von Andrea Karminrot | Apr. 8, 2021 | Historie, Rezension, Roman |
Griet muss ein Glückskind sein! Sie hatte einen langen Weg hinter sich. Eigentlich stammt Griet aus den Niederlande, war eine politisch Gefangene im KZ Außenlager Giesing und musste in der Munitionsfabrik AGFA arbeiten. Als die Alliierten den Krieg beendeten, wurden die Frauen des Lagers von den Deutschen in das Umland getrieben. Der lange Marsch endete in der Nähe von Wolfratshausen. Griet und die vielen Gefangenen kamen, dicht gedrängt, in den Scheunen der Bauern unter. Die Amerikaner nahmen sich den verwahrlosten Frauen an.

Im Laufe der Zeit kamen immer mehr befreite Menschen in den Lagern zusammen und die Amerikaner sorgten dafür, dass die befreiten Menschen wieder in ihre Heimat zurück gebracht wurden. Griet schlug das Angebot aus, nach Haarlem zurück zukehren. Sie wollte lieber in der Nähe des Amerikaners Captain Dan bleiben, in den sie sich während ihrer Befreiung verliebt hatte. So bekam sie die Möglichkeit nach München zu ziehen.
Toni Brandel (Antonia) ist Anfang Zwanzig, als der Krieg zu Ende war. Zusammen mit ihrer Mutter, Tante, Cousin Benno und der Großtante Vev, bewohnt sie eine große Wohnung mitten in München. Alles ist knapp. Nahrungsmittel, Heizmaterial und Kleidung. Aber Toni scheint ein wahres Improvisationstalent zu sein. Immer wieder hat sie das Glück an Lebensmittel oder Tauschwaren zu kommen. Dabei stolpert sie über Louis, einen Mann der zu schön ist, um ihn sich als Partner vorzustellen. Doch sie kann es nicht lassen. Immer wieder an den Filou zu denken oder ihm aus dem Weg zu gehen. Louis hat es auf die hübsche Toni abgesehen und hilft ihr immer wieder an Schwarzmarktware heran zu kommen.

Griet und Toni treffen sich das erste Mal in der Wohnung in München, in die der Amerikanische Captain, Griet’s Freund sie einquartiert hat. Griet ist Scheu und spürt die Abneigung der Münchner Frauen gegen sich. Aber Wohnraum in der Stadt ist nun mal knapp und so bleibt sie. Die beiden jungen Frauen werden sich im Laufe der Zeit anfreunden. Überleben, Nahrungssuche und Herzensdinge wirken fast wie ein Krimi.
Die Glückskinder Griet und Toni
Schon auf den ersten Seiten von Glückskinder hatte mich die Autorin abgeholt. Geschichten aus dem zweiten Weltkrieg oder die Nachkriegszeit, ziehen mich immer wieder magisch an. Die Teresa Simon schreibt unkompliziert und macht ihre Figuren sehr sympathisch. Schufte, Diebe und brutale Nazis sind genauso gut beschrieben, wie die Glückskinder Griet, Toni, Dan, und die vielen andere. Man findet sich in dem schwer zerstörten München wieder und empfindet mit den Figuren die Hungersnöte und leidet den eisigen Winter 1946/47 mit. Doch es ist noch mehr, es ist ein Neuanfang. Die Menschen lernen sich zu arrangieren und versuchen das Beste aus dem Wenigen zu machen, was vorhanden ist. Ich hatte sehr viel Freude am lesen.

Die Autorin
Brigitte Riebe schreibt unter dem Pseudonym Teresa Simon. Sie ist promovierte Historikerin, ist selber in München aufgewachsen und hat dadurch einen besonderen Bezug zu den Schauplätzen in diesem Roman. Sie hat ein klein wenig die Erfahrungen aus der Nachkriegszeit ihrer Familie einfließen lassen. Die Autorin hatte die damalige Zeit nicht selber erlebt, ist sie doch erst 1953 geboren. Aber viele ihrer Schauplätze sind leider viel zu real.
Noch mehr Glück findet man hier. Außerdem stelle ich dieses Buch gerne in die Reihe der April-Bücher
Ein Roman von Teresa Simon
Heyne Verlag
512 Seiten
ISBN: 978-3-453-42406-7
von Andrea Karminrot | März 24, 2021 | Jugendbuch, Rezension, Roman |
Kronsnest. Auf einem kleinen Bauerngut direkt am Deich, an den Elbmarschen, lebt der 15 Jährige Hannes. Nie kann er es seinem Vater recht machen, der immer wieder Gewaltausbrüche hat und wenn der Junge mal etwas gut gemacht hat, schweigt. Die Mutter schaut weg und schweigt ebenfalls, verzieht sich lieber in ihre Welt der Bücher.

