Sunbirds

Sunbirds

Seit sieben Jahren wird Torran, der Sohn von Anne und Robert, schon in Indien, im Himalaya vermisst. Eines Tages ging er auf und davon und keiner hat ihn mehr gesehen. Das kommt dort öfter vor, dass junge Menschen einfach verschwinden. Sie kommen von Wanderungen nicht mehr zurück, bleiben einfach in einem Ashram, meditieren sich in einer abgelegenen Höhle zu Tode oder werden von Banditen ermordet und im Urwald vergessen. Aber mit diesen Erklärungen will sich Anne, die Mutter von Torran erst gar nicht zufrieden stellen. Sie fliegt mit ihrem Mann Robert sofort nach Indien, um nach ihrem Sohn zu suchen. Anne ist hartnäckig und versucht alles, ihren Sohn wiederzufinden. Sie lässt Plakate drucken, unterstützt die Polizei bei der Suche und fragt jeden Menschen, der ihr begegnet. Inzwischen kennt die „verrückte“ Frau jeder der dort unterwegs ist und dort lebt. Am Ende bleibt sie dort, im Himalaya und hofft jeden Tag, etwas über ihren Sohn herauszufinden, während ihr Mann wieder nach Schottland zurückkehrt und versucht ein normales Leben zu führen.

Eines Tages taucht Esther, Annes Nichte, bei Anne auf und erklärt ihr, dass es eine Frau gibt, die Torran gesehen haben will. Und so machen sich die beiden Frauen auf, wandern in ein verstecktes Tal. Denn dort soll der inzwischen erwachsene Mann leben, den Anne so sehr vermisst, für den sie ihr Leben in Schottland aufgegeben hat.

Verschlungene Wege

Anne trauert, ist unglücklich und zieht sich in ein Schneckenhaus zurück. Erst als ihre Nichte auftaucht, beginnt für sie eine Reise ins eigene Ich. Die Suche in dem abgelegenen Tal macht in ihrer Seele Türen auf. Am Ende ist einfach alles ganz anders, als sie es selber erwartet hat. Auf verschlungenen Wegen kann sie endlich verstehen, begreifen und loslassen. Anne ist eine interessante Figur. Sie hat mich berührt, obwohl sie eher unnahbar erscheint. Anne hat eine unglaubliche „Mutterliebe“, die fast schon ein übergriffig scheint. Aber auch ihre Nichte Esther mag ich. Esther hatte als Journalistin vor Jahren einen fatalen Artikel über Anne und ihre Familie in der Zeitung veröffentlicht, der zu Spekulationen in der Heimat geführt hatte. Trotzdem lässt Anne es zu, dass Esther ihr zur Seite steht. Auch Esther findet durch die Reise mit ihrer Tante Lösungen für ihre eigene kaputte Seele.

Mir hat auch die Beschreibung der Umgebung unglaublich gut gefallen. Eiskalt, wunderschön und inspirierend. Am liebsten hätte ich meinen Koffer gepackt und wäre den beiden Frauen zu Hilfe geeilt. Schon das Cover von Sunbirds fand ich besonders schön und dass mich der Inhalt auch noch berührte, war ein Volltreffer.
Die Autorin Penelope Slocombe hat eine schöne und angenehme Art zu schreiben. Sunbirds ist ihr Debütroman.  Penelope Slocombe ist eine schottische Lehrerin für Englisch, die wandert selber gerne in den Bergen.

Übrigens: Sunbirds sind kleine, sehr farbenfrohe Nektarvögel, die im Himalaya noch in einer Höhe von 4900 Meter vorkommen. Aber um diese kleinen, schönen Vögel geht es in diesem Buch von Penelope Slocombe kaum. Die Autorin hat hier ein Buch über die Suche einer Mutter nach ihrem seit sieben Jahren im Himalaya vermissten Sohn geschrieben. 🐭🐭🐭🐭 Ich habe jede Seite genossen.

