Betrunkene Bäume

Erich ist alt. Der alte Mann kann sich nicht mehr allein versorgen. Doch die Hilfe, die ihm seine Tochter besorgt, will er nicht. Erich ist immer noch stur genug, sein Leben selber bestimmen zu wollen.  Er fühlt sich allein gelassen und lehnt gleichzeitig alle Hilfe ab. Obwohl seine Tochter alles für den alten Mann in die Wege leitet, ist sie doch nicht für ihn da. Einzig die Bäume, geben Erich das Gefühl nicht ganz zu vereinsamen.
Katharina bricht aus ihrem Leben aus. Sie gibt der Mutter die Schuld, dass der Vater nach Sibirien abgehauen ist. Der Streit zwischen Mutter und Tochter endet in Schweigen und Flucht. Die Tochter versteckt sich vor der Mutter und sie erfährt, wie es ist, allein zu sein. Sie trifft auf Erich und findet Zugang zu dem mürrischen Alten. Gemeinsam kramen sie ihre Geheimnisse hervor und versuchen das Beste daraus zu machen. Erich und Katharina, verbinden ihre Ängste und Sehnsüchte. Die Sehnsucht nach einem geliebten Menschen, der sie einfach im Stich gelassen hat.

Anfangs hatte ich etwas Schwierigkeiten in dem Buch anzukommen.  Irgendwann fand ich dann den Faden, der mich durch die Geschichte zog und nicht mehr los ließ. Die Schriftstellerin hat eine sympathische Art, ihre Figuren lebendig werden zu lassen. Sie schreibt etwas melancholisch, aber nicht so, dass man sich selber schlecht fühlt. Ihre Figuren haben Witz und sehnen sich nach Geborgenheit. Und das kann man förmlich spüren. Die klare Schreibweise von Ada Dorian macht, dass man die Figuren nur allzu gut verstehen kann. Schade, dass das Buch nur knappe 300 Seiten hatte. Ich hätte noch mehr lesen können.
Was hat der Titel nun mit dem Buch zu tun? Das erklärt sich im Laufe der Geschichte. Betrunkene Bäume gibt es nämlich wirklich. Das sind Bäume, denen der Boden keinen Halt mehr gibt, weil er aufgeweicht ist. Die Bäume kippen zur Seite. Wenn der Boden wieder fester wird, haben sie wieder Halt und wachsen einfach weiter, nur dass ihr Stamm verbogen in den Himmel ragt. 
Von Ada Dorian 
Ullstein Verlag 
272 Seiten

Mein Leben als Zucchini

»Mein Name ist Zucchini«, so stellt sich der kleine Ikare aus Frankreich vor. Seine Mutter arbeitslos, Alkoholikerin und fernsehsüchtig, kümmert sich seit ihrem Unfall kaum noch um den Jungen. Aufmerksamkeit bekommt der Kleine nur, wenn er etwas Dummes angestellt hat. Und das eigentlich täglich. Zucchini versteckt sich dann am liebsten auf dem Dachboden, da kommt die Mutter, mit ihrem kaputten Bein nicht hin. Eines Tages findet er in einer Kommode einen Revolver und will damit den Himmel erschießen, weil der, wie die Mutter immer sagt,

»Der Himmel, mein Kleiner, der ist so groß, damit wir nie vergessen, wie klein unsereins daneben ist.« (Seite 7)

Das Kinderbuch wird aus der Sicht des kleinen Zucchini erzählt. (Warum eigentlich Zucchini. Der Originaltitel heißt :Autobiographie einer Pflaume. Das idiomatische Pendant zur französischen courgette ist im deutschen die Pflaume oder Gurke. Da der gleichnamige Film sich für Zucchini entschieden hat, wurde die Neuauflage des Romans, dem Film angeglichen.) Der Roman liest sich, wie ein Neunjähriger sprechen würde, der nicht der intelligenteste ist. Zucchini hinterfragt viel und geht damit seiner Umwelt manchmal gehörig auf die Nerven. Es gibt so manchen Erwachsenen in der Geschichte, der auch ein gutes Bild macht. Die Erzieher in dem Heim sind oftmals wie eine Insel der Geborgenheit. Die Geschichten der Kinder werden, wie es Kinder sehen erzählt. Ohne große Details und so einfach wie möglich. 
Mich hat das Buch sehr berührt. Nicht das ich Tränen in den Augen gehabt hätte. Durch die Erzählweise, sieht man die Grausamkeiten mit dem Kinderblick und kommt einfach damit klar. 
Erst vor kurzem ist der Film zum Buch in den Kinos angelaufen. Die Verfilmung wird sehr gelobt, es wäre tragisch, traumatisch und berührend. Als Puppenfilm, sind die Figuren neutraler, was es für kleine Kinder zu einem einfachen Puppentrickfilm macht. Das Buch würde ich etwas älteren Kindern empfehlen. Es ist aber genauso gut für Erwachsene zu lesen.
Übersetzung Melanie Walz
Knaus Verlag

