von Andrea Karminrot | Juni 13, 2023 | Krimi, Rezension |
Die Ehefrau eines Nazioberhauptes wird völlig zerstückelt in der Nähe der Museumsinsel gefunden. Fritz Beewen, SS-Offizier, soll den Mord aufklären. Wenn er nur wüsste, was diese marmornen Träume sind, von denen der Psychiater Simon Kraus geredet hat.

Die marmornen Träume
Simon Kraus ist Psychoanalytiker und behandelt vorzugsweise Frauen. Die Frauen, die mit den Nazigrößen Berlins liiert sind. Dabei hatte er schon mehrfach eine Schönheit dabei, die auch in seinem Bett gelandet ist. Ihre Träume und Ängste nutzt er obendrein dazu, um die Damen zu erpressen. So finanziert er sich in den unsicheren Zeiten von 1939, seinen recht feudalen Lebensstil. Seine „Opfer“ trifft er im Adlon, Berlins erster Adresse. Die hohen Damen haben dort einen Klub gegründet, den Wilhelmklub. Dort wird bei verbotener Musik getanzt und Champagner getrunken. Kraus ist dort gern gesehen, denn er ist ein sehr charmanter, wenn auch kleiner Mann.
Franz Beewen, der Ermittler, hatte eine schwierige Vorgeschichte. Am übelsten hat ihm der Erste Weltkrieg mitgespielt, denn als sein Vater, von einem Senfgasangriff missgestaltet, in einem „Sanatorium“ untergebracht wurde, brach für den 9-Jährigen die Welt zusammen. Er wurde über die Jahre zu einem üblen Menschen, der weder vor der SA noch vor den Ringvereinen zurückgeschreckt ist. Er war überall dabei und hat sich so in die SS hochgearbeitet. Sein Ziel ist es, bei der Gestapo mitzumischen. Aber dazu muss er diese Morde aufklären, sonst landet er noch selber im KZ.
Die Dritte im Bunde ist Minna von Hassel. Tochter aus gutem Hause. Doch irgendetwas scheint da schiefgelaufen zu sein, denn sie leitet ein Heim für behinderte Menschen. Ihr bester Freund ist der Alkohol und was es sonst noch an Verbotenen gibt. Sie betreut den Vater von Beewen in ihrem Sanatorium. Ihr ist auch nicht entgangen, dass Beewen ihr versucht ihr schöne Augen zu machen. Auch sie wird in die Mordermittlungen hineingezogen.

Abgebrochen
Ich breche eher selten Bücher ab. Aber hier habe ich einfach keinen Zugang gefunden, geschweige denn irgendwelche Sympathien entwickel können. Beewen ist so unangenehm, dass ich mit ihm einfach nicht warm wurde. Kraus ist so arrogant und von sich überzeugt. Eine Figur, die sich an den Miseren der vertriebenen und ermordeten Juden gütlich tut. Und auch Minna ist mir unsympathisch. Auch wenn sie ein Stück weit um ihre Patienten trauert. Wie dieses Buch am Ende ausgeht, das mag ich gar nicht weiter ergründen.
Der Thriller ist aus der Sicht der Bösen geschrieben. Die Morde sind so brutal, was ich mir nicht mal im Entferntesten ausmalen mag. Der Autor Jean-Christophe Grangé hat die purpurnene Flüsse geschrieben. Die Bücher habe ich nie gelesen, sondern kenne nur die Filme, und die mochte ich. Wobei auch die sind wahrlich brutal.
Dieses Buch ist nichts für zarte Gemüter. Hier braucht man wirklich harte Nerven. Und einen langen Atem, denn auf den ersten 150 Seiten kommt Beewen dem Mörder kaum bis gar nicht auch nur ein Stück näher. Thriller sind einfach nicht so meine Sache. Ich bleibe doch lieber bei der abgemilderten Form, dem Krimi.
von Andrea Karminrot | März 15, 2021 | Nachdenklich, Roman |
Bernardine Evaristo ist die erste schwarze Frau die den Booker Prize in seiner 50 Jährigen Geschichte gewonnen hat.. Als ich dann auch noch den Klappentext gelesen habe, musste ich dieses Buch einfach haben und lesen. Da waren meine Erwartungen sehr hoch

