Die Rotte

Elfi und ihre Mutter Lisbeth leben in den Siebziger Jahren, in einer Rotte im Voralpenland. Als Rotte bezeichnet man eine locker stehende Ansammlung mehrerer Höfe und Häuser. Elfi ist Anfang zwanzig, als sich ihr Vater eines Abends im Winter noch mal auf den Weg macht und nicht wieder nach Hause kommt. Ein Dorfbewohner findet den Leichnam des Vaters am Ende des Baches. Doch als die zu Hilfe gerufenen Nachbarn am Fundort ankommen, ist die Leiche nicht mehr zu sehen. Sie vermuten, dass das Wasser den Vater in den See gezogen hat. Und was der See einmal verschwinden ließ, taucht so schnell nicht wieder auf.

Die Rotte

Depressiv war der Vater gewesen. Doch damals hatte man noch andere Worte für diese Krankheit. Schwermut! Und die Waffe aus dem Waffenschrank war verschwunden. Lisbeth, die Mutter, muss nun zusehen, wie sie den kleinen Hof am Laufen hält. Pragmatisch stellt sie den Nachbarsohn als Helfer ein. Als jüngerer Sohn konnte der Franz ja schließlich nicht den Hof des eigenen Vaters übernehmen. Eine Ausbildung hat er als Kfz-Schlosser gemacht. Aber lieber wäre er Bauer geworden. Und so nutzt er die Gelegenheit und bittet am Ende sogar um die Heirat mit der Elfi. Verschlossen ist die junge Frau. Doch dann geschieht das nächste Unglück …

Die Siebziger Jahre

Der Autor Marcus Fischer hat den Roman „Die Rotte“, in der Sprache der Bergmenschen geschrieben. Als ich die ersten Sätze gelesen habe, war ich erst einmal etwas verwirrt, aber dann habe ich mich ziemlich schnell in den seltsamen Dialekt eingefunden. Buchstaben werden zusammengeschoben oder ganz weggelassen. Wörter benutzt, die man im Tiefland und in der modernen Zeit kaum noch kennt. Aber es macht auch klar, in welchen „Gefängnissen“ sich die Helden befinden. In welchen Verstrickungen sie sich bewegen.

Die Siebziger im Voralpenland waren nicht revolutionär. Die Frauen immer noch „Freiwild“, mussten sich unterordnen, hielten sich an die Kirche. Der Roman macht sehr deutlich, in welchen Zwängen sich die Gesellschaft bewegte. Und vor allem Elfi. Sie wird bedrängt und genötigt. Immerhin kann sie als Frau bestimmt nicht einen Hof führen. Der Roman begleitet die junge Frau, während rückblickend erzählt wird, wie die junge Bäuerin immer mehr mit Schuld(en) überhäuft wird. Wie die Nachbarn sie immer mehr bedrängen. Gemein, brutal und schmucklos führt uns der Autor durch das Dorf und seine Bewohner. Doch seine Worte sind dabei eher zart und schön.

Ich fand es wirklich sehr lesenswert, sobald man sich an die Sprache der Menschen oben auf dem Berg gewöhnt hat. Manches Mal dachte ich leise bei mir, dass sich das Weibsbild doch auch mal hätte wehren können. Doch so kann man heute denken und ich bin wahrlich froh, heute und hier zu leben. 🐭🐭🐭🐭🐭 hat dieses Buch verdient.

 

Die Rotte

Ein Roman von Marcus Fischer
aus dem Leycam Verlag
ISBN 9783701182510
340 Seiten

Wo das Licht herkommt {Rezension}

Manchmal fragt man sich wirklich, „Wo das Licht herkommt“. Welchen Weg muss man beschreiten, um seinen Weg ins Licht zu finden? Clementine Skorpil hat hier ein wunderbares Buch geschrieben. Sprunghafte Sätze und alte Worte lassen dieses Buch zu einem Lesevergnügen werden. Lass uns in die Zeit reisen, als die Kaiserin Maria Theresia (1776) regierte…

Wo das Licht herkommt

Philippine Moosleitner soll den Seppl heiraten. Ach, der ist aber bös! Dabei ist Philippine ein schlaues Mädchen. Sie kann doch so gut rechnen und das Lesen fällt ihr auch nicht schwer. Noch bevor der Morgen anbricht, verschwindet sie aus dem Küchenfenster und lässt ihre vielen Brüder in dem schiefen Haus im österreichischen Hinterland, mit den Eltern allein. Sie schlägt sich als Junge bis nach Wien durch. Kurze Haare und die verschlissenen Hosen eines Bruders, machen eine gute Verkleidung aus. Der Mönch, der ihr in Wien in der großen Küche des Klosters Suppe und warme Milch gibt, erkennt sie jedenfalls nicht als Mädchen.

„Zehntausend Schritte schwerer Mönche haben sanfte Täler in den Boden gedrückt…“ Seite 30

Träume treiben voran

Ihre Reise führt sie nach Coimbra, wo sie Kartografie studiert. Sie lernt mehr und schneller als ihre männlichen Mitstreiter. Doch so einfach ist es auch nicht. Die Zeit ist verrückt. Jeder strebt nach neuen Dingen, Automaten sind der neueste Schrei.

Die Protagonistin erzählt, treibt mit ihren Gedanken und ihren Taten zwischen den Orten und Träumen hin und her. Begeht eine anstrengende Reise, die ihr viel abverlangt. Manchmal als junger Mann verkleidet, aber auch als Frau unterwegs.

