Novembergrau und Zeitlos

Es ist draußen grau, Novembergrau. Normalerweise wäre das genau der richtige Moment, sich mit einem dicken Wälzer auf das Sofa, in die Leseposition zu begeben. Einen guten Tee oder Kaffee (je nach Tageszeit und Gusto) in der Nähe. Vielleicht noch ein paar leckere Kekse dazu und abtauchen in die Welt der Bücher. Bitte anschnallen es geht los, in die Welt der Phantasie:

Bücher die im Laub liegen bei Novembergrauen Licht

Zeitlos und Novembergrau

Ich habe darüber nachgedacht, dass ich meiner Linkparty Monatsbücher einen neuen Namen geben möchte: „Leseliste“ oder „Gelesen im November“ oder einfach nur „Der Bücherstapel“? Ich brauche da etwas Neues! Hast du eine Idee? Aber so lange bleibe ich noch bei dem Buch des Monats.
Der November ist ganz das Gegenteil von dem, was ich oben geschrieben habe. Ich habe in diesem grauen Monat meistens den Kopf voll, mit den Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest. Gekauft wird bei mir sehr wenig. Es wird viel selber gewerkelt, gestrickt, gemalt und Leckereien in der Küche produziert. Dem Kaufwahn erliege ich nur, wenn mein Weg in eine Buchhandlung führt.

Read Books and drink Coffee/Tea

Vielleicht sollte das der neue Titel für die Linkparty werden… Mein Plan gegen das Novembergrau:
Der Autor Thorsten Steffens von Klugscheißer Suprem, hat mich gefragt, ob ich sein Buch rezensieren möchte. Scheinbar haben ihm meine letzten Rezensionen gefallen. Das Buch landete also in meinem Briefkasten und nun liegt es seit zwei Wochen schon auf meinem Stapel für die ungelesenen Bücher. Dabei vermutet man bei der Kurzzusammenfassung eine Menge Lesespaß:

Ein Klugscheißer als angehender Lehrer – kann das gutgehen? Ein irre komischer Roman um Lehrer, und welche, die es werden wollen – für alle Fans von Tommy Jaud und Fack ju Göhte »Nahrungsbeschaffungsmaßnahme f.; Gen. –; Pl. –n; der Besuch eines Verkaufsstandes mit Esswaren, um eine anschließende stundenlange Zusammenkunft aller verfügbaren Lehrkräfte zum illustren Erfahrungsaustausch auszuhalten« Klugscheißer Timo Seidel hat nach vier Jahren sein Lehramtsstudium beendet. Doch nun steht ihm die schwerste aller Prüfungen bevor: das von allen Seiten gefürchtete Referendariat. Schmerzlich stellt Timo fest, dass er sich trotz Berufserfahrung wieder einmal den Respekt des Kollegiums, der Schulleitung und vor allem der Schülerschaft hart erkämpfen muss. Da sind für einen Klugscheißer wie Timo natürlich Pleiten, Pech und Pannen vorprogrammiert …

Nur wenige Seiten?

Das nächste Buch sollte ich doch kurzfristig dazwischen schieben können. So viele Seiten hat es ja nicht. Was kümmert mich Marie? von Anna Terris. 132 Seiten sind schnell gelesen und es verspricht ebenfalls kurzweilig zu sein. Vielleicht brauche ich dann nur ein bisschen, damit die Worte in meinem Gehirn sich senken können. Hinter wenigen Worten können manchmal endlos lange Diskussionen stecken:

Das Geheimnis eines Tagebuchs.
Irma verfügt eigentlich nicht über besondere telepathische oder übersinnliche Fähigkeiten. Doch neuerdings hat sie seltsame Träume, die alle mit dem Leben einer im Koma liegenden Frau zusammenhängen: Marie. Deren Tagebuch verübt eine derart starke Anziehung auf sie, dass sie es unbedingt in ihren Besitz bringen muss. Dabei lernt sie zufällig auch Pierre kennen, den charismatischen Freund der Patientin, der sie bittet, ihm bei einem fragwürdigen Vorhaben zu helfen: Er will versuchen, Maries Seele dazu zu überreden, wieder in ihren Körper zurückzukehren.
Nur dumm, dass Irma sich dabei in Pierre verliebt!
Es geht um die Liebe, es geht um den Tod, aber vor allem geht es um das Leben!
„Eine ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen den Welten. Spannend, witzig, tiefgründig.“