Gebundenes Buch mit Schutzumschlag

ISBN: 978-3-8135-0770-6

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Die Liebeserklärung

Mit seinen 27 Jahren weiß Corentin nicht wirklich was er will. Er hat sein Studium hingeschmissen und arbeitet im Sommer, zusammen mit seinem Patenonkel, als Hochzeitsfilmer. Hochzeiten, die groß gefeiert werden, mit allem was man sich vorstellen kann. Corentin hat die Aufgabe, die Brautleute vom morgendlichen Aufstehen, über den Frisörtermin, bis zum Ende der Hochzeitsfeier, mit der Kamera zu filmen. Dabei bekommt er Einblicke in die Wirklichkeit, hinter die Vorhänge der perfekten Hochzeit. Die Schwiegermütter sind aufgeregter, als die Braut. Bei den Gästen muss man acht geben, dass sie nicht aus der Reihe tanzen. Es gibt die verschiedensten Hochzeiten, spannende, außergewöhnliche und auch solche, die in Erinnerung bleiben. All das, wird von den Hochzeitsfilmern festgehalten. 

Corentin hat selber kaum längere Beziehungen, an Heiraten ist gar nicht zu denken. Meistens werfen die Frauen ihm die Beziehung vor die Füße, da er wenig Zeit für sie hat. Die Hochzeiten fordern die Wochenenden. Während einer Hochzeit, bittet die Braut Corentin darum, ihre Liebeserklärung zu filmen. Diese Erklärung macht etwas mit dem jungen Franzosen, sie lässt ihn nachdenklich werden und er hat die Idee, seine Familie und seinen besten Freunde ebenfalls zu filmen, während sie einfach nur reden. Dabei eröffnen sich Dinge, die Corentin nie so gesehen hat, oder erahnt hätte.

Keine Liebesgeschichte!

Das ist das zweite Buch, das ich von Blondel gelesen habe. Die leichte und witzige Schreibweise, gefällt mir. Man könnte fast annehmen, er legt es darauf an, oberflächlich zu klingen. Dabei hat sein Roman eine gewisse Tiefe. Er zeigt einen jungen Mann, der ein Spiegel der jugendlichen Gesellschaft ist. Und nicht nur das, die Brautleute und deren Familienangehörige werden beleuchtet und gefilmt. Nicht immer besonders schön, mit ihren Macken, ihrer Arroganz und Überheblich- oder Unterwürfigkeit und Demut. Unschöne Wahrheiten können manchmal auch eine Hochzeit sprengen, das Leben zum Wanken bringen, weil man vergessen hat, die rosarote Brille abzunehmen. Blondel hat eine feine Art mit der Feder auf die Gesellschaft zu zeigen. 
Für mich eine amüsante tiefgründige Lektüre, die einem das Wochenende verkürzen kann.
Verlag :Paul Zsolnay
Übersetzt von Anne Braun
ISBN: 9783552063334
Fester Einband 
160 Seiten

Das Lied der Störche

1920

Freddy, eigentlich Frederike, kommt mit ihrer Mutter und den kleinen Geschwistern aus Potsdam. Sie werden auf dem Gutshof in Ostpreußen wohnen, denn die Mutter hat den Cousin ihres verstorbenen Mannes geheiratet. Es ist schon eine kleine Umstellung für die 11 Jährige. Alles ist etwas anders. Das warme Wasser muss noch aus der Küche nach oben getragen werden und es gelten strenge Regeln für den Alltag. Die Leute (die Dienerschaft), sehen die Mutter als Hausherrin, aber noch nicht als Respektsperson an. Was weiß Eine aus der Stadt schon vom Landleben und der Führung eines Gutshofes. Aber die Kinder haben einen guten Stand bei den Leuten, besonders bei der Köchin. So vertrödeln sie ihre Zeit, wenn sie nicht vom Hauslehrer geschult werden, mit Reiten, Schwimmen und Spielen auf den Wiesen. Einzig Frederike macht sich Sorgen um ihre Zukunft. Was soll aus ihr werden? Wird sie eines Tages jemanden finden, der sie heiratet und wird sie dann auch einen Gutshof leiten?…

