Labyrinth der Freiheit

Labyrinth der Freiheit ist der dritte Teil einer Trilogie, die Andreas Izquierdo geschrieben hat. Es ist die Fortsetzung von drei sehr interessanten Figuren, deren Geschichte in den Anfängen der 1920 Jahre in Berlin spielen.

Labyrinth der Freiheit

Da ist einmal die Wunderschöne Louise, Isi genannt. Sie ist eine absolute Augenweide. Doch nicht nur das, sie ist intelligent und hat sehr großen Spaß am Leben. Doch in diesem Band beginnt ihre Geschichte mit dem Verlust ihres ungeborenen Babys. Dann ist da noch Artur.
Er ist der Macher, der Mann, den man sich immer an seiner Seite wünscht, damit nichts und niemand einem etwas Böses antun kann. Selber im Krieg durch eine Granate entstellt, hat er keine Vorbehalte, den Menschen gegenüber ihnen ebenfalls etwas anzutun. Er ist so etwas wie ein Gangsterkönig, der in den unsicheren Zeiten niemals auf dem Trockenen sitzt. Er betreibt gutgehen Clubs in der flimmernden Stadt Berlin und befehligt eine gut funktionierende Gangsterarmee.
Zu guter Letzt kommt noch Carl dazu. Er ist der eigentliche Erzähler der Geschichte. Carl ist der, den fast nichts aus der Ruhe wirft und immer bedacht und überlegend fungiert. Er ist Kameramann und hatte im letzten Buch noch mit Ernst Lubitsch gearbeitet und nun hilft er bei den Dreharbeiten an Dr. Mabuse von Fritz Lang in Babelsberg.

Wie ein Thriller von der Leinwand

Das Buch beginnt wie schon der zweite Teil recht schnell und man findet sich mehr oder weniger sofort in einem Thriller wieder. Erst nach dem ersten Kapitel wird es etwas ruhiger. Doch immer wieder wird man überrascht, wie schnell sich dieses Buch liest. Schade ist nur, dass man, wie auch schon beim zweiten Teil, vergebens darauf hofft, einen kurzen Rückblick zu bekommen. Erst nach einem ersten Drittel des Romans bekommt man vage mit, was in dem ersten und zweiten Teil geschah. Mir hätte es besser gefallen, wenn man eine kurze Zusammenfassung bekommen hätte.

Im Labyrinth der Freiheit werden die Helden von rechten Verschwörern angegriffen. Die Drei versuchen, die Missetäter zu finden. Dabei erleben sie so allerhand in dem alten Berlin. Sie treffen alte Bekannte, begehen Verbrechen, schmieren die Polizei, verfolgen Gangster, retten Hausmädchen und ihre schwulen Brüder. Kurz, es ist einfach spannend. Und alles mit dem Hintergrund beginnender Inflation, Politik, Nationalsozialismus und Menschenhass. Berlin vibriert und verhungert, geht pompös zugrunde. Obendrein immer wieder der ungeschlagene Berliner Kodderschnauzendialekt. Einfach toll zu lesen. Andreas Izquierdo ist nicht nur Schriftsteller, er schreibt auch Drehbücher, weshalb sich seine Romane wahrscheinlich auch so schnell und Filmmäßig lesen. Es war mir ein Vergnügen, dieses Buch zu lesen, weshalb es 🐭🐭🐭🐭 erhält.

Labyrinth der Freiheit

Ein Roman von Andreas Izquierdo
aus dem Dumont Verlag
ISBN 978-3-8321-6591-8
500 Seiten

Ein Fremder hier zu Lande

Ein Fremder hier zu Lande ist der zweite Teil einer Berliner Krimiserie aus der Kaiserzeit. Ich habe mich gefreut, dass Ralph Knobelsdorf noch einen Roman mit dem Kriminalkommissar Wilhelm von der Heyden und seinem Kollegen Vorweg geschrieben hat. Der erste Teil Kummers Nacht hat mir nicht ganz so gut gefallen und nun hoffte ich Ein Fremder hier zu Lande wird mich mehr überzeugen. Da wollen wir doch mal sehen, was Wilhelm von der Heyden in diesem Buch widerfährt und welche Mordfälle aufgeklärt werden müssen.