Hannes ist ein Träumer. Er schaut den Wolken nach und denkt sich Geschichten aus. Er träumt sich an den Abendbrottisch seines besten Freundes Thies und nimmt an dessen regen Familienleben teil. Hannes schafft es auch in seinen Träumen die leidigen und nervenden Klassenkameraden zu bekämpfen. Doch in der Wirklichkeit ist es dann doch anders und er muss Schlamm fressen oder Prügel einstecken.
Es sind die Jahre zwischen den Weltkriegen. Der Vater war Soldat in Flandern. Was er da wohl erlebt hat? Und dann taucht auch noch ein neuer Lehrer auf. Aus der Nähe von Königsberg, mit dem selben leeren Blick wie der Vater. Doch der ist anders als erwartet. Gibt dem Jungen Bücher.
Und dann ist da noch Mara. Die Tochter von dem ehemaligen Kaufmann Heesen, der sich mit dem Hof seines Bruders herumschlägt. Immer wieder muss Hannes an das Mädchen denken.
Hannes Mutter versucht immer wieder die Wogen zwischen ihren Männern zu schlichten. Aber wie es eben mit Jungen in der Pubertät schon seit Jahrhunderten so ist, sie sind merkwürdig. Einerseits möchten sie noch in die Arme der Mutter flüchten und gleichzeitig ihren Mann stehen!

Kronsnest, mein Eindruck:
Der Autor erzählt eine ziemlich unaufgeregte Geschichte. Ohne Schnörkel und unkompliziert begleitet man Hannes in seinen Flegeljahren durch eine Zeit, die damals bestimmt nicht so lustig war. Immerhin kam kaum ein Vater ohne Schaden, sichtbar oder unsichtbar, aus dem ersten Weltkrieg zurück. Auch beginnen gerade die Nazis sich immer mehr auszubreiten, denn auch den Bauern so hoch im Norden, ging es nicht so gut. Die großen Höfe in Ostpreußen bekamen Zuschüsse, während die Kleinen im alten Land knapsen mussten.
Der Roman liest sich so schnell und angenehm, dass es eine wahre Wonne ist. Obwohl die Geschichte an sich eine schwere Zeit beleuchtet. Er stellt keine großen Herausforderungen aber es liest sich einfach sehr angenehm und unterhaltend. Dabei ist Hannes selber ein absolut wortkarger Typ!
von Andrea Karminrot | Feb. 25, 2021 | Rezension |
…Abendlicht, blaues Kleid
Das ist die Beschreibung eines Bildes. Junge Frau am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid ein Bild von Vermeer.

Hannah besucht ihre Großmutter regelmäßig jeden Dienstag in ihrem Berliner Pflegeheim. Die alte Dame freut sich immer über den Besuch. Eine Abwechslung in dem „langweiligen“ Heimalltag. Evelyn, die Großmutter, ist ziemlich eigensinnig und verschlossen. Sie ist es gewohnt, dass man sie als Frau Doktor anredet und macht, was sie sagt.
Kurz bevor Hannah ihre Großmutter wieder verlassen will, sieht sie einen Brief auf dem Tischchen liegen. Der Brief ist von einer Kanzlei in Tel Aviv, die sich mit Restitutionsverfahren auskennt. Evelyn scheint die einzige Erbin eines verschollenen und konfiszierten Kunstvermögens zu sein. Aber Hannahs Oma Evelyn möchte davon nichts wissen. Sie redet nicht über ihre Familie. Hannah will aber mehr erfahren.

Alena Schröder, die Autorin schreibt ihren gut recherchierten Roman in verschiedenen Zeitebenen. Ihre Protagonisten kommen einzeln zu Wort und so setzt sich nach und nach eine perfekte Geschichte zusammen. Im Grunde beginnt der Roman im Jahre 1926 in Rostock, als Senta, Hannahs Urgroßmutter glaubte, sich in den Flieger Ullrich zu verlieben und ihre Tochter Evelyn aus dieser Beziehung entstand.
Junge Frau, keine gute Mutter
Senta ist keine gute Mutter, sie versucht es, doch immer wieder scheitert sie an den einfachsten Dingen. Ullrich erwartet eine perfekte Mutter und Hausfrau. Doch Senta wird immer unglücklicher. Dabei hat sie alles von ihrer eigenen Mutter gelernt. Eine Familie hatte Senta nie im Sinn. Sie wollte immer nur mit ihrer allerliebsten Freundin Lotte nach Berlin auswandern. Die Frauen hatten vor, sich in der lauten, unternehmungslustigen, alles verschlingende Stadt, ein Leben aufzubauen.
Am Ende bekommt sie die Scheidung von ihrem Mann und verlässt ihre Tochter und geht nach Berlin. Das Schicksal will es, dass Senta sich dort in den jüdischen Journalisten Julius Goldmann verliebt.