Ulrike Renk beschreibt das Leben auf dem Gutshof in den 1920er Jahren ganz zauberhaft. Freddy hat viel Kontakt zu den Leuten, wodurch man einen netten Einblick hat. Das Mädchen hinterfragt Vieles und lauscht auch manchmal, wenn die Mutter Gespräche mit dem Personal führt. Die Örtlichkeiten sind schön beschrieben, so dass man sich sofort in dem Buch zu Hause fühlt.
Aber das war es dann auch schon. Das Buch war in meinen Augen so unaufgeregt, wie ein Kinderbuch. Manches mal hatte ich das Gefühl, einen neuen Band von “Der Trotzkopf” oder “Hanni und Nanni” zu lesen (Diese Bücher habe ich mit 10 Jahren sehr geliebt!). Die Autorin wiederholt sich in einer Endlosschleife, wenn es darum geht, dass sich Frederike Gedanken um ihre Zukunft macht und was die Köchin auf den Tisch bringt. Mir hat ein wenig das Niveau gefehlt, oder zumindest eine Spannung oder Tiefe.
Ich habe dieses Buch abgebrochen, was ich üblicherweise nicht mache.
von Ulrike Renk
Aufbau Verlag
512 Seiten
Taschenbuch
ISBN 978-3-7466-3246-9 

Das Nest

Die 4 Plumb-Geschwister erwarten ein Erbe, das sich gewaschen hat. Nur ist von dem Geld, das der Vater geschickt angelegt hatte und den Nachkommen erst zum 40sten Geburtstag der Jüngsten zur Verfügung stehen sollte, nicht mehr viel übrig. Schuld, hatte da wohl Leo, der Älteste. Durch einen Unfall, den er verursacht hatte, schrumpfte der Fond auf eine recht geringe Summe. Die Mutter, die bis dahin die Verwaltung des Geldes hatte, bezahlte das Opfer großzügig aus. Die restlichen Geschwister haben allerdings mit dem Erbe gerechnet und stecken nun in Schwierigkeiten. 
Ich habe mich mit dem Roman wirklich gut unterhalten. Leo, lässt keinen Rock aus den Augen, was ihn mehr als einmal in richtige Schwierigkeiten bringt. Aber frei nach dem Motto, aufstehen, Krone richten, weitermachen, zieht er seine Bahnen. Auch seine Schwester Bea, die sich für eine Schriftstellerin hält und von dem großen Durchbruch träumt, aber schon lange nichts gutes mehr geschrieben hat und Jack, der Antiquitätenhändler ohne Erfolg, erleiden einen mächtigen Dämpfer, als sie erfahren, daß sie nun doch nicht reich werden, um ihre Schuldenlöcher stopfen zu können. Melody, die Jüngste, zeigt sich gerne reich und gut gestellt. Dass sie im Grunde nur auf das Erbe wartet, erfährt man nur als Leser. 
Das Nest, ist demnach “nur” ein sattes Bankkonto, das durch 4 zu teilen wäre.



Ich fand es wunderbar, wie die Autorin alle auf die Schippe nimmt, sie bloßstellt und sich lustig macht. Sie beschreibt nicht nur die Geschwister in ihrer Welt auf Pump mit spitzer Feder, sondern noch etliche Nebendarsteller. Sie hält der Gesellschaft den Spiegel vor. Zeigt auf, dass heute keiner mehr strampeln möchte und am liebsten einen warmen Geldregen erwartet, der einen wieder aus der Pampe hilft.

Was mir auch gut gefallen hat, ist dass es keine losen Ende gibt. Jede Geschichte wird zu Ende erzählt.

Das Nest, ist der erste Roman von Cynthia D’Aprix Sweeney. Als PR-Beraterin hat sie in New York gearbeitet, wo auch ihr Roman spielt. Ich hoffe sehr, dass sie weiter Bücher schreiben wird.

von Cynthia D’Aprix Sweeney
Übersetzt von Nicolai von Schweder-Schreiner
ISBN: 3608980008
Klett-Cotta Verlag
gebunden – 410 Seiten

Das ist ein „TierfreundBuch