Ein gewonnenes Buch

Das Buch Die Stunde zwischen Nacht und Morgen von Prisca Lo Cascio, habe ich bei Instagram gewonnen. Die Autorin hat mir ein wunderschönes Päckchen geschickt, das einem das Lesevergnügen versüßen soll. Passend zum Novembergrau war eine Kerze dabei, die mit Lavendel umwickelt war. Wenn du jetzt glaubst, dass ich mit solchen Nettigkeiten nicht mehr objektiv bin, dann hast du dich geirrt. Ich werde dir genau erzählen, was ich von diesem Buch gehalten habe. Die Inhaltsangabe macht jedenfalls schon mal Leselaune:

Um etwas zu bewirken auf der Welt, widersetzt sich die junge Schweizerin Eli Wipf 1946 ihrem Vater und ihrem Verlobten und schließt sich einer Hilfsorganisation an. Eli wird nach Köln geschickt. In der zerbombten Stadt fehlt es an allem, und die junge Frau arbeitet Tag und Nacht im »Schweizer Dorf«, um die wachsende Zahl von Notleidenden und Flüchtlingen zu versorgen.
Dort begegnet Eli eines Tages dem ehemaligen Soldaten Helmut, dessen düstere, wortkarge Art ihr zuerst unheimlich ist. Andererseits kümmert Helmut sich rührend um seinen kleinen Bruder Mattes, den auch Eli ins Herz geschlossen hat. Doch als der Winter kommt, greift in Köln die Tuberkulose um sich, und plötzlich steht Mattesʼ Leben auf Messers Schneide …

Neue Ziele

Ich habe mir ein Ziel gesetzt: Auf meinem Ebookreader liegen so viele ungelesene Bücher, dass ich jeden Monat mindestens Eines davon lesen möchte. Das Ebook hat den Vorteil, ich kann es leicht überall hin mitnehmen. Irgendwo habe ich gelesen, wie man seine Leseflaute überwinden könnte. „Nimm dein Buch überall hin mit, es ergibt sich bestimmt ein paar mal die Zeit ein paar Seiten zu lesen…“ So oder so ähnlich.

Auf dem Reader liegt Mutters Lüge,  von Monika Hürlimann. Es hat 364 Seiten, nicht gerade eine schnelles Buch für zwischendurch. Aber vielleicht reißt es mich so mit, dass ich alles andere im Novembergrau verschwinden lassen. Der Klappentext behauptet das:

Als die erfolgreiche Schweizer Psychiaterin Marta am Grab ihrer Mutter steht, ahnt sie nicht, dass bald eine ungeheuerliche Lüge ans Tageslicht kommt. Sie muss sich der eigenen, bewegenden und nicht minder dramatischer Familiengeschichte stellen, die weit zurück in ihrer Kindheit führt, nach Polen, wo alles begann.

Ein bitterzarter Roman über die aufwühlende Suche nach Wahrheit und Geborgenheit im täglichen Kampf gegen den Schmerz des Nicht-Vergessen-Könnens. Und über das Glück und die Liebe.

Aufgeschlagen, das Novembergrau verblasst

Aufgeschlagen liegt gerade das Buch Tage mit Gatsby neben mir. Das hatte ich mir im September schon einmal vorgenommen. Jetzt bin ich in die 1920 des F. Scott Fitzgerald und seiner Frau Zelda abgetaucht. Die Dekadenz der damaligen höheren Gesellschaft sprudelt nur so aus diesen Seiten. Demnächst dann die Rezension zu diesem Buch.

Jetzt überlasse ich dir wieder das Feld. Solltest du eine zündende Idee haben, wie ich die Monatsbücher demnächst nennen könnte, dann her damit. Ich wäre dir sehr Dankbar. Vielleicht springt dann auch ein Überraschungspäckchen dabei heraus!

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Was bleibt wenn wir sterben

Was bleibt wenn wir sterben? Woran wollen wir uns erinnern? Was soll bewahrt werden?

So genau habe ich noch nie darüber nachgedacht. Als mein Schwiegervater starb, engagierte die Familie einen Trauerredner. Alles was er am Grab des Vaters erzählte stammte von der Familie und doch habe ich mir immer gedacht, dass das doch nicht alles ist, was diesen Mann ausgemacht hat. Die Rede überzeugte mich nicht, denn so war er nicht. Er war so viel mehr. Vielleicht hätte mich die Rede von Louise Brown mehr überzeugt. Vielleicht hätte sie das Leben meines Schwiegervaters ganz anders interpretiert, anders und empathischer erzählt.