So spinnt die Autorin ihre Bögen und nimmt den Leser mit. Mich hat das Buch ziemlich schnell eingefangen und ich mochte es kaum noch aus den Händen legen. Ich habe einige interessante Dinge über die Suche nach verlorenen Kunstgegenständen aus der Nazizeit erfahren. Die Schreibweise der Autorin ist leicht und flüssig.
Eine Familiengeschichte die mich wirklich abgeholt und mitgenommen hat!

Die Autorin
Artikel, Kolumnen und Bücher: Alena Schröder, Jahrgang 1979, ist eine deutsche Schriftstellerin, Kolumnistin und Journalistin. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie unter anderem als Redakteurin für Brigitte und als freie Journalistin für Brigitte Woman, das SZ-Magazin und die Zeit.
Heute ist sie darüber hinaus die regelmäßige Autorin ihrer Kolumne „Nackte Zahlen“ im SZ-Magazin. Ihr Debüt als Autorin gab sie mit ihrem Roman „Wir sind bedient“.
Verlag dtv Allgemeine Belletristik
368 Seiten
ISBN 978-3-423-28273-4
von Andrea Karminrot | Feb. 8, 2021 | Historie, Rezension, Roman |
Was der Fluss erzählt… er plätschert leise vor sich hin. Er brodelt und tritt über die Ufer, holt sich das Land und spuckt es wieder aus. Hohe Wellen oder stilles dahinplätschern lässt ihn lebendig erscheinen. Die Menschen rund um die Themse haben ihn schon immer erzählen hören. Den Fluss. Geister, wie der stille Fährmann, befahren die Themse und holen die Menschen, die gestorben sind auf die andere Seite. Oder es kommt vor, dass ein Flusswesen an die Gestade der Themse gespült wird und dann das Leben der Erdbewohner durcheinander bringen. Es ranken sich merkwürdige Geschichten. Geschichten die gerne des Abends in einem Pub, dem Swan in Radcot nahe der Themse, erzählt werden. Und ein guter Erzähler, lockt viele Zuhörer an…

Was der Fluss erzählt
An einem stürmischen Winterabend des Jahres 1887 steht plötzlich ein wilder Mann in der Tür des Swan’s. Er hält in seinen Armen eine kleine Puppe. Selber ist er vollkommen entstellt, scheint mit dem Gesicht irgendwo so heftig aufgeschlagen zu sein, dass man ihn kaum noch erkennt. Die Puppe flog in die Arme des Wirtsjungen. Selbst noch ein Kind, fängt er das leblose Bündel auf. Doch die Puppe ist ein vierjähriges Kind, das tot in den Armen des Jungen liegt.
Der Mann wird von einer schnell herbei gerufenen Krankenschwester versorgt und das Kind im Kühlhaus aufgebahrt. Doch als die Krankenschwester Zeit hat, sich das Kind anzuschauen, stellt sie erst den Tod des kleinen Mädchens fest und im selben Moment schlägt das Kind die Augen auf. Die Schwester zweifelt an sich und bringt das Mädchen zu dem Mann, der noch immer nicht ansprechbar ist.
Alles wird gut. Der Mann überlebt. Eine reiche Familie, denen ihre Tochter vor zwei Jahren entführt wurde, erhebt Anspruch auf des kleine Mädchen. Aber ist das wirklich deren Tochter? Da ist noch der Sohn eines Farmers, der ebenfalls meint, das Kind wäre seines. Und dann ist da noch die Frau, die einsam, ganz dicht am Fluss wohnt, die der Meinung ist, das Kind wäre ihre Schwester.

Jeder, der das Mädchen ansieht, ist von ihr bezaubert. Findet eine Ähnlichkeit oder Verbindung. Doch man könnte meinen, das Kind wäre ein Geist. Es redet nicht und scheint wenig Emotionen zu zeigen.
Was ich gelesen habe
Was der Fluss erzählt, klingt wie ein Märchen. Diane Setterfield schrieb ein Roman der bezaubert. Woher kommt das Mädchen? Wie gelangte es in die Arme des Mannes. Sie spinnt eine spannende und märchenhafte Geschichte. Welche Menschen trugen dazu bei, dass das Kind im Gasthaus die Augen aufschlug. Mich zog das Buch sofort in seinen Bann. Man muss sich aber darauf einlassen, eine Mär erzählt zu bekommen. Der Fluss ist es, auf den man ständig wieder zurück kommt. Wie er über die Ufer tritt, wie er schneller oder langsamer strömt und welche Geschichten sich um ihn ranken. Durch welche Landstriche er zieht und wie die Menschen mit ihm zurecht kommen.
Vielleicht ist es auch das kleine Mädchen, dass alle an die Hand nimmt und mit ihnen in ihr Innerstes blickt. Für mich war dieses Buch eine Bereicherung. Diane Seterfield hat in ihrem Roman Mythen und Leben rund um die Themse zu einem interessanten und unterhaltenden Roman verwoben.