Ein Fremder hier zu Lande

Es ist das Jahr 1856 im alten Berlin. An der Königsmauer befand sich das Vergnügungsviertel. Eine Straße mitten in Berlin, die sich an der Stadtmauer befand. Prostituierte flanierten dort ganz ungeniert über die Straßen. Die Spree fließt unweit der Königsmauer. Und genau dort, an der Spree, fand man die erste Leiche einer jungen hochgewachsenen Blondine. Doch blieb es nicht bei dieser einen Toten. Noch weitere Frauen sollten folgen. Die beiden Polizisten von der Heyden und Vorweg sind sehr bemüht, den Täter zu finden. Es muss wohl ein Serientäter sein, der in der Stadtmitte sein Unwesen treibt. Er hat es scheinbar auf die Dirnen der Stadt abgesehen. Als dann auch noch eine Tochter aus gutem Hause tot aufgefunden wurde, wird es eng für die Ermittler. War das Mädchen jetzt auch eine Dirne oder hatte der Mörder sich vertan?

Dieses Mal hat es mir gefallen, wie der Autor Ralph Knobelsdorf es schafft, ein interessantes und deutliches Bild vom alten Berlin zu schreiben. Auch die Sprache seiner Figuren bringt einem die alten Zeiten deutlich näher. Die Mordaufklärung steckte für unsere heutigen Verhältnisse ja noch in den Kinderschuhen. Es war noch nicht üblich, dass man einen Forensiker zu dem Tatort hinzuzog. Und doch war man kurz davor, sich dessen zu bedienen. Sehr spannend!
Zudem lernt man auch noch eine Menge über die Geschichte Berlins. Inzwischen habe ich schon so viele Berlinbücher gelesen, dass ich auch in diesem Buch, über alte Bekannte gestolpert bin. So zum Beispiel der ehemalige Polizeipräsident Hinckeldey der einen besonderen Beerdigungsumzug durch die Stadt bekam, nachdem er in einem (verbotenen) Duell sein Leben verlor. Dieser Tod sorgte für einiges an Aufruhr in der Stadt und in der Presse.

Die dunklen Ecken Berlins

Zusammen mit den Kommissaren betritt man dunkle, heruntergekommene Häuser, die sich als okkulte Bordelle herausstellen, oder trifft auf Örtlichkeiten, die heutzutage ihre Verruchtheit längst verloren haben. Man gewinnt einen Einblick in die Wohnungen und Häuser der besseren Gesellschaft, sowie in die kalten und nassen Wohnungen der Arbeiter. Noch fahren keine Autos durch die immer voller werdenden Stadt. Doch Pferdefuhrwerke und Omnibusse verstopfen dafür die Straßen.

Auch die Geschichte der Liebenden Wilhelm von der Heyden und seiner Marie von Brenkendorff geht weiter. Schon im ersten Buch wartete man immer auf eine Erklärung, warum sich deren Familien so spinnefeind sind. In dem vorliegenden Roman Ein Fremder hier zu Lande kommt man dabei allerdings auch nur wieder ein winziges Stück weiter. Es bleibt weiterhin ein Geheimnis. Aber Wilhelm hat es endlich geschafft, seiner Angebeteten einen Antrag zu machen. Doch so einfach ist das Heiraten damals in der Oberschicht nicht. Das Pärchen braucht nämlich die Zusage der Eltern und da ist es wieder, das Problem. Bei denen ist einfach nichts in Ordnung. Was verbirgt sich bloß dahinter? Ich denke, da werde ich auch noch auf den nächsten Band warten müssen.

Unser Fazit

Es ist alles dabei: Liebe, Mord, Geschichtsunterricht … für mich ein gelungenes Buch. Zu dem vorangegangenen um einiges besser und übersichtlicher. Was mir am Ende dann doch noch fehlte, war eine Übersicht über die mitspielenden Figuren. Es kommen so viele Namen vor, dass ich manchmal etwas verwirrt war. Dafür kann man auf den letzten Seiten noch einiges an Fakten aus dieser Zeit nachlesen. Hier noch mal etwas zu der Königsstraße an der Stadtmauer:

