von Andrea Karminrot | Feb 4, 2016 | Regionales, Rezension, Roman |
Eiskalt sind die Hände, die Gedanken, das Haus…
Das ist Vera, in dem alten Haus am Deich, an der Elbe, in dem Alten Land. Als Kind kam sie als Flüchtling mit ihrer Mutter aus Masuren. Flüchtlingspack, wurden sie genannt. Veras Mutter hatte sich in das alte Haus gesetzt und der alten Ida Eckhoff, der Besitzerin des Hofes, erst den heimgekehrten Sohn abspenstig gemacht und dann, nachdem die Alte sich das Leben genommen hatte, dem Stiefvater das Kind überlassen, um sich selber nach Hamburg abzusetzen und ein neues Leben zu beginnen. Mit einem neuen Mann und Kind. Eiskalt lies sie ihr erstgeborenes Kind Vera bei dem Mann zurück, der nie schlafen konnte, weil ihn der Krieg stets einzuholen drohte. Vera wird nie heimig in diesem Gemäuer, es knarzt, stöhnt, spricht mit ihr. Sie ist wie Moos, das haftet und keine Wurzeln schlägt. Aber weg kann sie auch nicht. Im Dorf dreht man schon nicht mehr den Kopf, wenn Vera auf ihren Trakehnern über die geharkten Wege prescht. Man ist es nicht anders gewöhnt. Und dann taucht auch noch die Tochter ihrer viel jüngeren Schwester auf, wieder ein Flüchtling. Auf der Flucht mit ihrem Sohn, vor dem Mann der sie betrogen hat. Auf der Flucht vor ihrer Mutter, die ebenso eiskalt ist wie die Hände ihrer großen Schwester in dem kalten Haus am Deich. Sie sind einsam, die Frauen, die in diesem Haus leben und lebten.
Wir treffen in diesem Buch Menschen, die im Alten Land groß geworden sind, die in Plattdeutsch ihre Weisheiten von sich geben. Wir erhalten einen Einblick in ein Leben mit den naiven Großstadtflüchtlingen, die sich im alten Land einen Hof gekauft und diesen hergerichtet haben. Lesen von Frauen, die eiskalte Mütter hatten und selbst eiskalt sind, wenn es um ihre Töchter geht.
“Anne hörte sie poltern und musste an ihre Mutter denken, die es genauso machte: Das Gesicht verriegeln, kein Wort sagen, lieber die Dinge schreien lassen”
Einsam ist es dort am Deich. Aber manchmal gibt es auch einen winzigen Sonnenstrahl. Manchmal wird einem eine Hand gereicht und manchmal wird aus einem Maulfaulen ein guter Freund. Die Töchter sind auf der Suche nach den Müttern und deren Leben, von dem die Töchter keine Ahnung haben.
“Was wussten Töchter denn von ihren Müttern, sie wussten nichts.”
Der eigentliche Mittelpunkt ist das Haus. „Dit Huus is mien un doch nich mien, de no mi kummt, nennt’t ook noch sien“ So steht es über der großen Eingangstür eingeschnitzt. Das alte Fachwerk steht da schon seit Jahrhunderten. Es zerfällt langsam, wie die Landbevölkerung, die einsam auf ihren eigenen Höfen auf Familie und Anschluss hofft. Es hat ein eigenes Leben und könnte es eine Geschichte erzählen, wäre es wohl diese hier gewesen. Die Frauen in diesem Buch sind trotz Nackenschlägen stark, sie leben ein unabhängiges Leben und stehen mit beiden Füßen fest auf der satten Muttererde des Alten Land. Dörte Hansen hat ein tolles Bild von ihren Figuren gezeichnet. Kurz und knapp, witzig und knorrig. Der Roman wird aus der Sicht von verschiedenen Personen erzählt und bringt dadurch ein besonders Leben in die Geschichte. Ich fand es schade, als ich auf der letzten Seite angekommen bin. Ich kann es nur empfehlen.
