von Andrea Karminrot | Aug. 16, 2016 | Rezension, Roman |
Evie Boyd ist 1969 Vierzehn Jahre alt und wird von ihren Eltern eher vernachlässigt. Nicht, dass es dem Mädchen schlecht geht. Aber aber ihre Eltern sind mit sich selber so sehr beschäftigt, dass sie gar nicht darüber nachdenken, was ihre Tochter den ganzen Tag über so anstellt oder wo sie die Nacht verbringt. Auch in der Schule wird Evie übersehen, ebenso die beste Freundin, so unscheinbar sind die Mädchen. Als Evie eines Tages, während der Ferien, im Park zwischen den Familien sitzt, sieht sie dort drei völlig verrückte junge Frauen, die sie magisch anziehen. Ungekämmt, etwas frivol und aufmüpfig, machen die Drei sich über die Parkbesucher lustig. Evie ist fasziniert, besonders von der einen jungen Frau. So möchte sie auch sein, gesehen und wahrgenommen werden.
„In diesem Alter fühlte sich Traurigkeit so wie eine angenehme Gefangenschaft an: Man schmollte und bäumte sich gegen die Fesseln von Eltern, Schule und Alter auf, die Dinge, die einen an dem sicheren Glück hinderten, das einen erwartete. „(Seite 141)
Der Sommer ist heiß und langweilig. Evie wird das interessante Mädchen, Suzanne, wiedertreffen, sich von der jungen Frau mitnehmen lassen, auf eine Ranch. Dort leben die Bewohner in trautem Beisammen sein, voller Liebe, ohne Regeln und mit einer Menge Drogen. Evie möchte hier nicht mehr weg, denn hier wird sie in der Mitte aufgenommen, hier wird sie von Allen geliebt. Blind, wie die Jugendlichen manchmal sind, stolpert sie in eine gefährliche Geschichte.
„Ich würde in ihrer Erinnerung verblassen – die Frau mittleren Alters in einem vergessenen Haus -, bloß eine geistige Fußnote, die in dem Maße schrumpft, wie ihr eigentliches Leben sich geltend macht. Mir war bis dahin nicht klar gewesen, wie einsam ich war. Oder etwas weniger Drängendes als Einsamkeit: Vielleicht das Fehlen eines auf mich gerichteten Blicks. „(Seite 134)
Die Story ist an die wahre Begebenheit Charles Manson angelehnt. Vieles ist „kopiert“, aber aus der Sicht der erwachsenen Evie erzählt. Sie fühlt sich schuldig und ist immer noch auf der Suche nach Anerkennung.
Wie uns Emma Cline in das Jahr 1969 bugsiert, ist schon gut durchdacht. Ich hatte allerdings öfter das Problem, mich nicht in den Zeiten zurecht zu finden oder in den wirren Gedanken einer 14 Jährigen. Allerdings war dieser Roman eine einzige Sucht, die 352 Seiten sehr schnell gelesen. Kopfschüttelnd, habe ich die Verlorenheit und den Drogenkonsum Evie’s aufgenommen. Selbst die Hitze, die im Sommer 69 in Kalifornien herrschte, waberte aus den Seiten und lähmte das Denken, schien die Sinne zu benebeln.
Wer sich nicht mehr an Charles Manson erinnern kann,
>HIER< findest du mehr über die Sekte. Auch bei Cline, ist es brutal. Allerdings läßt sie uns die Geschichte oft selber weiterspinnen, gibt uns nur den Einstieg, der Rest geschieht von alleine: Kopfkino! Sehr gelungen.
Ich brauchte nach diesem Roman erst einmal einige Verschnaufer, um die Lebensgeschichte zu verdauen. Ich kann es nur empfehlen.