„An der Stadtmauer zog sich von der Königstraße in nordwestlicher Richtung bis zur Klosterstraße eine Gasse hin, deren armselige Häuser sich an die Mauer anlehnten. Diese Gasse hieß zuerst Mauerstraße, hatte dann mit Bezug auf die Königstraße die Namen Hinter der Königsmauer, An der Königsmauer und bald danach nur Königsmauer. Hier war der Sitz der Prostitution, besonders nachdem durch eine Verordnung aus dem Jahre 1809 Bordelle auf wenige Straßen und 1839 sogar nur auf die Königsmauer beschränkt wurden. Auch nach der 1844 erfolgten Aufhebung der Bordelle behielt dieses Gewerbe hier seinen Sitz, solange diese Gasse bestand. Die Straße war auch verrufen als Schlupfwinkel für Verbrecher. Um 1870 kaufte der Magistrat die ersten Häuser an, 1882 erwarb er das Enteignungsrecht für die anderen, und 1885 wurde mit dem Abbruch der Gasse begonnen, die 1887 endgültig verschwunden war“ (von der Seite Berlingeschichte)

Es sind 🐭🐭🐭🐭, die wir diesem Buch geben. Wir haben es verschlungen und es hat Spaß gemacht.

 

Ein Fremder hier zu Lande

Von Ralph Knobelsdorf Übrigens eine sehr schöne Seite!
Teil 2 der Reihe „Von der Heyden“
ISBN:9783785727898
512 Seiten
Bastei Lübbe Verlag

Felix Blom, Der Häftling aus Moabit

1878 ist Berlin eine aufstrebende Stadt, in der das Verbrechen nie schläft. Wer es zu etwas bringen möchte, hat Geld oder nimmt es sich von den Anderen. Felix Blom ist ein Krimineller, ein gewitzter Taschendieb, Schlösserknacker und Trickbetrüger. Doch nie hat er die Armen bestohlen. Immer waren es die, die so viel hatten, dass die es nicht mal bemerkt hatten, dass etwas fehlt. Es ging ihm gut, dem Felix. Bis vor drei Jahren konnte er einen ausschweifenden Lebensstil genießen. Gute Kleidung, eine teure Wohnung unter den Linden und Austern mit Champagner waren an der Tagesordnung. Doch dann hatte ihn jemand verpfiffen. Da wollte einer, dass er von der Bildfläche verschwindet. Somit wurde er in Moabit, einem der modernsten Gefängnisse seiner Zeit, untergebracht.

Felix Blom

Unschuldig, wie er behauptet, saß Felix Blom drei Jahre in Einzelhaft. Drei lange Jahre, ohne dass er für das Verbrechen, dass man ihm zur Last gelegt hatte, verantwortlich war. Aber jetzt ist er wieder auf freien Füßen und hat nur 3 Tage Zeit, um sich ehrlich zu machen, sonst fährt er wieder ein. Doch wie soll er so schnell an eine Wohnung kommen und wie sollte er eine ehrliche Arbeit finden, wenn in ganz Berlin keine Jobs zur Verfügung stehen? Und was soll das mit der kleinen Karte, die er in seiner Tasche findet? Eine Karte mit der Mitteilung, dass er in wenigen Tagen tot sein würde. Aber bevor er sich mit dieser Karte beschäftigen wird, braucht er eine Unterkunft. Er weiß schon, wen er fragen muss …

Zu einem anderen Zeitpunkt wird ein neunzehnjähriger Dresdner mit einem Kopfschuss tot aufgefunden. Man fand ihn ganz in der Nähe zu Berlin und Charlottenburg. Auch bei ihm steckte in der Innentasche seines Sakkos ein Kärtchen, dass in wenigen Tagen sein Leben ein Ende finden wird. Während sich der junge Dresdner die Waffe selber an den Kopf hielt und abdrückte, wurde er von drei Ganoven beobachtet. Doch das wollten die Ganoven der Polizei lieber nicht erzählen und verdrückten sich wieder in die Dunkelheit. Wie sollten sie ihre Anwesenheit erklären? Das Kärtchen aber machten den Kommissar neugierig.

Der Schnüffler

Ich liebe Bücher über das alte Berlin. Immer wieder greife ich zu solchen Krimis, die die alten Zeiten aufleben lassen. Ich finde es spannend, einen Einblick in die damaligen Ermittlungen zu bekommen. Fingerabdrücke, Fotoapparate und Hightech gab es ja noch nicht. Man musste sich auf seinen Spürsinn verlassen. Außerdem finde ich es immer wieder genial, die Schauplätze zu kennen, an denen die Verbrechen geschehen. So entsteht in meiner Fantasie ein altes Berlin und wird so zu einer Geschichte zum Anfassen. Die Autorin Alex Beer hat schon einige gute Krimis aus der Vergangenheit geschrieben. Und das merkt man ihrem Buch deutlich an. Es stimmt alles überein und der Roman liest sich unglaublich flüssig und unterhaltend. Felix Blom ist mir eine sympathische Figur und ebenso seine spätere Chefin, er braucht ja einen Job. Die Frau ist tough. Vielleicht etwas zu tough für ihre Zeit, aber das macht es interessant. Am Ende war ich sehr erstaunt über den Ausgang, denn damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Wenn du wissen willst, was es mit den Todeskärtchen auf sich hat, dann ließ es selber …

