Die Bücherdiebin
1939, Liesel und ihr Bruder sollen zu Pflegeeltern gegeben werden. In dem Zug, auf dem Weg zu den Hubermanns, hielt Liesel ihren Bruder im Arm, die kranke Mutter neben sich, als der Junge starb. Neben der Bahnstrecke wird der kleine Bruder im winterlichen Boden beerdigt, dabei fällt dem Totengräber ein Büchlein aus der Tasche, das Liesel an sich nimmt und verbirgt. „Handbuch für Totengräber“ steht in goldenen Buchstaben darauf. Das ist der Moment, als der Tod ein Auge auf Liesel wirft und die Karriere der Bücherdiebin beginnt. Die Mutter überlässt dem Münchner Paar, Rosa und Hans Hubermann aus der Himmelsstraße, das Mädchen. Hans ist ein herzensguter Mensch, der Liesel ein echter Freund wird. Er bringt dem Mädchen das Lesen anhand des „gefundenen“ Buches bei. Zeigt ihr die Macht der Worte. Liesel schlägt sich mit den Klassenkameraden, spielt Fußball und findet ihren besten Freund, Rudi. Als Max, ein jüdischer junger Mann, auftaucht und um Hilfe bittet, wird einiges anders und doch nicht alles.
Erzählt wird vom Tod, einem recht angenehmer Erzähler, wenn man sich an seinen Stil gewöhnt hat. Er erzählt oft schon was geschehen wird, nimmt die Geschichte voraus, kommt aber immer wieder auf die eigentliche Geschichte der Bücherdiebin zurück. Immer wieder wird klar, wieviel der Tod in dieser grausigen Zeit zu tun hatte. Der Tod hat auch einen ganz anderen Blick in die Seelen der Menschen. Sieht vieles klarer und emotionsloser. Rückt auch sich selber ins rechte Licht, denn er trägt zum Beispiel, nur wenn es kalt,wird einen schwarzen Kaputzenmantel.
Seite 267: …“Natürlich bin ich gemein. Ich verderbe euch den Spaß und nehme das Ende vorweg, das Ende des gesamten Buches und besonders diesen Abschnitts. Ich habe euch zwei Ergebnisse im Voraus verraten, weil ich nicht an Heimlichtuerei interessiert bin. Heimlichkeiten langweilen mich. Ich weiß, was passieren wird, und ihr auch. Es ist die Art und Weise, wie es passiert, die mich ärgert, verwirrt, fasziniert und erstaunt”…
Wir begleiten Liesel, Rudi und Max, den jüdischen Gast, durch die Jahre des Krieges. Lassen uns die Geschichte vom Tod erzählen. Es ist eine leichte Lektüre, die uns das Leben der Menschen in der Himmelstraße, in dem armen Teil Münchens zeigt. Die Entbehrungen und Katastrophen, die über eine “normale” arme Familie hereingebrochen sind, als Hitler die Führung übernahm. Die Beschreibungen versetzen leicht in diesen Vorort von München, geben Aufschluss über ein einfaches Leben.
Ich finde es sehr mitreißend erzählt. Man muss sich allerdings an die Art des Erzählers erst gewöhnen. Über den einzelnen Kapiteln stehen fettgedruckte Überschriften, die schon einiges vorwegnehmen und sollte man sie überlesen, fehlen die Zusammenhänge. (Ich überlese gerne solche Überschriften ☺) Die Macht der Worte, wird hier wirklich außerordentlich deutlich. Viele Metaphern sind zu finden. Ich finde, eine außergewöhnliche Art, mit dieser brutalen Zeit um zu gehen.
Ein absolutes Leseerlebnis!
Von Markus Zusak
Taschenbuch
608 Seiten
ISBN: 978-3-442-37395-6
30 Tage und ein ganzes Leben
von Ashley Ream
Taschenbuch
416 Seiten
ISBN: 978-3-442-74611-8
Amerika Plakate
Leibrand, heißt der Junge, der sich vor seinem gewalttätigen und alkoholkranken Vater im Schrank versteckt. Er flüchtet in den Schrank und träumt sich in eine Fantasiewelt. Dieser Welt bleibt er bis ins Erwachsenenalter treu, versteht dadurch auch den „Wahnsinn“ Anderer. In Kindertagen wird Leibrand von Suzanne geküsst. Ein Kuss, den er nie wieder vergisst, der ihn auf die Suche nach Suzanne schickt, denn sie ist seit dem Kuss verschwunden.