 

Sunbirds

ein Roman von Penelope Slocombe
Aus dem Englischen übersetzt von Britt Somann-Jung
Ullstein Verlag
416 Seiten
ISBN 9783550203008

Onigiri

Wenn Aki einen Seelentröster braucht, dann bekommt sie Onigiri von ihrer Mutter Keiko gemacht. Onigiri, das sind dreieckige Reisbällchen „belegt“ mit Avocado oder Thunfisch, Lachs oder Schweinefleisch. Es wird angenommen, dass Onigiri seit etwa 2.000 Jahren gegessen werden und während der Sengoku-Zeit (1467-1615) als tragbares Essen für Samurai beliebt wurde, da es leicht zu transportieren und äußerst sättigend war. Aber die Onigiri sind nicht die Hauptdarsteller in dem Roman Onigiri.

Onigiri

Aki möchte mit ihrer Mutter Keiko ein letztes Mal gemeinsam nach Japan reisen. Sie will die japanische Familie und Freunde treffen und mit ihrer Mutter Orte besuchen, die der alten Japanerin einmal wichtig waren. Keiko ist als junge Frau nach Deutschland ausgewandert, hat dort Karl, ihren späteren deutschen Ehemann kennengelernt und zwei Kinder großgezogen. Keiko hat viel erlebt. Sie ist in der deutschen Familie ihres Mannes nie wirklich angekommen. Und als ihr Mann Karl sich das Leben nehmen wollte, blieb sie mit ihren Kindern Kento und Aki allein.

Aki erzählt in dem Roman, wie sie mit ihrer Mutter auf die Reise geht. Sie schwelgt selber in Erinnerungen, die ihre Mutter so langsam immer mehr vergisst. Keiko lebt inzwischen in einem Seniorenstift und verliert immer mehr ihre Erinnerungen. Aki versucht diese zusammenzuhalten. Während sie in Japan unterwegs sind, hat die Mutter manchmal noch Lichtblitze und Aki findet in dem Zimmer der kürzlich verstorbenen Großmutter, Keikos Mutter, Briefe und Erinnerungen, die sie mit nach Berlin nimmt. Briefe, die auch für die Tochter Aki ein Band flechten, dass sie eine besondere Erinnerung an ihre Familie und Lebensgeschichte findet.

Lesbar, traurig, liebevoll

Der Roman ist anfangs ein bisschen verwirrend aufgebaut. Aber die liebevolle Beschreibung der Tochter um ihre Mutter, macht vieles wett. So langsam findet man in den Roman. Aki erzählt, wie man zu einem Gegenstand in einem Raum eine Erinnerung hat. Da ist eine kleine Geschichte aus ihrer eigenen Kindheit, da ein Gegenstand den ihr Vater geschnitzt hat, dort eine Geschichte aus der Beziehung ihrer Eltern. Dann bekommt der Leser wieder aus der Gegenwart einige Sätze zu lesen. Das kann schon ein bisschen durcheinander machen. Aber gradlinig, wäre der Roman nicht so schön. Gradlinig denken wir Menschen auch nicht. Was auch auffällt ist, dass alle Figuren nicht in der Lage sind sich ihre Gefühle einzugestehen oder gar zu äußern. Die Gegensätze der verschiedenen Orte, das wohlhabende Zuhause ihrer Großeltern oder das asketische Leben Akis Vater, machen den Roman zu einer komplexen Geschichte, die zusammengesetzt werden wünscht.

Mir hat dieses Buch sehr gefallen. Während die Mutter immer mehr in ihrer eigenen dementen Welt verschwindet und viele Dinge ihr sehr schwerfallen, sie ermüden, beginnt die Tochter viele Dinge zu verstehen. Einen dementen Menschen um sich zu haben und sich auf die Schlichtheit einzulassen, ist nicht einfach. Zu sehen, wie dieser Mensch immer mehr verschwindet, kostet viel Kraft. In dem Roman wird aber auch deutlich, wie wenig man von dem Leben seiner Eltern weiß. Aki ist manchmal ungeduldig, manchmal sehr sensibel. Als sie selber ihr drittes Kind bekommt, weiß sie, dass ihre Mutter ihr nie wieder Onigiri zum Seelentrösten machen wird.

