwelt im Auge und den neusten Trends folgend. Sie zieht möglichst aus allem den größten Nutzen.
Die beste Freundin Ammas, Dominique, macht ganz andere Erfahrungen, als sie auf ihre Frau trifft. Eine vegane, radikale, drogenunabhängige, radikalfeministische Lesbe. Nzinga ist unglaublich schön in den Augen Dominiques. Allerdings auch genauso einnehmend. Diese Erfahrung muss Dominique machen.
Aber auch die Geschichte von Megan ist anrührend. Sie wird von ihren Eltern von klein auf in die Mädchenrolle gedrängt. Sie muss mit Barbiepuppen spielen und wenn sie die unsäglichen Puppen versteckt, zerrt die Mutter sie wieder hervor. Megan begreift irgendwann, dass sie eigentlich in dem falschen Körper steckt. Aber sie begreift sich auch nicht als Mann. Es ist irgendetwas dazwischen. Sie lehnt sich auf und findet über einen Chatroom im Netz eine passende Gefährtin und ein Leben, dass zu ihr passt.
Zwölf Geschichten die berühren, die manchmal zum schmunzeln anregen. Aber was ihnen allen eigen ist, ist wach zu machen. Besser hin zu schauen und anzunehmen!
Dieses Buch hatte ich schon in meinen FebruarBüchern vorgesehen.
Die Autorin

Bernardine Evaristo wurde 1959 als viertes von acht Kindern in London geboren.
Sie ist Professorin für Kreatives Schreiben an der Brunel University London und stellvertretende Vorsitzende der Royal Society of Literature. Für ihren Roman Mädchen, Frau etc. wurde sie als erste schwarze Schriftstellerin 2019 mit dem Booker-Preis ausgezeichnet. (von der Verlagsseite)
Ein Roman von Bernardine Evaristo
ISBN 9783608504842
512 Seiten
Aus dem Tropen-Verlag
von Andrea Karminrot | März 1, 2021 | Buch des Monats, Linkparty |
Einen guten Krimi habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Dabei hatte ich mir im Dezember schon einen, nein sogar zwei Krimis vorgenommen.

Die letzten beiden Volker Kutscher Bücher, Marlow und Olympia, stehen nun wieder auf meinem Plan. Was macht für mich eigentlich einen guten Krimi aus? Ich mag es nicht, wenn es zu blutrünstig zugeht. Für mich muss es auch überschaubar bleiben. Meistens sind es die Krimis, in denen ich schon den Täter kenne. Oder aber dem/der Kommissar/in über die Schulter schauen kann. Nicht selber denken, mitschwimmen, ist meine Devise. Ich bin gespannt, was mich bei den Kutscher Büchern erwartet.
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Berlin, Sommer 1936.
Inmitten der Olympiabegeisterung muss Gereon Rath verdeckt einen Todesfall im olympischen Dorf aufklären. Die Machthaber befürchten, dass Kommunisten die Spiele sabotieren. Rath hat seine Zweifel und ermittelt eher lustlos, zumal er private Probleme hat: Er ist Gastgeber amerikanischer Olympiatouristen und seine Ehefrau Charly hat die gemeinsame Wohnung unter Protest verlassen. Dann findet er im olympischen Dorf einen Mitarbeiter mit kommunistischer Vergangenheit, der auch am Tatort war. Während der Verdächtige brutalen Verhören der SS ausgesetzt ist, geschieht ein zweiter Mord. Rath ermittelt fieberhaft, um weitere Todesfälle zu verhindern und ahnt nicht, dass sein eigenes Todesurteil längst gefällt ist. Spannung pur!
Gute Rezensionen
Eine gute Rezension von Olympia ist hier bei LiteraturReich schon mal zu lesen. Nun bin ich nur noch gespannter. Mir haben die Filme nach der Krimivorlage nicht wirklich gefallen. Die Bücher sind um Längen besser!
Berlin, Spätsommer 1935. In der Familie Rath geht jeder seiner Wege. Pflegesohn Fritz marschiert mit der HJ zum Nürnberger Reichsparteitag, Charly schlägt sich als Anwaltsgehilfin und Privatdetektivin durch, während sich Gereon Rath, mittlerweile zum Oberkommissar befördert, mit den Todesfällen befassen muss, die sonst niemand haben will. Ein tödlicher Verkehrsunfall weckt seinen Jagdinstinkt, obwohl seine Vorgesetzten ihm den Fall entziehen und ihn in eine andere Abteilung versetzen.
Es geht um Hermann Göring, der erpresst werden soll, um geheime Akten, Morphium und schmutzige Politik. Und um Charlys Lebenstrauma, den Tod ihres Vaters. Und um den Mann, mit dem Rath nie wieder etwas zu tun haben wollte: den Unterweltkönig Johann Marlow.
Fast vergessen
Fast vergessen hatte ich, dass ich mal vor langer Zeit den Kriminalroman von Joël Dicker Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert lesen wollte. Aber immer wieder schob es sich nach hinten. Dabei kribbelt mich schon das neue Buch von dem Autor Das Geheimnis von Zimmer 622.
Es ist der Aufmacher jeder Nachrichtensendung. Im Garten des hochangesehenen Schriftstellers Harry Quebert wurde eine Leiche entdeckt. Und in einer Ledertasche direkt daneben: das Originalmanuskript des Romans, mit dem er berühmt wurde. Als sich herausstellt, dass es sich bei der Leiche um die sterblichen Überreste der vor 33 Jahren verschollenen Nola handelt und Quebert auch noch zugibt, ein Verhältnis mit ihr gehabt zu haben, ist der Skandal perfekt. Quebert wird verhaftet und des Mordes angeklagt. Der einzige, der noch zu ihm hält, ist sein ehemaliger Schüler und Freund Marcus Goldman, inzwischen selbst ein erfolgreicher Schriftsteller. Überzeugt von der Unschuld seines Mentors – und auf der Suche nach einer Inspiration für seinen nächsten Roman – fährt Goldman nach Aurora und beginnt auf eigene Faust im Fall Nola zu ermitteln …
Der neue Krimi
Das Geheimnis von Zimmer 622 steht bei mir noch nicht im Regal. Ich weiß auch noch nicht, ob ich es mir holen werde. Die Drei Bücher sollten eigentlich für meinen März reichen. Zuviel lesen kann man zwar nie, aber ich befürchte da kommt mir wieder etwas dazwischen. Bücher sind so unberechenbar. Sie lungern in dunklen Ecken und fallen einem einfach so in die Hände.
Eine dunkle Nacht im Dezember, ein Mord im vornehmen Hotel Palace de Verbier in den Schweizer Alpen. Doch der Fall wird nie aufgeklärt. – Einige Jahre später verbringt der bekannte Schriftsteller Joël Dicker seine Ferien im Palace. Während er die charmante Scarlett Leonas kennen lernt und sich mit ihr über die Kunst des Schreibens unterhält, ahnt er nicht, dass sie beide in den ungelösten Mordfall hineingezogen werden. Was geschah damals in Zimmer 622, das es offiziell gar nicht gibt in diesem Hotel …
Mit der Präzision eines Schweizer Uhrmachers legt Joël Dicker die Spuren zu einer Dreiecksgeschichte aus Machtspielen, Eifersucht und Verrat in den vornehmsten Kreisen der Gesellschaft.
Hast du dir auch schon ein paar Bücher vorgenommen? Mein Plan vom Februar ist nur bedingt aufgegangen. Auf meinem Ebookreader lese ich gerade noch Mädchen Frauen und etc von Bernadine Evaristo. Das letzte Buch werde ich wohl nicht mehr im März anfangen. Somit ist mein Plan bei der Zitronenfalterin im Februar mein Jahresprojekt, alle Seiten zu lesen, nicht aufgegangen. Aber vielleicht klappt es im März. Immerhin sind es 1808 Krimi-Seiten.
von Andrea Karminrot | Feb. 25, 2021 | Rezension |
…Abendlicht, blaues Kleid
Das ist die Beschreibung eines Bildes. Junge Frau am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid ein Bild von Vermeer.