Erscheinungsdatum: 25.07.2016
352 Seiten
Hanser Verlag
Fester Einband
ePUB-Format
ISBN 978-3-446-25404-6
von Andrea Karminrot | Aug. 3, 2016 | Krimi, Rezension, Roman |

1952, Konrad Adenauer besucht mit seiner Tochter, die Bühlerhöhe im Schwarzwald. Er ist gefährdet, denn einigen Leuten gefällt der Gedanke nicht, dass er für das “Wiedergutmachungsgesetz” ist. Einem Gesetz, das den geschundenen Juden nach dem Krieg Geld zu spricht. Nicht nur den Deutschen widerspricht dieser Gedanke. Auch Gruppen aus anderen Ländern, ist der Kanzler ein Dorn im Auge. So schickt der Mossad eine junge Frau aus Israel ebenfalls in den Schwarzwald, um den Kanzler zu schützen. Denn sie hoffen auf das Geld, das dem jungen Jüdischen Staat Unterstützung verspricht. Rosa, war schon als Kind, auf der Bühlerhöhe. Sie kennt sich in dem Schwarzwald aus. Eigentlich ist sie keine Agentin, aber sie kann mit einer Waffe umgehen und hat einen wachen Blick. Ihr kleiner Sohn, bleibt im Kibbuz, bei den anderen Kindern. Rosa soll nicht alleine für den Schutz des Kanzlers nach Deutschland reisen, ein “Ehemann” soll sie in Baden-Baden treffen, doch dieser taucht erstmal nicht auf. Alleine fährt sie weiter auf die Bühlerhöhe und gerät in einigen Schlamassel.
Auf der Bühlerhöhe gibt es die Hausdame Sophie Reisacher, eine Person die von allen 150% verlangt. Sie ist eine sehr neugierige Person, die überall herumschnüffelt und auch nicht davor zurückschreckt, fremde Telefonate abzuhören und Briefe zu öffnen. Sie glaubt, jeden Menschen der in ihrem Hotel zur Tür hereinkommt, genau einschätzen zu können. Bei Rosa irrt sie allerdings und zeigt der Jüdin gegenüber auch einen Hauch von Hass und Widerwillen. Sophie hofft auf eine Erlösung aus dem Hotelgewerbe, denn eigentlich ist sie Straßburgerin und erwartet von ihrem Geliebten endlich geheiratet zu werden und in den Elsass zurückzukehren, den sie als Deutschenliebchen verlassen musste. Sie ist Witwe und ihr gefallener Mann war bei der SS, was ihr die Elsässer nicht verzeihen wollten.
“Durch den Regen dampfte der Wald vor Feuchtigkeit und roch intensiv nach Holz und Moos. Über dem Wasserlauf schwebten Nebelschwaden, so leicht und luftig, dass ein Windhauch sie vertreiben konnte. Für ein paar Minuten zeigte sich die Abendsonne und ließ Wassertropfen auf Tannenspitzen und Farnen wie Edelsteine glitzern. Rosa schien es, als ob der Wald sie mit seiner Schönheit nach diesem aufwühlenden Tag trösten wollte…” Seite 130
Ich war schnell begeistert von diesem Buch. In einer unglaublich schönen Sprache schreibt die Autorin ihren Roman. Man kann förmlich den Duft der Schwarzwaldtannen riechen und ist mit den Akteuren in den Wäldern unterwegs.
Brigitte Glaser hat eine Art, den Leser in ihren Bann zu ziehen, die mir sehr gefällt. Innerhalb kürzester Zeit war ich in diesem Buch gefangen und musste einfach jede Minute lesen. Die Hauptfiguren träumen in vergangene Zeiten weg und nehmen den Leser mit. Zeigen die Abgründe, ihrer Gedanken und die Höhenflüge ihrer Wünsche. Ganz nebenbei, ist man Zeuge eines Mordes und einer Verschwörung. Kichernde Zimmermädchen und undurchsichtige ältere Herren, machen dieses Buch für jeden spannend. Nie ist man sicher, ob die zusammengesetzten Teilchen wirklich zusammengehören. Denn wenn man denkt der Lösung nahe zu sein, wird wieder neu gemischt. Aber so nach und nach versteht man die Hauptfiguren und weiß warum sie so handeln, wie sie handeln. Am Ende war ich mir nicht schlüssig, ob ich nun einen Roman oder einen Krimi gelesen habe. Die 445 Seiten waren viel zu schnell ausgelesen. Alles fand das richtige Ende. Ich kann es auf jeden Fall empfehlen, zu lesen. Aber bitte nur, wenn du die nächsten zwei Tage nichts vor hast, denn alles andere wird liegen bleiben.