Mädchen, Frau etc.
Bernardine Evaristo schreibt dabei recht seltsam. Ihre Texte enden nicht mit einem Punkt. Nur am Ende eines Kapitels findet man einen. Anfangs fand ich es recht verwirrend, aber schnell überliest man es einfach, denn die Texte sind einfach sehr flott geschrieben. Man wird mit Feminismus, Diskriminierung, Sexismus und Rassismus konfrontiert. Ich habe am Anfang gar nicht gemerkt, dass ich von einer schwarzen Frau gelesen habe. Das wurde mir erst später klar. Dabei habe ich mich selbst dabei ertappt, wie sehr ich doch in Schubladen denke. Selber Weiß, kann ich mich bestimmt nicht in die Frauen hineindenken, die mit einer anderen Hautfarbe in der weißen Gesellschaft lebt. Doch Bernardine Evaristo bringt es mir bei und zeigt dabei sehr viel ihrer Protagonistinnen.
Ihre zwölf Frauen lassen den Leser in ihre Welt blicken. Ihre Herkunft, ihre Wut und Liebe, ihren Lebenswandel. Jede Einzelne hat mich irgendwie in ihren Bann gezogen.
Es wird kein Blatt vor den Mund genommen, denn sie zeigen ihre Gefühle und breiten auch ihr Sexleben vor dem Leser aus. Es geht dabei aber mehr darum zu zeigen, wie bunt die Welt eigentlich ist. Nicht zu (ver-)urteilen, bevor man die ganze Geschichte kennt. Nicht jede Frau ist die schöne, selbstständige Geschäftsfrau, die ihren „Mann“ steht. Evaristo beschreibt auch die Frau, die sich ihrer Geliebten beugt, sich abhängig macht, genauso wie das Findelkind, das sich seinen Platz in der Gesellschaft erkämpfen muss.
Oftmals sind Evaristos Figuren maßlos überzeichnet, was irgendwie wieder bezaubernd ist.

12 Geschichten
Bernardine Evaristo stellt 12 Frauen/Mädchen in ihrem Buch vor. Dabei sind alle Geschichten irgendwie miteinander verbunden. Sie schieben sich ineinander, wie ihre Texte ohne Punkte. Den Anfang macht Amma, eine frauenverschlingende Frau der 60er Jahre. Sie ist eine fast wütende Person, die ständig gegen alles und jeden meckert und protestiert. Sie geht mit ihrer besten Freundin Dominique zu Theaterpremieren und weiß schon im Vorfeld, dass sie auf den oberen Rängen Bambule machen wird.
Selber versucht sie sich an Theateraufführungen und seltenst hat sie dabei Erfolg. Doch am Ende des Buches hat sie ihren Durchbruch. Eine Premiere, bei der die meisten der Frauen, die Evaristo beschreibt wieder zusammen kommen und das gute Theaterstück hoch loben oder zerreißen.
Ihre Tochter Yazz ist ein typisches Mädchen der 1990er Jahre. Offen für alles und stets bemüht über Hautfarbe, Religion oder sexistischen Neigungen hinweg zu sehen. Ständig die Umwelt im Auge und den neusten Trends folgend. Sie zieht möglichst aus allem den größten Nutzen.
Die beste Freundin Ammas, Dominique, macht ganz andere Erfahrungen, als sie auf ihre Frau trifft. Eine vegane, radikale, drogenunabhängige, radikalfeministische Lesbe. Nzinga ist unglaublich schön in den Augen Dominiques. Allerdings auch genauso einnehmend. Diese Erfahrung muss Dominique machen.
Aber auch die Geschichte von Megan ist anrührend. Sie wird von ihren Eltern von klein auf in die Mädchenrolle gedrängt. Sie muss mit Barbiepuppen spielen und wenn sie die unsäglichen Puppen versteckt, zerrt die Mutter sie wieder hervor. Megan begreift irgendwann, dass sie eigentlich in dem falschen Körper steckt. Aber sie begreift sich auch nicht als Mann. Es ist irgendetwas dazwischen. Sie lehnt sich auf und findet über einen Chatroom im Netz eine passende Gefährtin und ein Leben, dass zu ihr passt.
Zwölf Geschichten die berühren, die manchmal zum schmunzeln anregen. Aber was ihnen allen eigen ist, ist wach zu machen. Besser hin zu schauen und anzunehmen!
Dieses Buch hatte ich schon in meinen FebruarBüchern vorgesehen.
Die Autorin