Leibrand begegnet vielen Menschen, die er besser versteht, als die Psychiater, die sie behandeln. Er durchschaut sie und bringt sie durch geschickte Fragen zu sich selbst zurück, damit sie ihren Weg wieder klar sehen. Aber nicht nur psychisch Kranke, auch die vermeintlich Gesunden, die Leid erleben, jemanden verloren haben, einsam sind, bringt er wieder auf die richtige Spur. Verlorene Seelen streifen durch eine Welt die parallel zur realen Zeit geht. Nicht jeder kann sie sehen, sie sind stets um die Figuren des Buches, begleiten, beobachten, die Menschen am seelischen Abgrund.
Ich habe in dieses Buch nicht den Weg gefunden. Die Schreibweise ist teilweise unglaublich schön, manchmal dermaßen verworren, dass ich keine Linie fand. Einzelne Abschnitte wirkten auf mich so düster und schwermütig, dass es mir nicht leicht gefallen war weiter zu lesen. In Zeiten einer Depression sollte man dieses Buch keinesfalls lesen, da würde man sich selber verlieren. Die Story ist durchzogen mit Musikern und Musikstücken, Autoren und ihren Werken. Wenn man beim Lesen die Musik hört, die erwähnt wurde, wird es erträglicher weiter zu lesen. Zumindest ging es mir so, nachdem ich sie mir heruntergeladen habe. Mich hat das Buch nicht überzeugt. Die einzelnen Szenen verwirrten mich eher, als dass ich einen Weg fand. Oft habe ich versucht zu verstehen, doch dieses Buch muss man einfach auf sich wirken lassen. Das war mir zu dieser Zeit (vielleicht wäre ein anderer Zeitpunkt besser gewesen) nicht möglich. Da ich dieses Buch als Ebook geschenkt bekommen habe und mich dazu verpflichtet fühlte, eine Rezension zu schreiben, habe ich bis zur letzten Seite durchgehalten.
Am Ende des Buches findet sich ein Interview mit dem Autor Richard Lorenz und der Verlegerin Karla Paul. Vielleicht hätte ich das Interview vorher lesen sollen, dann wäre mein Geist für diesen Roman offen gewesen. Denn auch ich vergesse manchmal, die Welt noch mit den Augen eines Kindes zu sehen, sie anders zu schmecken, zu riechen, das Geradlinige einfach zu vergessen.
Von Richard Lorenz
Verlag: edel&electric
ISBN 978-3-96029-003-2
Epub 180 Seiten
Auch als gebundene Ausgabe erhältlich
Zwanzig Zeilen Liebe
Ein Roman von Rowan Coleman
Der Romantitel mutet recht kitschig an. Doch wenn man sich erst einmal in die Seiten vertieft und die wunderbar beschriebenen Figuren kennengelernt hat, ist man nicht mehr dieser Überzeugung. Hier geht es nämlich um mehr. Hier geht es um Glück, Hoffnung und Geborgenheit. Darum jemanden neben sich zu haben, wenn es schwer wird. Es geht um Abschied nehmen, auf altmodische Art, indem Briefe mit der Hand geschrieben werden. Denn die Hauptfigur Stella schreibt solche Briefe, für ihre Gäste, in dem Hospiz, in dem sie Nachts als Krankenschwester arbeitet. Es sind Abschiedsbriefe. Es sind Worte, die noch gesagt werden müssen, bevor man diese Welt verlassen kann. Angefangen hat es damit, dass eine Patientin Stella darum bat, für sie einen Brief an ihren Mann zu schreiben. Sie wollte sichergehen, dass er die Waschmaschine auch nach ihrem Tod bedienen kann. Es kamen weitere, manchmal nachdenkliche, Briefe hinzu. Zwanzig kurze Zeilen, voller Liebe… Rowan Coleman hat in einem echten Hospiz recherchiert, die liebevoll beschriebenen Situationen in ihrem Buch sprechen dafür.
Stella ist wie gesagt Krankenschwestern in einem Hospiz, in dem sie, nachdem ihr Mann Vincent aus Afghanistan zurück gekehrt ist, den Nachtdienst übernommen hat. Es ist eine Flucht in die nächtliche Arbeit, denn das Paar hält es unter einem Dach nicht mehr aus. An Leib und Seele schwer verletzt, versucht Vincent seine Gedanken mit Alkohol zu ertränken. Die Beiden hatten einmal, vor dem Angriff, die wunderbarste Beziehung der Welt . Auch Hope, Gast in dem Hospiz, hat es nicht leicht. Sie hat Mukoviscidose, eine tödliche Erbkrankheit. Sie wartet jeden Tag darauf zu sterben, ist sarkastisch, manchmal etwas zu direkt und lebt in ihrem Schneckenhaus, aus dem sie, ihr bester Freund Ben, heraus locken möchte. Er ist stets bei ihr und macht ihr Leben lustiger, bunter. Doch da steckt noch mehr dahinter. Und schließlich gibt es da noch Hugh, der am Ende der Straße, nicht weit vom Hospiz entfernt, in einem Haus voller Erinnerungen wohnt. Seine Geschichte löst sich erst später auf… Die oben beschriebenen Briefe, sind dabei kleine Bindeglieder zwischen den einzelnen Kapiteln. Rowan Coleman verpasst jedem ihrer Charaktere, einen eigenen Sprachstil. Lässt die Figuren lebendig wirken.