Brigitte Glaser hat noch mehr Bücher geschrieben. Dieses hier gehört zu den
Kopfkinobüchern. Wie die
anderen Krimis sind, die sie geschrieben hat, kann ich nicht beurteilen, werde ich aber prüfen, denn der Schreibstil dieser Autorin ist dermaßen mitreißend, das ich mir das Kino schenken kann.
List Verlag
Kriminalroman Deutschsprachige Literatur
Hardcover
gebunden mit Schutzumschlag
448 Seiten
ISBN-13 9783471351260
Verlinkt mit –Buch und Mehr–
von Andrea Karminrot | Juli 10, 2016 | Krimi, Regionales, Roman |
Hin und her gerissen, war ich von diesem Buch. Habe ich nun einen Krimi gelesen oder einen Roman? Soll ich diese Geschichte ernst nehmen, ist sie wirklich passiert oder ist reine Fiktion? Die Straße in Berlin existiert wirklich und die Schauplätze, nahe dieser Straße sind absolut real. Beim googeln, nach der Rockband aus den 1980 Jahren, bin ich auf eine Seite gestoßen, die mir sogar Musikdownloads angeboten hat. Und in dem Buch fand ich die passenden Codes dazu. Ich blieb weiterhin verwirrt, denn ansonsten fand ich nichts über die “Kommune des Schreckens” oder die Band Klarstein…
Aber erst einmal will ich dir etwas über das Buch erzählen:
Die forsche und neugierige Jule Sommer, eine Musikjournalistin, die bei der Zeitung “Schall” arbeitet, fährt nach Griechenland, um den ehemaligen Tontechniker der Band Klarstein, zu interviewen. Nachdem der Sänger der Band, in Berlin, in der Villa in der Kopischstraße erschossen wurde, hat sich Sebastian Winter (der Tontechniker) auf eine der griechischen Inseln zurückgezogen und noch nie über den Mordfall mit jemanden geredet. Jule schafft es dem ehemaligen Bandmitglied, die wahre Geschichte ab zuluchsen. Denn Sebastian war damals dabei. Aber was verschweigt er? Und unter welchen Bedingungen kommt Jule an die Story.
“Der Sommer knallte nach langer Abwesenheit wieder seine ganze Hitze auf die Stadt und trieb den Menschen den Schweiß aus den Poren. Über dem Pflaster des Gehsteigs flirrte die Luft, und gegen das gleißende Licht erschienen uns die Menschen auf dem Ku’damm verzerrt, als würden ihre Moleküle von der heißen, aufsteigenden Luft hin- und herbewegt, die Körper gegen alle Naturgesetze bis zur Durchsichtigkeit zerstäubt. Ich liebe den Sommer in der Stadt, obwohl ich die lauen Nächte den schwülheißen Tage vorzog.”
Der Roman liest sich außerordentlich leicht. Auf jeder Seite findet man etwas mehr über die Band und ihre Mitglieder heraus. Jule ist eine sympathische Person und man hofft, dass ihr bei dem psychopathisch wirkenden Sebastian, nichts passiert. Auch die anderen Bandmitglieder sind toll beschrieben. Obwohl viel über Musik gesprochen wird, ist es nicht langweilig für Nichtmusiker. Das Buch ist in drei große Kapitel unterteilt. Gleich zu Anfang des Kapitels, findet man den Text zu dem Song aus der Zeit, die das Kapitel beinhaltet. Zudem bekommt man einen
Downloadcode für die drei großen Hits der Musikgruppe. Natürlich habe ich sie mir heruntergeladen und kann nur sagen, nicht schlecht. Passt in die Zeit. Ich fand das Buch wirklich spannend geschrieben. Und wie gesagt, ich kann mich immer noch nicht entscheiden Roman oder Krimi. Michael Düblin hat mich auf jeden Fall mit seinem Schreibstil überzeugt. Er findet wunderbare Worte, die überzeugen. Ein sehr unterhaltsames Buch, das sich ziemlich schnell lesen lässt. Interessante Einblicke in das Musikbusiness lockern die Erzählung von dem Tontechniker auf. Aber auch Jule kommt in dem Roman zu Wort und man spürt mit ihr eine leichte Angst und eine kleine Überlegenheit.