Die Trauerrednerin

Louise Brown ist seit 5 Jahren Trauerrednerin. In ihrem Podcast Meine perfekte Beerdigung spricht sie mit Menschen darüber, wie sie einmal verabschiedet werden wollen. Eigentlich ist sie Journalistin. Aber vielleicht ist es genau das, was sie dazu befähigt, die Menschen besser wahr zu nehmen und die Lebensgeschichten in einem besonderen Licht zu erzählen.

„Wie einzigartig und wertvoll wir alle in unseren Alltäglichkeiten sind.“ (Seite 13)

Ihr Buch beschreibt wie sie dazu gekommen ist Trauerrednerin zu werden: Der Tod ihrer Eltern und die Trauer darüber brachten den Stein ins Rollen. Die gelernte Journalistin verarbeitete ihren eigenen Schmerz indem sie mit anderen trauernden Menschen sprach. Und damit scheinbar die wunderbarsten Erlebnisse hatte, die ihr bis heute, ihren Beruf zu einer Berufung macht.

Das Cover des Buches "Was bleibt wenn wir sterben" hellblau mit wegfliegenden Vögel

Ist der Tod barherzig?

Ich habe diese Seiten immer mit einem Schmunzeln und einer kleinen Träne in den Augen gelesen.

„Denn manchmal kann der Tod barmherzig sein, indem er einem Menschen weiteres Leiden erspart. Indem er ihn sanft an die Hand nimmt und ihn aus unserer Welt, die für ihn zu schnell oder schmerzhaft geworden ist, hinausführt.“ (Seite 62)

In kursiver Schrift stehen kleine Auszüge aus dem Leben mancher Verstorbener, am Anfang einiger Kapitel. Es ist schön zu lesen, wie die Autorin Louise Brown die Menschen würdigt. Ihrem Leben etwas besonderes abgewinnt. Den Hinterbliebenen den Abschied leichter macht. Denn wir sind mehr als nur das Häuflein in dem Sarg, wenn wir diese Erde verlassen.

Ich mag es, wie die Autorin über den Tod redet, Mut macht, sich über dieses Thema in Ruhe auseinander zu setzten. Dabei verweist sie auch auf Death Cafés. (Treffen mit Kaffee/Tee und Kuchen, bei denen man völlig ungezwungen über den (eigenen) Tod redet. Welche Vorstellungen man hat, welchen Text man sich vielleicht sogar auf dem eigenen Grabstein schreiben würde. Sich mit dem Thema Tod auseinander zu setzen, kann auch zum Lachen reizen. Was es aber auf jeden Fall macht ist, dass man das Leben nicht mehr so ernst nimmt. Die Kleinigkeiten im Leben genießt.

Ein feines Buch, um sich mit dem Leben anzufreunden und den Tod auch Willkommen zu heißen. Trauer anzunehmen und sich damit so viel Zeit zu lassen, wie es nötig ist.

„… weil der Tod weniger unheimlich und groß wird, wenn man über ihn spricht. Weil jeder Verlust einen erneut überrumpelt, man aber wenigstens besser vorbereitet ist auf das, was der Tod eines lieben Menschen mit sich bringt… Auf die plötzliche Einsamkeit. Darauf, dass die Trauer einen bestimmen wird und nicht umgekehrt.“ (Seite 212)

Was bleibt wenn wir sterben, ist ein Buch, das man einem Menschen, der gerade einen Verlust erlitten hat oder auch jemandem, der an einem Sterbebett sitzt, geben kann. Die Art wie die Autorin ihre Worte wählt und welchen Mut sie einem macht, passt einfach. Ich weiß jedenfalls, welches Buch ich demnächst stets bereit halten werde. Ein wunderbares Buch für die Oktober Bücher

 

Was bleibt wenn wir sterben

von Louise Brown
aus dem Diogenes Verlag
ISBN 9783257071764
256 Seiten

Wo auch immer ihr seid {Rezension}

„Wo auch immer ihr seid“, wirst du kaum aus der Hand legen. Khuê Pham schreibt so wunderbar, dass man immer weiter lesen muss. Dabei geht es um das Leben einer 30 Jährigen jungen Frau, die in Berlin als Kind Vietnamesischer Einwanderer geboren wurde. Ihr ist es ziemlich egal welche Werte ihre Familie hat, denn sie ist ja deutsch. Dabei trägt sie den Namen Kiều, einer besonderen Romanheldin aus Vietnam. Doch diesen Namen können die Europäer nur sehr schwer aussprechen oder verstehen, weshalb sie sich einfach nur Kim nennt.