Gebundenes Buch, 288 Seiten
Erschienen: 16.02.2015
ISBN: 978-3-8135-0647-1
von Andrea Karminrot | Jan 29, 2016 | Rezension, Roman |
Im Westen Indiens, in einem kleinen Dorf, wächst Anil als das Älteste, von fünf Kindern auf. Er wird in der Schule wegen seines Stottern gehänselt und hat keine Freunde. Nur ein Mädchen, aus der ärmeren Nachbarschaft, Leena, hält zu ihm. Anil lernt schnell und ist intelligent. Er hilft Leena in der Schule besser mitzukommen. Die beiden Kinder verbindet eine besondere Freundschaft. Nachdem Anil die Schule beendet hat, darf er Medizin studieren und als Assistenzarzt nach Dallas, in Amerika. Er arbeitet dort sehr hart und versucht sich in das fremde Leben einzugliedern.
Leena, wird von ihren Eltern, der Sitte nach, mit einem Mann verheiratet, der eine beträchtliche Mitgift für die Hochzeit erhält. So hat sich Leena ihr Leben nicht vorgestellt, denn sie muss schwer im Haushalt ihres Mannes arbeiten und erfährt nur Ungerechtigkeiten und niemals Lob. Als es zu erheblichen Handgreiflichkeiten kommt, läuft sie weg….
Indien ist ein Land voller Brauchtümer. Alte Sitten bestimmen nach wie vor das Leben dort. Anli und Leena stecken in diesen Riten fest und nur weil Anil nach Amerika ging, kann er sich daraus befreien, ist aber weder hier noch dort zu Hause. Der Vater hat ihn zum Schiedsmann seines Dorfes bestimmt, eine Aufgabe die der junge gestresste Arzt sich gerne widmen möchte. Außerdem möchte er ein guter Arzt werden und arbeitet Tag und Nacht. Er hat es nicht leicht, sich in dem riesigen Krankenhaus in Dallas durchzusetzen und weiter zu kommen.
Leena möchte es ihren Eltern recht machen und gibt sich große Mühe in dieser verzwickten Ehe. Auch sie ist zwischen ihrem eigenen Wohlergehen und dem Leben, das sich die Eltern für sie vorgestellt und arrangiert haben, zerrissen. Sie möchte eine gute Tochter sein und den Eltern keine Schande machen.
Shilpi Somaya Gowda wechselt in ihrer Geschichte immer wieder zwischen dem Leben Leenas und Anils hin und her. Ich habe dieses Buch verschlungen und konnte es kaum aus der Hand legen. Es ist flott geschrieben und langweilige Szenen habe ich keine gefunden. Ab und zu, fand ich die Situationen etwas überzogen. Und das Ende kam ziemlich abrupt. Sie beschreibt die Situationen der Protagonisten neutral und lässt Raum zum nachdenken, den man auch unbedingt braucht.
Seite 203: …”Ich habe mir solche Mühe gegeben…und trotzdem… Ich habe alle enttäuscht. Meine Eltern, meinen Mann, meine Schwiegereltern. Ich kann doch nie wieder mein Gesicht zeigen. Was sollen die Leute von mir denken?” …
Indien ist vielfältig in seinen Bräuchen, Menschen und Regionen. Gelernt habe ich, dass in Gujarat, wo diese Geschichte spielt, nur vegetarisch gegessen wird (große Ausnahme ist Huhn), wie man einen guten Chai kocht und welche Gepflogenheiten gewahrt werden, wenn der Schiedsmann die Streitigkeiten der Dorfgemeinschaft schlichtet. Anils Leben in Amerika macht deutlich, unter welchem Druck dort die angehenden Ärzte stehen. Und, dass Amerika nicht unbedingt besser als Indien ist.
Der Goldene Sohn, ist das zweite Buch, das
Shilpi Somaya Gowda geschrieben hat. Ihr Erstes war “Geheime Tochter”. Ebenfalls ein Roman, der zwischen Indien und Amerika spielt. Dieser Roman war schon ein Erfolg und wurde in 20 Sprachen übersetzt. Ich zweifle nicht, dass “Der goldene Sohn” ebenso ein Erfolg wird.