Diane Setterfield ist promovierte Romanistin und lebte viele Jahre in Frankreich. Bevor sie sich Vollzeit der Schriftstellerei widmete, arbeitete sie als Lehrerin. Ihr Debüt, »Die dreizehnte Geschichte« (Blessing, 2007), war ein internationaler Bestseller und wurde mit Vanessa Redgrave in der Hauptrolle von der BBC verfilmt. Diane Setterfield lebt in Oxford.
Dieses Buch habe ich schon im Januar kurz vorgestellt. Es gehörte zu den Januar-Lesezeit-Büchern
Ein Roman von Diane Setterfield
Übersetzt wurde der Roman von Anke & Eberhard Kreutzer
Originaltitel: Once upon a River
576 Seiten
ISBN: 978-3-89667-329-9
von Andrea Karminrot | Jan. 26, 2021 | Bücher, Rezension, Roman |
Als ich den Klappentext von Hingabe gelesen habe, war ich davon überzeugt, dass es ein Buch sein wird, das mich bezaubert. Doch die ersten Seiten und Kapitel brachten mich eher dazu, darüber nachzudenken, was die Autorin mir mit diesem Roman eigentlich sagen will. Erst weit nach der Hälfte des Romans konnte ich einen Bezug zu dem Hauptdarsteller Tomás finden. Doch vielleicht sollte ich dir erste einmal erzählen, was in dem Buch los ist.

Hingabe, der Inhalt
Als in einem kleinen spanischen Dorf in Galicien die zarte, fast durchscheinende Schweizerin Suiza auftaucht verwirrt sie die Männerwelt. Die junge Frau wirkt hilflos und spricht obendrein kein Wort Spanisch. Sie arbeitet in einer Bar, in die der Großbauer Tomás nach getaner Arbeit gerne seinen Rioja trinken geht. Als er die junge Frau wahr nimmt, brennen bei ihm sämtliche Sicherungen durch. Er will diese Frau einfach nur noch besitzen. Er kann an nichts anderes mehr denken. So kommt es, dass er Suiza schnappt und sie aus dem Laden zerrt, quer über die Felder und als er sich nicht mehr zurückhalten kann, über sie herfällt.
Er nimmt sie mit auf seinen Hof und sieht sie von diesem Augenblick an, als sein Eigentum an. Doch aus dem Besitzen wird tatsächlich langsam ein Gefühl. Suiza gibt ihm sich hin. Eine reine Hingabe. Sie fängt sogar an, seinen Haushalt in Ordnung zu bringen, sich einzurichten, und ihn um den Finger zu wickeln.

Hingabe, ganz und gar. Hat das mit ergeben zu tun? Ist Hingabe mit Aufgabe gleichzusetzen? Denn so hat sich mir Suiza dargestellt. Tomás allerdings verändert sich im Laufe des Romans und wird von einem harten, enttäuschten verlassenen Mann zu einem liebevollen Menschen. Wie gesagt, erst nach vielen Seiten konnte ich eine Art Sympathie für den krebskranken Mann entwickeln. Immer wieder kommt es dazu, dass Tomás die junge Frau brutal und hemmungslos penetriert. Doch Suiza scheint das als selbstverständlich anzusehen und zu akzeptieren. Im Gegenteil, sie ergreift auch selber immer wieder die Initiative und fordert den Mann heraus sich wie ein wildes Tier zu benehmen.

Was ich gelesen habe
Der Roman wird von Tomás erzählt. Er leidet darunter an Krebs erkrankt zu sein, seine (nicht geliebte) Frau an den Krebs verloren zu haben und als ungeliebtes Kind groß geworden zu sein. Aber auch Suiza kommt ab und zu zu Wort. Alle glauben, sie sei etwas dumm, was sich aber nicht bewahrheitet.
Das Ende des Romans, hat mich dann doch noch überrascht. So habe ich es mir nicht vorgestellt und irgendwie dann doch.