Die Autorin Yuko Kuhn wuchs selbst zwischen diesen beiden Kulturen auf. Ihre Mutter wurde in Japan geboren und arbeitete in Osaka als Grundschullehrerin, bis sie 1972 nach Deutschland auswanderte.

 

 

Onigiri

geschrieben von Yuko Kuhn
aus dem Hanser Verlag Berlin
208 Seiten
ISBN 978-3-446-28311-4

Über die Toten nur Gutes

Kann man über die Toten nur Gutes sagen? Mads Madsen ist Trauerredner. Er spricht am Ende eines Lebens über die Verstorbenen. Dazu ist es wohl sinnvoll, mit den Angehörigen und Freunden zu reden. Mads macht das gerne, mit den Hinterbliebenen über den Verblichenen zu reden und schreibt dann eine besondere Trauerrede. Aber was ist, wenn der Verstorbene ein alter Freund ist? Wenn eben dieser vor langer Zeit einfach aus dem Leben, in diesem Fall aus Mads Leben, verschwunden ist? Mads Erinnerungen scheinen in einem Nebel zu liegen. Um mehr über seinen alten Freund Patrick herauszufinden, muss er wohl ein paar alte Freunde aufsuchen. Und dann bekommt er auch noch einen geheimnisvollen Brief …

Über die Toten nur Gutes

Mads erhält die Nachricht, dass sein vor 20 Jahren verschwundener Freund Patrick aus Kindertagen bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Das weckt Erinnerungen bei dem Trauerredner und er wüsste doch zu gerne, was damals geschehen ist. Warum ist damals sein bester Freund verschwunden? Mads weiß erst gar nicht, wo er anfangen soll und besucht als Erstes die Mutter des Verstorbenen. Aber auch sie weiß nichts über ihren Sohn, außer dass er kurz vor seinem Tod sie noch einmal im Pflegeheim besucht hat. Einzig der Satz von der Mutter verwirrt Mads ein bisschen: „Es begann auf dem Friedhof und endet auf dem Friedhof“, dieser Satz lässt irgendetwas in ihm anklingen. Das muss man doch herausbekommen und so macht der Trauerredner sich daran, dieses Rätsel zu lösen.

Trauerredner und Schnüffler

Mads ist eine sympathische Figur. Er hat Stil, kleidet sich ein wenig altmodisch, liebt seinen kleinen Malteser – Hund und lebt mit seinen 30 Jahren immer noch mit seinem Vater in einem Haus. Der Vater Fridtjof ist ein wenig hyperaktiv und kann ziemlich nervig sein. Aber er belebt diesen Krimi mit seiner durchgeknallten Art. Dann sind da noch verschiedene andere Figuren, die teilweise mit kriminellen oder mit freundlichen Charakteren darstellen. Der Krimi liest sich wirklich sehr flott und macht gute Laune. Es tauchen sehr viele Figuren auf, aber man findet sich ganz gut zurecht. Wie gesagt, Mads ist ein super sympathischer Kerl. Als er am Ende auch noch ein eigenes Familienereignis aufklärt, tat er mir noch ein bisschen Leid. Ein richtig unterhaltsames Buch.

Rubi und ich geben diesem Buch gerne 🐭🐭🐭🐭 Eine tolle und kurzweilige Unterhaltung. Schon andere Bücher von dem Autor und Drehbuchschreiber Andreas Izquierdo haben mir gut gefallen. Seine Schreibweise ist locker und unterhaltsam.

 

Über die Toten nur Gutes

geschrieben von Andreas Izquierdo
304 Seiten
ISBN 978-3-7558-1130-5
Aus dem DuMont Buchverlag

Lina Morgenstern

Lina Morgenstern war die Erfinderin der Suppenküchen, eine Urheberin der Kindergärten und eine der ersten Frauenrechtlerinnen in Berlin. Der Autor und Filmemacher Gerhard J. Rekel hat eine lesenswerte Biografie über die kleine, quirlige Frau geschrieben. 