Familientreffen

Als ihre Großmutter stirbt meldet sich der jüngere Bruder ihres Vaters und bittet die Familie zur Testamentveröffentlichung. Trotzdem Kiều/Kim eher keine Meinung zu ihrer Familie hat und lieber keinen Kontakt, reist sie mit ihren Eltern zu den Verwandten nach Amerika. Ihre Lebensvorstellung einer angepassten Deutschen scheinen sich so nach und nach im Nichts aufzulösen. Aber genauso fühlt sie sich nicht als Vietnamesin. Kiều spricht kaum noch die Sprache ihrer Familie und mit ihren Ansichten eckt sie an.

„ Nur wenige Zentimeter trennen uns. Wenige Zentimeter und ein Lichtjahr von ungesagten Sätzen.“ Seite 108

Der zweite Erzählstrang hat mit dem Vater Kiều’s zu tun. Minh kam als Medizinstudent 1968 erst nach München und dann nach Berlin. So fremd sind ihm die Deutschen. Die Sprache zu hart und unverständlich, die Lebensgewohnheiten doch sehr ungewöhnlich. „Das bedeutet es also fremd zu sein…“ dachte er sich.

Er studiert in Berlin und trifft dort auf Menschen, die sich mit der Freiheit der Welt beschäftigen, demonstrieren und sich für Länder einsetzen, die sie selber noch nie gesehen haben. Für Vietnam. Minh kann es kaum verstehen, dass diese Leute sich für sein Land interessieren und kämpfen wollen. Und doch gerät er in diesen Sog der Studentenbewegung der 68‘er.

Die dritte Geschichte dreht sich um den kleinen Bruder Minh’s. Son blieb bei bei seiner Mutter in Vietnam. Das Land wurde von den Amerikanern einfach fallen gelassen. Die Kommunisten übernahmen das Sagen. Son fand einen Weg, der sehr steinig war, um nach Amerika zu flüchten.

Das Buch Wo auch immer ihr seid, mit Kaffeetasse

Wo auch immer ihr seid

Mich hat dieses Buch wirklich bewegt. Die Erzählweise der Autorin ist sehr angenehm. Nicht immer ist es tiefgründig manchmal auch sehr lustig. Wenn Kiều von ihren Begegnungen mit ihrer Familie erzählt und es eigentlich fast immer ums Essen geht. Und doch stecken hinter vielen Passagen eine Menge Tränen. Ich fand, die Zerrissenheit von Kiều war sehr gut zu spüren. Und was mich ebenfalls sehr bewegt hat, dass man einen anderen Blick auf den Krieg in Vietnam bekommen hat.

Dieser Roman ist autobiografisch. Die Autorin verarbeitet hier einen Teil ihrer eigenen und der Geschichte einiger Freunde. Sie ist 1982 in Berlin geboren, hat in England studiert und arbeitet als Redakteurin für die ZEIT. Wo auch immer ihr seid ist ihr Debütroman und hoffentlich nicht ihr letztes Werk.
Mehr tolle Bücher findest du in den Bett oder Sofa Bücher (Oktoberbücher)

 

Wo auch immer ihr seid

Ein Roman von Khuê Pham
aus dem btb Verlag
ISBN 9783442758029
304 Seiten

Der Uhrmacher aus der Filigree Street

Der Uhrmacher

Es ist Keita Mori, dem die kleine Uhrmacher-werkstatt in London gehört. Mori (gesprochen Morey) ist ein japanischer Mann der mehr kann, als man ihm zutrauen würde. Vor allem kann er wunderschöne Uhren bauen und Maschinchen, die herum flattern, laufen, kleine Feuerwerke machen und wirken, als hätten sie einen eigenen Willen.

Dieser Uhrmacher wird von Nathaniel Steepleton, nach einem Bombenanschlag auf das Scotland Yard, aufgesucht. Denn hätte Thaniel, wie der junge Mann genannt wird, nicht zufällig eine der goldenen Taschenuhren besessen, wäre er bei der Detonation ums Leben gekommen. Bis zu diesem Tag konnte Thaniel die Uhr nicht einmal öffnen. Doch kurz vor dem Anschlag öffnete sich die Uhr und machte einen solchen Lärm, dass der junge Engländer in eine Seitengasse rannte, um keinen unnötigen Lärm zu verursachen. Die Bombe zerstörte das halbe Scotland Yard.