Ein altes Lied klingt

Die Autorin Clementine Skorpil spielt mit den Worten und Sätzen. Ihr Roman „Wo das Licht herkommt“, klingt nach der Melodie vergangener Zeiten. Höllisch aufpassen muss man. Und doch erscheint ihr Roman wie ein altes Lied und lässt einen auf den Seiten ihres Buches in die Vergangenheit gleiten. Aber einfach nur lesen, das geht nicht. Der Roman schwingt, er verwirrt, lässt manchmal die eigenen Gedanken abschweifen. Es ist jedenfalls kein Buch, das man mal so zwischendurch zum Zeitvertreib liest. Wenn man in dem Buch angekommen ist, treibt man mit den Sätzen mit, liest zwischen den Zeilen Schönes und Schmutziges. Leid liegt neben dem Wunder und Worte neben den Taten. Wirr? Ein bisschen, vielleicht… aber lass dich darauf ein und genieße das geschriebene Wort!

Ein wunderschön gestaltetes Buch, das ich gerne mit den Büchern im Oktober verlinke.

 

Wo das Licht herkommt

Von Clementine Skorpil
288 Seiten
Leykamverlag
ISBN 978-3-7011-8208-4

Bergland {ein Sehnsuchtsbuch}

Bergland, ein Roman von Jarka Kubsova

Bergland ist ein Sehnsuchtsort vieler Städter. Sie träumen davon auf einem feinen Bergbauernhof, mit allem Schnickschnack und Komfort, verwöhnt zu werden. Franziska Breitenberger versucht es zumindest auf ihrem Bergbauernhof, weit oben in den Südtiroler Alpen. 1670 Meter hoch liegt ihr Hof, an einer steilen Hanglage. Im Sommer ein Traum, im Winter verschneit und im Frühling zu schön, um wahr zu sein. Aber der Herbst ist oft nebelverhangen. Bergland eben. Doch es ist nicht immer einfach als Mutter von drei Kindern, das Vierte ist auf dem Weg. Sie beißt die Zähne zusammen, wie es die Frauen in den Bergen schon immer gemacht haben. Die Männer dürfen fluchen, dann geht manches leichter von der Hand. Aber die Frauen haben sich sittsam zu fügen. Die Familie ist auf die Einträge aus den Ferienwohnungen angewiesen. Doch dann wirft Franziska ihr viertes Kind aus der Bahn…

Schon immer

Schon immer waren hier oben die Breitenberger auf dem Innerleit-Hof zu Hause. Als 1944 der Vater von Rosa vor Kummer stirbt, übernimmt die junge Frau den Hof. Kurz vorher hatte der Vater sie noch an die Hand genommen und ihr gezeigt auf was es ankommt. Denn seine Söhne und der Schwiegersohn, werden wohl niemals aus dem Krieg zurückkehren. Daran glaubt Rosa nicht, sie hofft immer noch, dass ihr Matthias zurückkehrt. Auch glaubt sie daran, dass sie den Hof alleine bewirtschaften kann. Am Ende staunen die alteingesessenen Männer, was die doch eigentlich fromme Frau alles stemmen kann. Bewundernd schauen sie oft den Berg hinauf.

Viele Jahre später, wird Rosas Enkel Johannes den Hof von seinem Vater übernehmen und mit seiner Frau Franziska Ferienwohnungen im Bergland anbieten. Doch das Leben hoch oben auf dem Berg ist auch in den modernen Zeiten nicht einfach.

Bergland

Bergland erzählt von einem harschen und schweren Leben, hoch droben in den Bergen. Wer morgens früh genug aufsteht, wird verstehen, warum man die Berge nicht einfach verlassen kann. Tief verwurzelt auf dem Berg, treibt einen richtigen Tiefenthaler, nicht so einfach in die Städte. Obwohl immer mal wieder welche weggehen, kommen doch auch viele zurück. So war das schon immer. Rosa ist eine der Frauen, die niemals auch nur klein beigeben würde. Auch als sie ihren kleinen Jungen alleine großziehen muss und die Bergfelder sie nicht zu lieben scheinen, gibt sie nicht auf. Lieben hat sie sich nie gestattet, es sei denn es ging um den Hof oder ganz tief in ihr drin. Auch ihr Sohn Joseph, der sich immer für den Fortschritt eingesetzt hat, musste am Ende feststellen, dass seine unbeugsame Mutter ihm Gutes mitgegeben hat.

Für mich war dieses Buch ein muss! Ich liebe die Berge und habe sie auf jeder Seite in diesem Roman, der ein bisschen Wahrheit beinhaltet, das Bergland genossen. Jarka Kubosova schreibt so nah, dass ich fast die Füße von den Felsen baumelnd, den Roman genossen habe. Es spricht wohl auch für sich, dass ich das Buch innerhalb eines Tages verschlungen habe. Ihre Figuren sind so echt und wirklichkeitsnah. Die Geschichte macht aber auch bewusst, wie sehr der Fortschritt den Bergen schadet und, dass wir einen gesünderen Umgang mit den alten Riesen pflegen sollten.

Der Mensch ist dazu gemacht, miteinander zu reden. Es ist wichtig, seine Umgebung wahr zu nehmen und zu akzeptieren, dass der Mensch doch nur ein kleiner Teil vom Ganzen ist.

Für mich ein Sehnsuchtsbuch!
Verlinkt mit den Juli-Büchern

 

Bergland

Ein Roman von Jarka Kubsova
Wunderraum Verlag
288 Seiten
ISBN: 978-3-442-31618-2