 … Wir Frauen brauchen nicht Gnade, sondern Gerechtigkeit! …

Seite 197

Lina Morgenstern

Sie wurde 1830 als Lina Bauer in Breslau geboren. Lina heiratete 1854 Theodor Morgenstern und zog mit ihm nach Berlin. Nachdem Theodor als Kaufmann sein Betrieb in den Sand gesetzt hatte, musste Lina einen Weg finden, die größer gewordenen Familie satt zu bekommen. Sie war schon immer ein Mensch, der mit offenen Augen durch die Welt lief und Ungerechtigkeiten sah. Dazu hatte sie ein Talent. Und sie konnte Geschichten schreiben. Dieses Talent nutzte sie erst einmal Bücher zu schreiben, um die Familie zu unterstützen. Lina sah außerdem, wie schlecht sich die Menschen der aufblühenden Stadt Berlin sich ernährten. Die Frauen hatten weder die Zeit noch das nötige Geld, um die Familien satt zu bekommen. Da hatte Lina Morgenstern die Idee, eine Suppenküche ins Leben zu rufen. Gemeinnützig sollte sie sein und eine warme ausgewogenen Mahlzeit, nur mit kleinen Groschen zu bezahlen. Aber eine Frau als Vorsitzende, das ging in dieser Zeit schon gar nicht! Die kleine Frau stieß immer wieder auf Widerstände. Nur Männer dürfen Vorsitzende oder Betreiber sein. Frau ist für eine solche Verantwortung gar nicht geschaffen!  

Sie fand einen Weg und überwand die Hindernisse. Sie ignorierte den aufflammenden Antisemitismus. Genauso fand sie Wege, um die ersten Kindergärten ins Leben zu rufen. Gärten, in denen Kinder wie Pflanzen erwachsen können. Sie gründete eine Lehranstalt für Kindergärtnerinnen nach dem Vorbild von Fröbel. Lina kämpfte nebenbei um das Leben der Soldaten, die aus dem Deutsch-Französischen Krieg, 1870 zurückkamen, … Zudem war Lina Morgenstern die Herausgeberin einer Hausfrauenzeitung und hat unglaublich viele Bücher veröffentlicht. Neben all diesen Tätigkeiten hatte sie fünf Kinder großzuziehen. Hätte sie einen anderen Mann als Theodor an ihrer Seite gehabt, der sie in allem sehr unterstützt haben muss, dann wäre sie nicht so erfolgreich gewesen.

Linas Geschichte

Linas Geschichte wird von dem Autor Gerhard J. Rekel sachlich und doch spannend erzählt. Die Seiten lesen sich schnell und immer wieder staune ich wie viel, die kleine Frau alles geleistet hat und welche Anfeindungen sie aushalten musste, um immer wieder noch mehr zu leisten. Ich wusste gar nicht, dass es 1898 einen internationalen Kongress für Frauenwerke und Frauenbestrebungen im Roten Rathaus in Berlin gab. Clara Zetkin war nicht gerade begeistert über Lina Morgenstern und immer wieder hat sie mit Lina gestritten. Rekel beschreibt das Leben von Lina Morgenstern sehr angenehm und man liest gerne über die Erfolge dieser ungewöhnlichen Frau.

In dem Buch findet man auch einige von Lina veröffentlichten Rezepte aus ihrer Suppenküche und eine Liste ihrer veröffentlichten Bücher. Lina ist in einer turbulenten Zeit groß und bekannt geworden. Berlin und Deutschland kann stolz sein, eine solche patente Frau gehabt zu haben. Schade, dass man so wenig von ihr in unserer Stadt findet. Immerhin betrieb sie 17 Suppenküchen in unserer Stadt Berlin, die in vielen anderen Städten sogar kopiert wurden. 