von Michael Düblin
Johannes Petri Verlag
2016. 336 Seiten. Gebunden.
ISBN 978-3-03784-098-6
von Andrea Karminrot | Juni 30, 2016 | Rezension, Roman |

Nicht immer muss ich neue Bücher lesen. Dieses hier, habe ich in der Kramkiste meines Buchdealers gefunden. Da ich Suter längst mal lesen wollte, kam mir das gerade recht. Vielleicht bringe ich dich auch auf den Geschmack…
Die Zeit existierst gar nicht. Sie ist ein, von den Menschen erfundenes Ding, dass die Veränderungen einfangen soll. Dem Leben einen Rhythmus geben soll. Ein Gerät, mit Zahnrädern und Federn, das dem Menschen vorrechnet, wie der Lauf der Veränderungen vor sich geht. So zumindest der Gedanke von Albert Knupp, einem schrulligen Alten,der Peter Taler gegenüber wohnt und 1991 seine Frau an den Krebs verloren hat. Knupp tut alles um die “Zeit”, oder besser die Veränderungen, rückgängig zu machen. Denn er hofft, so seine Frau wieder zurück zu bekommen. Peter Taler, jünger und selber seit einem Jahr Witwer, ist empfänglich für die verrückte Idee des Alten. Auch Peter ist über den jähen und gewaltsamen Tod seiner Frau längst nicht hinweg. Peter macht sich zudem den Vorwurf, nicht rechtzeitig da gewesen zu sein, um seine Frau retten zu können. Immer noch ist er auf der Suche nach dem Mörder.
Das war das erste Buch, das ich von Martin Suter gelesen habe und bin wirklich sehr angetan. Die Handlungsstränge sind klar und deutlich. Die Geschichte mit den vielen Figuren verständlich und man kann sich die Situation der beiden Hauptcharaktere sehr gut vorstellen. Die Verzweiflung, die beide Männer verspüren, welche sich an jede Möglichkeit klammern, um die Vergangenheit aufzuheben. Suter schaffte es den Roman für mich nie langweilig werden zu lassen. Die 297 Seiten sind recht schnell gelesen. Es ist bestimmt kein Meisterwerk, aber ein Buch, das sehr unterhaltsam ist. Wenn du glaubst, der Lösung nahe zu sein, dann dreht sich wieder alles.
Roman, Diogenes Verlag,
304 Seiten
Erschienen im Nov. 2013
ISBN 978-3-257-24261-4
von Andrea Karminrot | Juni 30, 2016 | Rezension, Roman |
Nicht immer muss ich neue Bücher lesen. Dieses hier, habe ich in der Kramkiste meines Buchdealers gefunden. Da ich Suter längst mal lesen wollte, kam mir das gerade recht. Vielleicht bringe ich dich auch auf den Geschmack…
Die Zeit existierst gar nicht. Sie ist ein, von den Menschen erfundenes Ding, dass die Veränderungen einfangen soll. Dem Leben einen Rhythmus geben soll. Ein Gerät, mit Zahnrädern und Federn, das dem Menschen vorrechnet, wie der Lauf der Veränderungen vor sich geht. So zumindest der Gedanke von Albert Knupp, einem schrulligen Alten,der Peter Taler gegenüber wohnt und 1991 seine Frau an den Krebs verloren hat. Knupp tut alles um die“Zeit”, oder besser die Veränderungen, rückgängig zu machen. Denn er hofft, so seine Frau wieder zurück zu bekommen. Peter Taler, jünger und selber seit einem Jahr Witwer, ist empfänglich für die verrückte Idee des Alten. Auch Peter ist über den jähen und gewaltsamen Tod seiner Frau längst nicht hinweg. Peter macht sich zudem den Vorwurf, nicht rechtzeitig da gewesen zu sein, um seine Frau retten zu können. Immer noch ist er auf der Suche nach dem Mörder.