Hannah besucht ihre Großmutter regelmäßig jeden Dienstag in ihrem Berliner Pflegeheim. Die alte Dame freut sich immer über den Besuch. Eine Abwechslung in dem „langweiligen“ Heimalltag. Evelyn, die Großmutter, ist ziemlich eigensinnig und verschlossen. Sie ist es gewohnt, dass man sie als Frau Doktor anredet und macht, was sie sagt.
Kurz bevor Hannah ihre Großmutter wieder verlassen will, sieht sie einen Brief auf dem Tischchen liegen. Der Brief ist von einer Kanzlei in Tel Aviv, die sich mit Restitutionsverfahren auskennt. Evelyn scheint die einzige Erbin eines verschollenen und konfiszierten Kunstvermögens zu sein. Aber Hannahs Oma Evelyn möchte davon nichts wissen. Sie redet nicht über ihre Familie. Hannah will aber mehr erfahren.

Alena Schröder, die Autorin schreibt ihren gut recherchierten Roman in verschiedenen Zeitebenen. Ihre Protagonisten kommen einzeln zu Wort und so setzt sich nach und nach eine perfekte Geschichte zusammen. Im Grunde beginnt der Roman im Jahre 1926 in Rostock, als Senta, Hannahs Urgroßmutter glaubte, sich in den Flieger Ullrich zu verlieben und ihre Tochter Evelyn aus dieser Beziehung entstand.
Junge Frau, keine gute Mutter
Senta ist keine gute Mutter, sie versucht es, doch immer wieder scheitert sie an den einfachsten Dingen. Ullrich erwartet eine perfekte Mutter und Hausfrau. Doch Senta wird immer unglücklicher. Dabei hat sie alles von ihrer eigenen Mutter gelernt. Eine Familie hatte Senta nie im Sinn. Sie wollte immer nur mit ihrer allerliebsten Freundin Lotte nach Berlin auswandern. Die Frauen hatten vor, sich in der lauten, unternehmungslustigen, alles verschlingende Stadt, ein Leben aufzubauen.
Am Ende bekommt sie die Scheidung von ihrem Mann und verlässt ihre Tochter und geht nach Berlin. Das Schicksal will es, dass Senta sich dort in den jüdischen Journalisten Julius Goldmann verliebt.

So spinnt die Autorin ihre Bögen und nimmt den Leser mit. Mich hat das Buch ziemlich schnell eingefangen und ich mochte es kaum noch aus den Händen legen. Ich habe einige interessante Dinge über die Suche nach verlorenen Kunstgegenständen aus der Nazizeit erfahren. Die Schreibweise der Autorin ist leicht und flüssig.
Eine Familiengeschichte die mich wirklich abgeholt und mitgenommen hat!

Die Autorin
Artikel, Kolumnen und Bücher: Alena Schröder, Jahrgang 1979, ist eine deutsche Schriftstellerin, Kolumnistin und Journalistin. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie unter anderem als Redakteurin für Brigitte und als freie Journalistin für Brigitte Woman, das SZ-Magazin und die Zeit.
Heute ist sie darüber hinaus die regelmäßige Autorin ihrer Kolumne „Nackte Zahlen“ im SZ-Magazin. Ihr Debüt als Autorin gab sie mit ihrem Roman „Wir sind bedient“.
Verlag dtv Allgemeine Belletristik
368 Seiten
ISBN 978-3-423-28273-4