Verlag : Kiepenheuer & Witsch
ISBN: 9783462047745
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von Andrea Karminrot | Jan 24, 2016 | Rezension, Roman |
Alice Greenway zeigt uns in ihrem Roman einen Mann der griesgrämiger nicht sein könnte. Jeder der Jim zu Nahe kommt, wird von ihm “verbissen” und angeknurrt. Nur wenige Menschen haben etwas Zugang zu dem ehemaligen Ornithologen und Soldaten. Er hat sich in Maine, in seinem alten Sommerhaus aus Kindertagen, einen Rückzugsort geschaffen. Abgeschnitten von allem, versorgt durch einen alten Freund und dessen Tochter. Jim macht seinen Sohn Fergus dafür verantwortlich, dass ihm das halbe Bein abgenommen wurde und ertränkt seine Gedanken und Erinnerungen mit Gin und Whisky. Aber es ist nicht nur der Ärger über das Bein, das den belesenen Mann so wütend macht. Die Erinnerungen aus Kindertagen (1917) und dem Pazifik Krieg 1943 machen dem Alten zu schaffen, als eine junge Frau 1973 bei ihm einzieht. Cadillac ist die Tochter eines hawaiianischen Freundes aus Kriegstagen, hat ein Stipendium für die Yale University erhalten, möchte Ärztin werden und soll sich bei Jim an Amerika gewöhnen. Sie wirkt auf Jim, mit ihrer natürlichen und leichten Art, wie ein Schlüssel zu seinen verschlossenen Erinnerungen und beginnt den alten Knurrhahn auf zu weichen…
Seite 221: …”Er erinnert sich, warum er nicht wollte, dass das Mädchen kommt. Das Letzte, was er brauchen kann, sind die ungebetenen, wiederauferstandenen Geister der Vergangenheit. Es ist schon schwer genug mit der beschissenen Gegenwart klarzukommen”…
Die einzelnen Charaktere in diesem Buch lassen uns an ihren Gedanken teilhaben und zeigen damit die verschiedenen Ansichten des Geschehenen. Alice Greenway hat einen ruhigen, fließenden Roman über grausige Zeiten geschrieben. Sie springt leicht und überschaubar zwischen den Jahren und den Erinnerungen der Figuren hin und her. Beleuchtet die Situationen, in denen Jim sich befand (und befindet) aus vielen Blickwinkeln, so dass man Verständnis für den knurrigen Alten bekommt. Cadillac ist dabei eine ganz wichtige und wunderbare Figur, die immer wieder dafür sorgt, dass Jim sich immer weiter öffnet und die Geschichte klarer wird. Jim war Ornithologe und hat sich sein Leben lang mit den gefiederten Gesellen beschäftigt. Alice Greenway beschreibt die verschiedenen Vogelarten und wie sie gefangen und ausgestopft werden, damit lockert sie die schwere Kost des Krieges auf, lenkt den Blick auf eine friedliche, farbenfrohe und bizarre Welt.
Seite 328: …“Jim war, als würde ihm ein Blick in die verworrene, verwundete Landschaft seiner eigenen Seele gestattet”…
“Schmale Pfade” ist der zweite Roman von
Alice Greenway, aufgewachsen in Hongkong, Bangkok, Washington, Jerusalem und Masachusetts, studierte an der Yale University. “Weiße Geister” war schon ein großer Erfolg und steht auf meiner Liste für Bücher, die ich unbedingt noch lesen muss.
Klaus Modik hat diesen Roman übersetzt und dabei bestimmt eine gute Arbeit geleistet. Der Schriftsteller und Übersetzter hat selber einen tollen Roman heraus gebracht “Konzert ohne Dichter”. Auch der steht auf meiner Liste.
Verlag : Mare Verlag
ISBN: 9783866482326
Fester Einband 368 Seiten
von Andrea Karminrot | Jan 19, 2016 | Geplauder |
Sommerleses Bücherblog hat mich mit dem Liebsten Award nominiert… Das heißt Fragen beantworten, na dann will ich mal ihren Wissensdurst löschen
1. Wo bewahrst du deine Bücher auf und wie viele besitzt du?
Ich traue mich nicht zu zählen. Als die Kinder noch zur Schule gingen, da sollten sie einmal alle Bücher in unserem Haus zählen, sie haben über 300 auf dem Fragebogen notiert. Inzwischen sind es bestimmt noch viele mehr. Man findet sie auch überall, neben dem Bett, auf und neben dem Sofa, vorzugsweise in Regalen und auf dem Ebookreader.