Das war das erste Buch, das ich von Martin Suter gelesen habe und bin wirklich sehr angetan. Die Handlungsstränge sind klar und deutlich. Die Geschichte mit den vielen Figuren verständlich und man kann sich die Situation der beiden Hauptcharaktere sehr gut vorstellen. Die Verzweiflung, die beide Männer verspüren, welche sich an jede Möglichkeit klammern, um die Vergangenheit aufzuheben. Suter schaffte es den Roman für mich nie langweilig werden zu lassen. Die 297 Seiten sind recht schnell gelesen. Es ist bestimmt kein Meisterwerk, aber ein Buch, das sehr unterhaltsam ist. Wenn du glaubst, der Lösung nahe zu sein, dann dreht sich wieder alles.
Roman, Diogenes Verlag,
304 Seiten
Erschienen im Nov. 2013
ISBN 978-3-257-24261-4
von Andrea Karminrot | Apr. 21, 2016 | Rezension, Roman |
Das ist nun mein Beitrag zu der
Blogparade, die Astrid und Silvia von dem Blog
Leckere Kekse ins Leben gerufen haben. Ich wollte dich nach New York entführen und dir ein Stück schöne Literatur vorstellen. Mein Buchdealer hat mir “Der Klang der Zeit” empfohlen und so habe ich mich an die 768 Seiten gewagt.

Ich wollte dich nach New York entführen und dir ein Stück schöne Literatur vorstellen.
Mein Buchdealer hat mir “Der Klang der Zeit” empfohlen und so habe ich mich an die 768 Seiten gewagt.
Ich habe ein klangvolles Buch voller Musik gefunden. Einem Buch, randvoll mit bezaubernden Worten, melodiösen Sätzen. Ich habe Abhandlungen über die Zeit gelesen, die mich mehr verwirrt haben, als mir die Zeit zu erklären. Physikalische Belehrungen, die mich ermüdeten. Ich habe von New York gelesen. Von den Kämpfen zwischen Schwarz und Weiß, den Rassenunruhen in den Sechziger Jahren. Habe über die Geschichte zweier Jungen gelesen, deren Eltern nicht unterschiedlicher sein konnten. Die Mutter aus einer gebildeten schwarzen Familie und der Vater ein jüdischer Physiker, der aus dem Nazideutschland geflohen ist. Gegen allen Verstand heiraten die Beiden und bekommen drei sehr musikalische Kinder. Die Kinder Milchkaffeebraun / -weiß, mit so viel Musik in den Adern, dass der Ältere ein Stipendium an einer Musikschule bekam, wo seine Stimme Engelsgleich ausgebildet wurde. Obwohl es für schwarze Kinder ganz und gar nicht üblich war, eine solche Ausbildung zu bekommen. Geschweige denn, auf eine solche Schule zu gehen. Auch der Mittlere wurde auf diese Schule geschickt und erhielt eine Klavierausbildung. Stets im Schatten des Älteren, dazu verdammt immer nur der Diener, Schlichter und Kindermädchen für die Familie zu sein. Die viel jüngere Schwester, noch musikalischer als die Brüder, entschied sich, nach dem gewaltsamen Tod ihrer Mutter, für einen ganz anderen Weg. Einen Weg, der mit Musik nichts zu tun hatte, aber auch den Klang der Zeit verdeutlichte. Einen Weg durch die Unruhen …
Die Kinder wachsen in einer Scheinwelt der so verschiedenen Eltern auf. Sie bekommen den Krieg zwischen den Hautfarben, der überall in Amerika brodelt, nur am Rande mit. Die Eltern unterrichten die Jungen zu Hause in New York, am Rande von Harlem, wo sich Schwarz und Weiß vorsichtig vermischen. Die Tochter wird später auf eine “normale” Schule gehen, nicht so weltfremd wie die Brüder. Die Kinder spielen lieber im Haus, als auf der Straße, wo die anderen Kinder schon darauf warten, die Mischlinge zu quälen. Als die Jungen in ein Internat umziehen, werden sie von fast allen Kindern akzeptiert, es sind wieder die weißen Eltern, die es zu verhindern wissen, dass engere Kontakte entstehen.