Dieses Buch bekommt von Rubi und mir 🐭🐭🐭🐭 Eine spannende Biografie über eine ungewöhnliche Frau. Einer Vorreiterin der Emanzipation, sozial und unerschrocken. Besonders schön fand ich, dass man im ganzen Buch Bilder mit und um Lina Morgenstern finden kann. So bekommt diese Biografie etwas Besonderes. 
Der Autor Gerhard J. Rekel hat Spaß an präzisen Recherchen. Es ist wohl die Freude am Finden und Erfinden von ambivalenten Charakteren und dramatischen Konstellationen, die seine Bücher lesenswert machen oder seine Filme und Dokumentationen sehenswert.

 

Lina Morgenstern

Geschichte einer Rebellin
eine Biografie geschrieben von Gerhard J. Rekel
264 Seiten 
Kremayr & Scheriau Verlag
ISBN: 978-3-218-01466-3

Strandgut

Strandgut ist das neue Buch von Benjamin Myers. Seinen letzten Roman, „Offene See“, habe ich nicht gelesen, wusste nur, dass alle davon geschwärmt haben. So habe ich mich auf das neue Buch „Strandgut“ sehr gefreut.

Strandgut

In seinem neuen Roman spielt Earlon „Bucky“ Bronco, ein über 70-jähriger Amerikaner, die Hauptrolle. Er hat vor vielen Jahren nur 2 Musik-Singles veröffentlicht. Selber sieht er sich allerdings nicht als Soulsänger. Sein Leben in den Staaten war sehr bescheiden, und nur seine unendliche Liebe zu seiner Frau Maybelle hielt ihn immer auf der geraden Spur. Aber Maybelle lebt nicht mehr und für Bucky ist die Welt nur noch düster und schmerzerfüllt.
In den Staaten kennt man seine Musik gar nicht mehr, nicht so in England. Dort feierte man seine Singles. Und so kam es, dass man ihn viele Jahre nach der Veröffentlichung einlud, in Scarborough aufzutreten.

Earlon „Bucky“ Bronco, King of Soul, gehört wohl zum Strandgut des Lebens. Er ist schon seit einiger Zeit Witwer und vermisst seine geliebte Frau sehr. Er mäandert durchs Leben und versucht seine eigenen Schmerzen mit Medikamenten zu betäuben. Gute Medikamente, die so manchen Junkie eifersüchtig machen könnte. Bucky war einmal Musiker, aber das Leben hat ihm übel mitgespielt. Und nun bekommt auf seine alten Tage nochmal eine Einladung nach England. Wann hatte er seine Heimat Amerika wohl das letzte Mal verlassen? Er lässt sich auf das Abenteuer ein und fliegt in das Land der Könige und Königinnen, zu den Erfindern der Gurkensandwiches.

Tiefgründig, flapsig

Ich habe jede Seite in diesem Buch genossen, flapsig und doch tiefgründig geschrieben, unterhält der Autor Benjamin Mayers den Leser sehr gut. Die Sätze sind angenehm und unterhaltsam. Und doch ist man manchmal genervt, wenn Bucky zum wiederholten Male jammert, dass er keine Medikamente mehr hat. Denn die sind ihm auf dem Flug nach England abhandengekommen. Bucky ist einsam und findet in dem alten Königreich England plötzlich Menschen, die ihn mögen und seine Musik sowieso. Einsamkeit ist nie ein guter Freund. Der alte Musiker bekommt eine zweite Chance und um die zu ergreifen, bekommt er charmante Hilfe von Dinah. Die mittelalte Frau hat selber einige Hürden in ihrem Leben zu überwinden, aber scheint nie den Mut und vor allem nicht den Humor zu verlieren. Und sie liebt es sich allen Ärger in der Nordsee abzuwaschen und geht einmal am Tag in die eiskalten Fluten. Auch sie bekommt eine weitere Chance, ihr Leben zu kippen und etwas Besseres daraus zu machen.