Mir haben die Seiten unglaublich gut gefallen. Somit vergeben Rubi und ich gerne 🐭🐭🐭🐭🐭 Das alte berlin ist einfach unschlagbar und spannend

 

Felix Blom

Der Häftling aus Moabit
ein Roman von Alex Beer
ISBN:9783809027591
368 Seiten
Limes Verlag

Wer ist der Mörder?

Liebst du Escape-, Detektiv- und Suchspiele? Ich mag sie total gerne. Meine Kinder wissen das auch und gehen gerne mit mir in Escape-Rooms. Aber was ist, wenn man nicht die Möglichkeit hat, solche Lokalitäten zu besuchen? Dann kann man auf Wer ist der Mörder zurückgreifen. Ich habe es getestet.

Wer ist der Mörder?

Wer ist der Mörder? Ist ein Buch, in dem man selber spannende Kriminalfälle lösen kann. Der Autor und Grafikdesigner Modesto García hatte 2018 schon zwei Thread-Wettbewerbe, Preise der Madrider Buchmesse gewonnen. Dabei werden zum Beispiel über Twitter und Instagram fiktive Verbrechen aufgeklärt. Ihm machte die Entwicklung scheinbar solch einen Spaß, dass er 2019 für das spanische Fernsehen RTVE einen ersten interaktiven Escape-Room entwarf. Während der Pandemie startete er dann ein neues interaktives Spiel, dass man zuerst als App spielen konnte. Erst etwas später entstand ein Buch. Das Buch, welches ich heute vorstellen möchte.

Zuerst einmal möchte ich sagen, es machte einfach mal mehr Spaß, wenn man es mit mehreren Teilnehmern spielt. Viele Augen sehen einfach mehr. Zwölf Fälle gibt es in diesem Buch zu lösen. Zwölf Fälle, in denen es um Raub und Mord geht. Der Leser soll den Fall nun aufklären. Dazu braucht es ein paar Dinge: ein internetfähiges Handy, eine Möglichkeit Notizen zu machen und wie gesagt, am besten ein paar Helfer. Sollte man wirklich einmal nicht weiter kommen, dann gibt es auch eine Hilfestellung. Aber ich will hoffen, dass du die nicht brauchen wirst.

Die Fälle

Du kannst dir einfache einen Fall herauspicken. Sie hängen nicht miteinander zusammen. Ich habe gleich bei dem Ersten angefangen. Da liegt ein Toter in einem Hotelzimmer. Auf der linken Seite siehst du eine kurze Zusammenfassung, wie du zu dem Fall gelangt bist. Auf der rechten Seite siehst du das Bild. Überall auf dem Bild sind kleine Sprechblasen mit einem Titel und einer Seitenzahl. Wenn du dann zu der Seitenzahl vorblätterst, kannst du dir die Gegenstände etwas genauer ansehen, Nachrichten lesen und sogar Telefonanrufe entgegennehmen, indem du einen QR-Code mit deinem Handy scannst. Das finde ich schon recht spannend. Nun ist es an dir und deinen Mitstreitern, diesen Fall aufzuklären. Solltest du in deinen Ermittlungen feststecken, dann kannst du Zusatzhinweise mithilfe eines Spiegels lesen. Wenn du dann denkst, du weißt, was geschehen ist, blätterst du einfach weiter. Dort wird in meinem Fall der Tathergang Stück für Stück aufgelöst. Einfach wirklich cool.

Mein Fazit

Ich mag dieses Buch, würde es aber wie gesagt lieber in der Gemeinschaft auflösen. Alleine macht es definitiv nicht so viel Spaß, wie zu mehreren. Der erste Fall war mir alleine zu schwer. Es ist definitiv kein Buch für Kinder, da gibt es bestimmt andere, die geeigneter sind. Hier fließt Blut und die Rätsel sind nicht einfach. Man muss schon genau hinschauen. Aber es macht wirklich Spaß. Und bitte! Nicht so schnell aufgeben. Wer zwei- oder dreimal hinschaut, findet die Fehler, sieht Hinweise, liest die Widersprüche.