Die Story wird größtenteils von Joseph, dem mittleren der Kinder erzählt. Nur wenn es in die Vergangenheit geht, als der Junge noch nicht geboren war, übernimmt ein Erzähler das Wort.
“Wir sollten die Zukunft sein. Wir sollten die Gegenwart überwinden. Wir sollten die Rassenunterschiede überhaupt nicht sehen. Nicht einmal das Wort Rasse sollte fallen.” Seite 358
Wo kommt bloß dieser Titel her? Ja, es handelt von Musik. Von den Schwierigkeiten der Schwarzen in einem Land, in das sie nicht freiwillig eingewandert sind. Es handelt von dem Niemandsland der Kinder von gemischten Partnerschaften. Aber der eigentliche Titel entstammt einem Abschnitt von Seite 191, wo der Vater seinen Jungen Noten aus einer Zeit zeigt, als es noch keine Notenschlüssel und Tonarten gab. Er erklärt ihnen das Geheimnis der Töne in der Zeit, als die Welt noch in einem anderen Rhythmus schlug. In einem Kloster an der Nordspitze von Manhatten, auf einem Hügel oberhalb des Hudson River. “The Cloisters” einer Zweigstelle des Metropolitan Museum of Art. (Einem Kloster, das aus verschiedenen Klöstern zusammengetragen wurde. Niemals in der Vergangenheit einen echten Sinn gehabt hatte.)
“Zeit ist das Mittel, mit dem wir verhindern, dass alles zugleich passiert” Seite 116
Ich habe dieses Buch wirklich gerne gelesen, nur manchmal war ich von den vielen Eindrücken, physikalischen und zeitlichen Ergüssen, den vielen Musikstücken und Komponisten und Sängern erschlagen. Ich war froh, auf den letzten Seiten des Buches eine Zeittafel der Geschichte und die für dieses Buch relevanten Momente zu finden. Einige Sänger und Komponisten habe ich mir im Internet zusammengesucht und auch da wieder einiges dazugelernt. Ich habe mir die Musik angehört, die auf den Seiten erwähnt wurde.
Die Grundgeschichte hat mich gefesselt, hat mir ein Lesevergnügen bereitet, das mich die trägen Momente in dem Buch meist vergessen ließ.
“Wer die Vergangenheit zum Ursprung erklärt, lässt der Zukunft keinen Spielraum…Wir alle bewegen uns auf einer gekrümmten Kurve, die zusammenbrechen wird und uns alle neu erschaffen wird” Seite 114
Um auf das New York Thema zurückzukommen: Die Straßen von New York, die Bezirke und die Musikschulen und Konzerthäuser, spielen in diesem Buch eine große Rolle. New York ist der Knotenpunkt in diesem Buch. Und ich wünsche mir eine Reise in diese Stadt. Ich fürchte nur 2 oder 3 Tage würden nicht reichen, all die Plätze zu besuchen, die ich mir ansehen möchte. Diese Blogparade #nycblogparade macht unheimliche Lust dorthin zu fahren.
Schau bitte auch auf den anderen Blogs vorbei, damit du mit dem zwölften Wort “in”, das ich dir jetzt gebe, den Satz vervollständigen kannst, mit dem du bei Leckere Kekse gewinnen kannst.
Roman von Richard Powers
768 Seiten,
FISCHER Taschenbuch
ISBN 978-3-596-15971-0