Meine Zeit mit Eleanor

Meine Zeit mit Eleanor

Eleanor Roosevelt, die Gattin des großen Franklin D. Roosevelt, beginnt eine Affäre mit der Reporterin Lorena Hickok. 1932 ganz sicher etwas, über dass man nicht redet. Doch Lorena hat etwas an sich, dass die First Lady bezaubert. Die Reporterin sollte eigentlich nur von dem Wahlkampf des attraktiven Präsidentenanwärters, Franklin D. Roosevelt berichten. Doch dann finden sich die zwei Frauen. Lorenas eigene Geschichte ist schon ein Buch wert. Noch mehr vielleicht die Geschichte der wohlerzogenen Eleanor.

Doch das Buch fängt ganz anders an, als der Klappentext verkündet hat: Franklin D. Roosevelt ist gerade verstorben und Eleanor sucht Zuflucht in der kleinen Wohnung ihrer Freundin Lorena. Völlig aufgelöst und „zerbrochen“ lässt sie sich von ihrer Geliebten trösten. Und Lorena schwelgt in Erinnerungen und ihrer gemeinsamen Geschichte.

Lorena erzählt in dem Roman aus ihrer Sicht, über die Zeit, die sie mit der Präsidentin verbracht hat. Ein Stück weit intim, aber immer dezent. Eine Liebe die hinter verschlossenen Türen gehalten wurde. Eleanor war bekannt für ihre Großherzigkeit. Sie half wo sie konnte. Nutzte ihre Position aus, um Gutes zu tun, die Rechte der Frauen nach vorne zu treiben oder den Unterdrückten etwas Mut zu machen.
Lorena dagegen deckte auf. Machte sichtbar. Und obwohl sie eine Frau war, hatte sie beide Füße in der männerdominierten Welt fest auf dem Boden verankert. Vielleicht ein wenig zu burschikos, wohl aber immer mit einem Hauch von weiblichen Charme.

Die First Lady und Lorena

Ich war wirklich gespannt, was ich zu lesen bekomme. Die ersten Sätze machten es nicht besser und so verschlang ich diesen Roman. Doch es war dann nicht das, was ich erwartet habe. Mir fehlten schlichtweg die Hintergründe der amerikanischen Geschichte, um diesen Roman ganz genießen zu können. Zu viele (wichtige) Menschen spielten in dem Roman eine Rolle. Zu viele Situationen und Ereignisse, die sich meiner Erkenntnis entzogen, gehören zu dem Hintergrund, des Romans. Hinzu kam, die leicht chaotische Art, in der Lorena ihre und die Geschichte ihrer Geliebten erzählte. Also hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Eine kleine Recherche über die First Lady, bestätigte im Grunde nur, dass sie ein „gute“ Frau war, die die Eskapaden ihres Mannes ertrug, die Augen vor allem verschloss. Eleanor gab ihr Bestes, um die Welt ein wenig besser zu machen. Aber nichts war darüber zu finden, dass sie ein lesbisches Leben führte. Am Ende schrieb die Autorin: …nach besten Wissen und Gewissen hielt sie sich an die bekannten Fakten… und an die Sitten und Gebräuche der damaligen Zeit. „Ungeachtet ist der Roman von der ersten bis zur letzten Seite fiktiv“

Rubi und ich sind der Meinung, dass dieses Buch leider nur 🐭🐭🐭 verdient hat. Schade, ich habe mir mehr versprochen

 

Meine Zeit mit Eleanor

Ein Roman von Amy Bloom
Atlantik Verlag
ISBN: 978-3-455-00896-8
272 Seiten
Originaltitel White Houses
Übersetzerin Kathrin Razum

„Es ist was, das ich tun muss“ {Ein anderer Takt}

„Es ist was, das ich tun muss“ {Ein anderer Takt}

1957, die beschauliche Kleinstadt Sutton im Süden Amerikas. Die weißen Farmer treffen sich, wie fast immer, in dem kleinen Lebensmittelladen. Die Männer stehen beieinander, trinken Bier und reden über dies und das, als ein Lastwagen, beladen mit Salz nach dem Weg zur Tucker-Farm fragt. Die Männer geben Auskunft und sind erstaunt, was Tucker, der schwarze Farmer, mit so viel Salz vorhat. Sie machen sich kurze Zeit später selber auf den Weg zur Farm.