Bernardine Evaristo wurde 1959 als viertes von acht Kindern in London geboren.
Sie ist Professorin für Kreatives Schreiben an der Brunel University London und stellvertretende Vorsitzende der Royal Society of Literature. Für ihren Roman Mädchen, Frau etc. wurde sie als erste schwarze Schriftstellerin 2019 mit dem Booker-Preis ausgezeichnet. (von der Verlagsseite)
Ein Roman von Bernardine Evaristo
ISBN 9783608504842
512 Seiten
Aus dem Tropen-Verlag
von Andrea Karminrot | Nov. 21, 2017 | Rezension, Roman |
Zwischen Fiktion und Realität
ein Roman von
Torsten Seifert
B. Traven ist Schriftsteller und ein Pseudonym, um ihn ranken sich viele Geschichten. Keiner weiß, wo er sich wirklich aufhält und wer er ist. Seine Bücher lesen sich abenteuerlich und es geht oft um Unterdrückung und Ausbeutung. 1947 wurde ein Buch von diesem Schriftsteller verfilmt. Besetzt mit großen Stars wie Humphrey Bogart. Angeblich soll der persönliche Sekretär von B. Traven dabei gewesen sein, damit der Film möglichst dicht an dem Buch blieb. Und genau da kommt unser Held Leon Borenstein, aus dem Roman “Wer ist B. Traven”, von Torsten Seifert, ins Spiel. Der ist nämlich Reporter. Eigentlich spezialisiert auf Polizeiermittlungen, schickt ihn sein Chef nach Mexiko, zu den Dreharbeiten von “Der Schatz der Sierra Madre”. Dort trifft er den Schauspieler Humphrey Bogart, mit dem er oft Schach spielt und versucht über Umwege an den persönlichen Sekretär von Traven zu kommen. Allerdings wird Leon von einer umwerfenden Frau abgelenkt und verliert die Spur zu dem Schriftsteller. Doch lässt er sich nicht beirren und sucht weiter nach dem geheimnisvollen Mann. Leon reist nach Wien und wieder nach Mexiko. Ob er den Schriftsteller findet, das möchte ich hier nicht sagen…

Torsten Seifert hat einen flotten, gut recherchierten und spannenden Roman um einen sagenumwobenen Schriftsteller geschrieben. Er hielt sich an viele Fakten, die man auch im Internet nachlesen oder hören kann. In den achtziger Jahren wurde sogar mal eine
Dokumentation über Traven gedreht. Traven hat es geschickt angestellt nicht öffentlich aufzufallen oder aufzutreten. Seine Bücher haben viele Menschen seiner Zeit begeistert.
Der Roman von Torsten Seifert, begleitet den Reporter Leon Borenstein und wer hofft mehr über den geheimnisvollen Schriftsteller B. Traven zu erfahren, könnte enttäuscht sein. Aber der Roman macht wirklich viel Freude beim lesen. Spannungsgeladen, Filmreif. Die Seiten drehen sich fast alleine um. Seifert hat den Blogbuster – Preis der Literaturblogger 2017 gewonnen und ich finde zu recht. Krimis sind nicht unbedingt das was ich noch oft lese, aber in diesem Buch habe ich mich richtig wohl gefühlt. Ich kann es nur empfehlen.

von Torsten Seifert
Verlag Tropen
269 Seiten
ISBN: 978-3-608-50347-0