Manchmal wünsche ich mir auch Ton zum Buch, denn ich hätte gerne die beiden Musik-Titel, die Bucky irgendwann einmal aufgenommen hat, gehört. 

Rubi und mir hat dieses Buch gefallen. Wir geben gerne 🐭🐭🐭🐭 Manchmal hatte es eben seine Längen, aber meistens hat es uns gut unterhalten.

 

Strandgut

ein Roman von Benjamin Myers
Übersetzung von Werner Löcher-Lawrence
aus dem DUMONT Verlag
288 Seiten
ISBN 978-3-7558-0037-8

 

Kaltblut

„Kaltblut“ ist das Romandebüt von Wolfgang Maria Bauer. Man kennt ihn als Schauspieler, Regisseur und Schauspieldirektor. Dass er schreiben kann, hat er mit „Kaltblut“ meiner Meinung nach bewiesen. Der fesselnde Roman liest sich leicht und ist dabei anspruchsvoll. Er hat auf jeden Fall einige tiefgründige Abschnitte, die dem ganzen die Leichtigkeit auch wieder absprechen. Ein besonderer Krimi!

Kaltblut

Auf einer Alm explodiert eine Hütte. Dabei kommen elf Männer ums Leben. Da kommt nur der Sprengmeister infrage, der hat nämlich seine Tasche in der Hütte gelassen. Seine Tasche mit dem Nitroglycerin, welches er zum Sprengen von Baumstümpfen braucht. In dem Dorf oben in den Bergen ist man sich zumindest sehr sicher, dass es der Sprengmeister war, der die Männer in den Tod gesprengt hat.

„Das sind die Toten“, wusste ein Schäfer, „es wird aufhören, wenn das Unglück geklärt und ein Schuldiger gefunden ist.“ Seite 6

Stubber, der Sprengmeister, ist sowieso nicht beliebt bei der Dorfgemeinschaft. Ein Einzelgänger, ein Außenseiter eben. Seine Eltern haben ihm schon mit auf den Weg gegeben, erst zu denken und dann zu sprechen oder zu handeln. Wortkarg ist er seitdem und überlegt. Aber dann trifft ihn doch die Liebe und er ist so von der Situation überrascht, überfordert und gefangen, dass er gar nicht anders kann. Er verschwindet für Jahre aus seinem Tal, weil alles anders kam, als man gedacht hatte. Am Ende sind 11 Menschen Tod und Stubber macht sich Vorwürfe. Doch er hatte ein Alibi. Viele andere aber auch. Genauso wie sie alle etwas zu verbergen haben …

Ich habe die Seiten verschlungen. Ein kleines Buch, mit wenigen Seiten, dafür wahnsinnig viel Inhalt. Eigentlich wollte ich einfach nur lesen. Schwierig, wenn zwischen den Zeilen so viel geschrieben steht. Wolfgang Maria Bauer zeichnet eine wundervolle Bergwelt, beschreibt eine unglaubliche Natur. Die Charaktere in seinem Buch sind aus dem Leben geschrieben, mit all ihren versteckten Belanglosigkeiten und verrückten Eigenschaften. Zwischen den Zeilen liest man Zynismus und vielleicht auch eine Prise Psychologie. Durch Rückblenden erfährt man die eigentlichen Begebenheiten und so langsam dröselt sich natürlich der Tod der Elf auf. Aber wer war nun der Verursacher der Explosion. Oder hatten alle einen Anteil an dem Unglück? War es vielleicht doch nur ein Mörder? Kaltblut gehört auf jeden Fall zu meinen Büchern des Jahres.

Rubi und ich geben dem Buch gerne 🐭🐭🐭🐭🐭 für ein Buch, dass man gelesen haben muss. Das Cover alleine hat schon eine Maus verdient!

 

 

Kaltblut

von Wolfgang Maria Bauer
aus dem Bertelsmann Verlag
224 Seiten
ISBN 978-3-570-10571-9