Tucker ist inzwischen dabei, das Salz auf seinem Feld auszubringen, wie eine Saat im Frühjahr. Die angereisten Zuschauer sitzen auf seinem Zaun und diskutieren darum, wie sie den Mann dabei aufhalten könnten, sein Land zu zerstören. Als das Salz ausgebracht ist, geht Tucker in den Stall, holt seine Tiere heraus und erschießt sie. Zum Schluss, zündet er sein Haus an. Zusammen mit seiner Frau und seinem Kind verlässt er, während die Zuschauer immer noch auf seinem Zaun sitzen, zu Fuß die Stadt.

Das ist allerdings erst der Anfang. Denn nachdem die Tucker-Familie die Stadt verlassen hat, beginnen sämtliche Afroamerikaner den Landkreis zu verlassen. Die Weißen sehen dabei nur zu und wissen damit nicht umzugehen.

Ein anderer Takt, was ich gelesen habe

In dem Roman kommen mehrere Personen zu Wort. Und immer ist es, als würden die Erzähler etwas verloren haben, dass sie am Ende wiederfinden. Das Verlorene ist, dass sie vergessen haben auf ihre Intuition, auf ihr Bauchgefühl zu hören. Immer machen sie sich Gedanken darum, ob das der richtige Weg wäre und am Ende hängen sie fest, fühlen sich versteinert und unbeweglich. Sie hätten es einfach machen können.

Jeder kann seine Ketten abstreifen“ (Seite 147)

Man muss sich nur aus seinen Zwängen befreien…

Immer wieder wird der Konflikt Schwarz-Weiß in dem Buch zum Thema. Doch ist es, für mich, nicht das Grundthema. Das Ende finde ich grausam, wie es in diesen Landstrichen üblich war. Aber das beschreibt wieder den Sarkasmus des Autors. Eben noch schrieb er darüber, dass man sich befreien kann, und im nächsten Moment wird man dafür bestraft, dass man es tat.

Vielleicht haben wir den Glauben an uns selbst verloren. Wenn wir etwas tun müssen, tun wir‘s nicht einfach, sondern denken darüber nach; wir denken an all die Leute, die sagen, dass man bestimmte Dinge nicht tun soll. Und wenn wir dann darüber nachgedacht haben, tun wir‘s einfach nicht.“ (Seite 114)

Ein anderer Takt, ist für mich ein absolut satirischer Roman. Doppeldeutigkeit und schwarzer Humor stehen in jeder Sicht, im Vordergrund.

Jessica Kelley, sagte über ihren Vater, dass er für seine experimentelle Prosa und seine satirische Darstellung der Rassenbeziehung in den Vereinigten Staaten bekannt war. William Melvin Kelley, der 1937 auf Staten Island geboren wurde, lebte einige Zeit in New York, Paris und Jamaika, um 1977 wieder in die Staaten zurück zu kehren. Kelley wurde klar, dass die Gerichte in seinem Land Amerika sich niemals vom Staat lösen können. Sie sprechen ihre Urteile in Abhängigkeit zum Staat. Zu diesem Schluss kam er, als er in der erster Reihe den Fall Malcolm X beobachtete.

William Melvin Kelley 1937 geboren, schrieb viele Kurzgeschichten und war Dozent für Kreatives Schreiben am Sarah Lawrence College. Aber nicht nur das Schreiben faszinierte ihn. Er war auch ein begeisterter Fotograf und drehte Kurzfilme. A Different Drummer (Ein anderer Takt) veröffentlichte William Melvin Kelley 1962, als seinen Debütroman. Er starb 2017 in Harlem.