Erstaunlich ist nur, dass dieser Roman Hingabe, von einer Frau geschrieben wurde. Bénédicte Belpois ist eine über 50 jährige Hebamme, die sich mit Leid, Schmerz und Naturgewalt auskennt. Sich in den Mann hineinzuversetzen und die Triebe, die ihn überkommen in Worte zu fassen, ist schon eine Kunst. Auch wenn ich ihre Hauptfiguren bis zum Schluß nicht mochte, war es trotzdem ein Erlebnis ihren Roman zu lesen.
Eibt ein sehr interessantes Interview mit der Übersetzerin Eva Scharenberg zu diesem Buch. Der Link führt zu einer PDF. Ich kann es nur empfehlen mal zu lesen
Ein Roman von Bénédicte Belpois
Übersetzt von Eva Scharenberg
ISBN: 9783103900040
272 Seiten
S. FISCHER Verlag
von Andrea Karminrot | Jan. 24, 2021 | Kinderbuch, Rezension |
Anton Müllerstett ist 10 Jahre alt. Er hat eine Mama, die sich sehr darum bemüht, dass ihr Sohn eine tolle Ausbildung bekommt. Er geht nach der Schule zum Chinesisch- Unterricht, bekommt Unterricht in Benimm und muss dort eklige Sachen essen. Und wenn er dann mal Freizeit hat, dann mag Anton keine Unordnung machen, denn dann würde seine Mama mit ihm böse sein. Der Papa lebt irgendwo in der Ferne und kommuniziert mit Anton nur über den Computer. In dem Haushalt der Müllerstetts gibt es auch noch eine Haushälterin, die dafür sorgt, dass Anton was ordentliches zu Essen bekommt.

Anton ist ein braver Junge, der alles macht, wie man es ihm sagt. Als er eines Nachmittages mit all seinen Aufgaben fertig ist, kann er sich nicht dazu durchringen den Legokasten, den er schon Weihnachten geschenkt bekommen hat, aufzubauen. Er würde nicht fertig werden bis die Mutter zurück ist. Dann würde sie böse, weil er so eine Unordnung gemacht hätte. So schleicht der Junge durch den Flur und entdeckt eine Tür, die er da vorher noch nie gesehen hat. Hinter der Tür führt eine Treppe auf den Dachboden. Geheimnisvoll schaut es hier aus. Er findet eine Kiste in der seltsame Dinge verstaut waren, die wie Messgeräte aussahen. Auch ein Fernrohr war dabei und ganz unten in der Kiste fand er ein Ölgemälde mit einem Segelschiff darauf.
Anton zwischen Himmel und Erde
Das Bild wollte er unbedingt über seinem Bett aufgehangen haben. Die Mutter war nicht so begeistert. Doch dieses mal setzte sich Anton durch. In der Nacht, die Mutter hatte einen wichtigen Termin, verlor sich der Junge in dem Anblick des Bildes und träumte sich auf das Schiff. In seinem Traum traf er die 300 Millionen Jahre alte Kakerlake Cassidor und die Windsbraut Waltraud, die auf der Jagd nach fast vergessenen Fragen auf dem Wolkenmeer unterwegs waren.

Als ich das Buch das erste Mal aufschlug, sprangen mir gleich die abstrakten Bilder ins Auge. Bilder die die Fantasie anstupsen. Viel Farbe aber auch klare Linien, wenn es um die gezeigten Figuren geht. Zwischen den Texten sind immer wieder Geräusche in geletterten Buchstaben, dick, fett und überdeutlich zu sehen. So klackert die Mutter, in ihren hochhackigen Schuhen, durch das Zimmer oder gibt ihrem Sohn Muah, muah, einen Kuss. Das kommt sehr eindringlich rüber und gefällt mir.

Und die Geschichte selber regt an, mit der Fantasie zu spielen. Und auch Fragen zu stellen. Anton muss nämlich eine Frage stellen, die dann ergründet und die Antwort in ein Buch gebunden wird. So trifft Anton auf Sokrates und Xanthippe, erlebt Abenteuer und findet besondere Freunde. Mir hat es sehr gefallen mit Anton die Abenteuer zwischen Himmel und Erde zu erleben.

Das Buch gibt es auch als Hörspiel. Vorgelesen, hat die Geschichte bestimmt noch einmal einen besonderen Reiz. Kinder mögen Hörspiele oder wenn die Eltern mit ihnen gemeinsam Bücher lesen. Ein Buch das ich gerne zu meinen Bücher für den Januar stelle.
Ein Kinderbuch von Nici Mommsen
mit Bildern von BooBoo Tannenbaum
Frizzschmizzz Verlag
192 Seiten
Paperback
ISBN: 9783982237107
Hörspiel
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