Ich habe oft beim lesen eine oder zwei Tränen in den Augen gehabt. Konnte sie aber auch bald mit einem schmunzeln wieder wegwischen. Denn Rowan Coleman hat eine Art, die schweren Gedanken mit Witz zu umschreiben, ohne dabei die Situation ins lächerliche zu ziehen. Es ist eine wahre Freude dieses Buch zu lesen. Auch wenn es hier um den Tod, um das Verlassen werden geht. Ich hatte leider noch nicht das Vergnügen ihr erstes Buch „Einfach Unvergesslich“ zu lesen. Das werde ich aber bestimmt bald nachholen.
Rowan Coleman lebt in England, mit ihrem Mann und ihren 5! Kindern, darunter einem lebhaften Zwillingspaar und seit neuestem einem Hund, der aus ihrem Arbeitszimmer stets hinaus- und wieder hineingelassen werden möchte. Ich weiß nicht, wie diese Frau es schafft, zwischen dem „hinter ihren Kindern herjagen“, auch noch solche Bücher zu schreiben.
Erscheinungsdatum Erstausgabe : 31.08.2015
Verlag : Piper
ISBN: 9783492060172
Flexibler Einband 416 Seiten
Von Männern, die keine Frauen haben
Sieben kurze Erzählungen, die von Männern handeln, die einsam und irgendwie verletzt wirken. Murakami beschreibt diese Männer, einige erfolgreich aber eben glücklos, da ihnen das wirklich Entscheidende fehlt. Die Frauen. Sie haben Frauen, aber eben nicht die Eine, die sie verehren, die nur für sie da ist…
Murakami hat hier recht zarte Geschichten geschrieben. Nachdenkliche. Er schreibt für meinen Geschmack ohnehin immer sehr nachdenklich, verwirrend. Ich mag die Bücher von dem japanischen Schriftsteller sehr gerne. Seine recht mystische und phantastische Ansicht der Welt. >1Q84< war schon sehr spannend. Dieses Buch hatte ich als Hörbuch und war davon schon sehr hingerissen. Hier bei >von Männern, die keine Frauen haben< war ich von der Zartheit der Figuren überrascht. Manchmal mitleidig, habe ich die Geschichten um die sieben Männer gelesen. Einige Zitate sind mir dabei im Kopf geblieben, oder besser in meiner Zitatensammlung:
“…Aber ganz gleich, wie sehr man ihn liebt, ins Herz schauen kann man ihm doch nicht. Selbst wenn man es sich noch so sehr wünscht. Man macht es sich nur schwer damit. Unter Umständen können wir uns selbst ins Herz schauen, aber auch das nur mit Mühe. Uns bleibt nichts anderes übrig, als mit uns ins Reine zu kommen. Will man einen anderen Menschen wirklich verstehen, kann man nur möglichst ehrlich und tief in sich selbst hineinschauen. …”
Aus den Texten Murakamis, kann man das herauslesen, was man zur Zeit braucht. Seine Texte können unterhalten, aber auch hilfreich oder nachdenklich sein.
Die Bücher von diesem Autor zu rezensieren, finde ich außerordentlich schwer. Er besticht durch eine Schreibweise, die ich nur schwer in Worte fassen kann. Entweder man liebt diesen Autor oder eben nicht. Manch einem Leser, scheinen diese Texte zu phantastisch. Mir gefallen sie.
“…Im Grunde bedeutete eine Frau zu verlieren genau dies. Frauen schenken uns besondere Momente, in denen sie für uns mitten in der Wirklichkeit die Wirklichkeit außer Kraft setzen…”
Ein Lob muss ich auch an die Übersetzerin (Ursula Gräfe) geben. Diese Texte zu übersetzen, erscheint mir nicht als besonders einfach. Ich kann die japanischen Bücher nicht lesen, habe also keinen Vergleich, aber alleine die deutsche Übersetzung ist grandios. Sie hatte ein Interview bei einer meiner Lieblingsbuchbloggerinnen Buzzaldrins, wen es interessiert, der schaut es sich doch einfach mal an.
Das Buch ist von seiner Aufmachung schon recht hübsch. Der Umschlag ist aus durchsichtiger Folie, auf dem eine Frau mit schwingendem Rock zu sehen ist. Der Einband ist weiß und ein schemenhafter Mann ist darauf. Dadurch verschwindet der Mann fast vollständig und man nimmt ihn nur als Falten im Rock wahr.