ISBN 978-3-455-00626-1
Von William Melvin Kelley
(Original A Different Drummer)
Verlag Hoffman und Campe
304 Seiten
Übersetzung von Dirk van Gunsteren

Eines muss ich noch los werden! Ich habe ein anderer Takt als Ebook gelesen und habe wieder einmal feststellen müssen, dass Bücher sich anders lesen. Ich habe mir den Roman bei meinem Buchdealer angesehen. Die Sätze lasen sich anders und das Vorwort beim Ebook, war im Papierbuch ein Nachwort. Auch die Seiten sahen wesentlich angenehmer proportioniert aus. Warum das so ist, da habe ich keine Ahnung. Tatsächlich tendiere ich doch mehr zum echten Buch.

Dieses Buch gehört auf jeden Fall zu meinen Novemberbüchern. Eine andere Linkparty findest du bei Moner’l bunte Welt

Deutscher Meister

Ein außergewöhnlicher Boxer

Ein Roman von Stephanie Bart

 …Denn so, wie Trollmann boxte, hatte man zu seiner Zeit noch nicht geboxt, und gern wäre Breitensträter noch einmal ganz jung gewesen, um das zu erlernen. Allein seine Beinarbeit war phänomenal, und wie er das Rückwärtslaufen einsetzte und noch aus dem Zurückweichen heraus Wirkungstreffer setze, war unglaublich, und niemand konnte so überzeugend wie er Schläge antäuschen und mit den Füßen  fintieren. Er war eine echte Begabung, wen, wenn nicht ihn, sollte man um den Titel kämpfen lassen… 

Im Frühjahr 1933 tobt das Leben in Berlin.

Während Adolf Hitler seine Säuberungsaktionen durchführen lässt und viele Boxer, Trainer und ihre Manager von den offiziellen Listen gestrichen werden,  bereitet sich Johann Rukelie Trollmann darauf vor, Deutscher Meister zu werden. Obwohl Zigeuner, glaubt er an einen Sieg. Doch sein echter Gegner heißt nicht Witt, sondern Hitler, besser noch die Handlanger des deutschen Boxsport.
Das Buch erzählt ein halbes Jahr in dem Leben des jungen Boxer. Für seinen Kampfstil zu früh geboren und Sportler im falschen Land, zu einer Zeit die nichts übrig hatte für „Andersartigkeit“.
Stephanie Bart schreibt eine Geschichte wie einen Film. Ständig springt sie in den Spielorten hin und her. Ihre Figuren treffen einander und geben sich den Erzählstab sozusagen in die Hand. Bart erzählt aus allen Richtungen und mit jedem ihrer Helden. Es fällt aber nicht schwer ihrer Erzählung zu folgen. Es bleibt spannend.
Genauso umschreibt sie das Kämpfen und Trainieren mit kurzen abgehackten Sätzen und Wörtern, das man wahrlich Kopfkino hat:
Dirksen, vor ihm stehend,  legt die Linke an die rechte Körperseite, nämlich an die Leber, und hielt die Rechte neben dem Kopf . Trollmann, einatmend hoch, sah die Pratze auf der Leber noch in der gebeugten Haltung und winkelte den linken Arm gar nicht erst an den Körper an. Sondern: holte  im Aufrichten mit einer Drehung aus der Hüfte nach hinten weg zum Haken aus. Ausholen, einholen, die Weltkugel unter der Achsel, die ganze Welt mit dem Arm umfahren – etwas zu weit, dachte Dirksen -, den Arm von der Fliehkraft beschleunigen lassen, rund rüberzischen und zack!, mit einem gegenläufigen Ruck in Hüfte und Schulter rein in die Leber-Pratze,  genau neben den Mittelpunkt –  siehste,  dachte Dirksen…

So lesen wir das öfter, und es macht Spaß!

Einzig die vielen Namen machen Kopfzerbrechen. Und wenn man sich nicht vorher etwas mit dem Thema Trollmann auseinander gesetzt hat, könnte etwas fehlen.
Die Stadt Berlin zu kennen, ist auch von Vorteil. Nicht oberflächlich, besser so ein bisschen, wohin die Helden dieses Buches zu Fuß unterwegs sind.
Stephanie Bart zeigt uns ein Berlin der 30er, mit der Kodderschnautze der Berliner und dem ständigen Lebensmut.

Für mehr Informationen :kreuzberger-chroniken

Fester Einband: 384 Seiten
Erschienen bei HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH,
12.08.2014
ISBN 9783455404951