2. Hast du noch andere Hobbies ausser Lesen?
Oh ja, stricken, fotografieren, kochen, radfahren, wandern…
3. Welches Genre liest du am liebsten und gib bitte den Lieblingsautoren an!
Romane… Ich habe ehrlich gesagt keinen Liebling
4. Liest du mehrere Bücher nebeneinander oder verwirrt dich das?
Manchmal. Wenn es keine anspruchsvolle Literatur ist, dann schon.
5. Welches war dein allererstes Lieblingsbuch?
Die kleine Hexe, von Otfried Preussler
Das musste uns meine Mutter jeden Sommer vorlesen
6. In welchem Buch würdest du gern die Hauptrolle spielen/sein?
Ui, das ist natürlich auch eine schwierige Frage. Vielleicht den Bastian Balthasar Bux aus der unendlichen Geschichte. Der hat eine Menge erlebt und doch ein gutes Ende genommen…
7. Welche Challenge hat dir bisher am meisten Spaß gemacht?
Ich habe erst bei einer Challenge teilgenommen. Die Gestirne… Und sie hat mir gleich richtig Spass gemacht.
8. Auf welches Buch oder Buch-Neuerscheinung freust du dich am meisten?
Ich habe hier ein Buch liegen, dass ich immer noch nicht geöffnet habe. Ich streiche nur ab und an drüber und freue mich auf den Moment, das ich richtig Zeit für „Das Schiff des Theseus“ habe.
9. Liest du im Urlaub mehr als zu Hause?
Nee, das bleibt meistens gleich.
10.Wie beurteilt deine Familie deine „Leseleidenschaft/L.-Macke“?
Meine Familie liest genauso viel wie ich. Nur andere Genre. Da falle ich scheinbar nicht auf…
11.Kaufst du Bücher lieber online oder im Laden?
Ich besuche am liebsten meinen Buchdealer. Spaziere in den Laden und plaudere mit der Verkäuferin über die ausgestellten Bücher. Anregungen hole ich mir aber auch im Internet.
Puh, das waren eine Menge Fragen. Jetzt muss ich mir ebenfalls 11 Fragen einfallen lassen.
Vorher noch die Regeln :
I. Den Blogger verlinken, der einen nominiert hat.
II. Die Fragen beantworten
III. Selber mehrere Blogs verlinken, die unter 200 Follower haben.IV. Und diesen Bloggern deine 11 Fragen stellen.
V. Informiere die nominierten Blogger über die Nominierung und Deinen Beitrag.
- Wie sieht dein Lieblingsleseplatz aus?
- Wenn du liest, lässt du dich ablenken?
- Und was liest du am liebsten?
- Wie stehst du zum Ebook?
- Gehst du zu Lesungen?
- Bei welchem Autor wärst du gerne mal bei einer Lesung /Buchvorstellung dabei?
- Welches Buch würdest du jemanden empfehlen, der selten liest?
- Wie schreibst du deine Rezensionen? Schreibst du schon beim lesen oder erst hinterher?
- Hast du einen Lieblingsbuchdealer?
- Verleihst du deine Bücher und bekommst du sie dann zurück?
- Welches Buch würdest du nie hergeben?
Meine Nominierung fällt auf:
Lesendes Federvieh
Book Addition
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von Andrea Karminrot | Jan 11, 2016 | Geplauder |
Und ich habe wirklich lange darüber gegrübelt, wie ich daran teilnehmen kann.
Da ist mit mein Bücherregal eingefallen.
Welche Bücher im Moment gelesen werden wollen und gelesen worden sind.
Ich habe nur beim fotografieren feststellen müssen,
das da noch so einige fehlen.
Solche, die auf meinem Nachtschrank liegen.
Die noch in meinem Kopf herumschwirren …
So bleibt es erst einmal bei diesem Bild.
Wir werden sehen, wie es im Februar aussehen wird.