Rubi war mir in diesem Fall leider keine allzu große Hilfe. Sie denkt einfach nicht genug um die Ecke. Aber ihr haben die einfach gemalten Bilder gut gefallen. Für die nächsten Fälle lade ich mir definitiv ein paar Ermittler-Freunde ein. Wir geben dem Buch 🐭🐭🐭🐭🐭

 

Wer ist der Mörder?

Spannende Kriminalfälle selbst lösen
von Modesto García
aus dem Spanischen von Angelika Pfaller übersetzt
224 Seiten
aus dem YES Verlag
ISBN: 978-3-96905-168-9

Die Rotte

Elfi und ihre Mutter Lisbeth leben in den Siebziger Jahren, in einer Rotte im Voralpenland. Als Rotte bezeichnet man eine locker stehende Ansammlung mehrerer Höfe und Häuser. Elfi ist Anfang zwanzig, als sich ihr Vater eines Abends im Winter noch mal auf den Weg macht und nicht wieder nach Hause kommt. Ein Dorfbewohner findet den Leichnam des Vaters am Ende des Baches. Doch als die zu Hilfe gerufenen Nachbarn am Fundort ankommen, ist die Leiche nicht mehr zu sehen. Sie vermuten, dass das Wasser den Vater in den See gezogen hat. Und was der See einmal verschwinden ließ, taucht so schnell nicht wieder auf.

Die Rotte

Depressiv war der Vater gewesen. Doch damals hatte man noch andere Worte für diese Krankheit. Schwermut! Und die Waffe aus dem Waffenschrank war verschwunden. Lisbeth, die Mutter, muss nun zusehen, wie sie den kleinen Hof am Laufen hält. Pragmatisch stellt sie den Nachbarsohn als Helfer ein. Als jüngerer Sohn konnte der Franz ja schließlich nicht den Hof des eigenen Vaters übernehmen. Eine Ausbildung hat er als Kfz-Schlosser gemacht. Aber lieber wäre er Bauer geworden. Und so nutzt er die Gelegenheit und bittet am Ende sogar um die Heirat mit der Elfi. Verschlossen ist die junge Frau. Doch dann geschieht das nächste Unglück …

Die Siebziger Jahre

Der Autor Marcus Fischer hat den Roman „Die Rotte“, in der Sprache der Bergmenschen geschrieben. Als ich die ersten Sätze gelesen habe, war ich erst einmal etwas verwirrt, aber dann habe ich mich ziemlich schnell in den seltsamen Dialekt eingefunden. Buchstaben werden zusammengeschoben oder ganz weggelassen. Wörter benutzt, die man im Tiefland und in der modernen Zeit kaum noch kennt. Aber es macht auch klar, in welchen „Gefängnissen“ sich die Helden befinden. In welchen Verstrickungen sie sich bewegen.

Die Siebziger im Voralpenland waren nicht revolutionär. Die Frauen immer noch „Freiwild“, mussten sich unterordnen, hielten sich an die Kirche. Der Roman macht sehr deutlich, in welchen Zwängen sich die Gesellschaft bewegte. Und vor allem Elfi. Sie wird bedrängt und genötigt. Immerhin kann sie als Frau bestimmt nicht einen Hof führen. Der Roman begleitet die junge Frau, während rückblickend erzählt wird, wie die junge Bäuerin immer mehr mit Schuld(en) überhäuft wird. Wie die Nachbarn sie immer mehr bedrängen. Gemein, brutal und schmucklos führt uns der Autor durch das Dorf und seine Bewohner. Doch seine Worte sind dabei eher zart und schön.

Ich fand es wirklich sehr lesenswert, sobald man sich an die Sprache der Menschen oben auf dem Berg gewöhnt hat. Manches Mal dachte ich leise bei mir, dass sich das Weibsbild doch auch mal hätte wehren können. Doch so kann man heute denken und ich bin wahrlich froh, heute und hier zu leben. 🐭🐭🐭🐭🐭 hat dieses Buch verdient.

 

Die Rotte

Ein Roman von Marcus Fischer
aus dem Leycam Verlag
ISBN 9783701182510
340 Seiten