Der Verdacht, dass Mori in den Anschlag verwickelt sein könnte liegt nahe, denn in der Taschenuhr findet Thaniel die Adresse des Uhrmachers. Thaniel fährt durch die halbe Stadt und trifft den Uhrmacher in seiner Werkstatt. Und dabei vielleicht einen Freund fürs Leben.

Die Geschichte um den Uhrmacher

Mori ist im Grunde die Hauptfigur, die alle Fäden zusammenhält. Er hat die Gabe, in die Zukunft zu sehen und seltsame Gerätschaften und Uhren zu bauen. Er wirkt in der Geschichte sehr sympatisch und hat einen angenehmen Einfluss auf die Menschen in seiner Nähe. Doch nicht jeder scheint ihn zu mögen. Thaniel und Mori verbindet etwas, dass sie zu Besonderen und Freunden werden lässt. Die weibliche Hauptrolle in diesem Buch übernimmt Grace. Sie ist die emanzipierte, widerspenstige Seite in diesem Roman. Grace stammt aus gutem Hause, möchte sich aber nicht nach den Gepflogenheiten eines ordentlichen Mädchen richten und studiert in Oxford. Das war den Frauen nur für wenige Semester erlaubt. Ihr Vater wünscht eine ordentliche Heirat für seine Tochter, damit ihr die Flausen vergehen. Doch wie gesagt, das sieht Grace anders.

Wenn man nun einen magischen, fantastischen Roman erwartet hat, dann könnte man etwas enttäuscht sein. Die Magie begrenzt sich auf die Uhren und Maschinen, sowie der Hellsichtigkeit des Herrn Mori. Thaniel kann Töne farbig sehen, was aber leider viel zu selten besprochen wird. Doch der Roman liest sich trotzdem sehr bezaubernd und unterhaltsam.

Hintergründe

Der Roman beinhaltet nebenbei geschichtliche Hintergründe. Itō Hirobumi kommt in dem Roman als ein Vorgesetzter von Mori vor. Dieser war im wirklichen Leben ein Samurai und japanischer Politiker des Japanischen Kaiserreiches. Itō wurde im Jahr 1885 der erste Premierminister von Japan.

Außerdem ist damals tatsächlich eine Bombe im Scotland Yard hochgegangen. Und die Romanhelden fahren mit einer U-Bahn, die damals als Dampfloks in den dunklen unterirdischen Tunneln Londons fuhren.

Die Autorin

Hat selber in Japan ein Stipendium gehabt und hat außerdem in China und Peru gelebt. Sie studierte in Oxford englische Literatur. Ihr Buch „The Watchmaker of the Filigree Street“ gewann den Betty Task Award.

Dieses Buch stelle ich gerne zu den Bett oder Sofa Büchern vom Oktober

Der Uhrmacher aus der Filigree Street

Ein Roman von Natascha Pulley
Übersetzung Jochen Schwarzer
Klett-Cotta Verlag
ISBN 9783608984750
448 Seiten

Wo das Licht herkommt {Rezension}

Manchmal fragt man sich wirklich, „Wo das Licht herkommt“. Welchen Weg muss man beschreiten, um seinen Weg ins Licht zu finden? Clementine Skorpil hat hier ein wunderbares Buch geschrieben. Sprunghafte Sätze und alte Worte lassen dieses Buch zu einem Lesevergnügen werden. Lass uns in die Zeit reisen, als die Kaiserin Maria Theresia (1776) regierte…

Wo das Licht herkommt

Philippine Moosleitner soll den Seppl heiraten. Ach, der ist aber bös! Dabei ist Philippine ein schlaues Mädchen. Sie kann doch so gut rechnen und das Lesen fällt ihr auch nicht schwer. Noch bevor der Morgen anbricht, verschwindet sie aus dem Küchenfenster und lässt ihre vielen Brüder in dem schiefen Haus im österreichischen Hinterland, mit den Eltern allein. Sie schlägt sich als Junge bis nach Wien durch. Kurze Haare und die verschlissenen Hosen eines Bruders, machen eine gute Verkleidung aus. Der Mönch, der ihr in Wien in der großen Küche des Klosters Suppe und warme Milch gibt, erkennt sie jedenfalls nicht als Mädchen.

„Zehntausend Schritte schwerer Mönche haben sanfte Täler in den Boden gedrückt…“ Seite 30

Träume treiben voran

Ihre Reise führt sie nach Coimbra, wo sie Kartografie studiert. Sie lernt mehr und schneller als ihre männlichen Mitstreiter. Doch so einfach ist es auch nicht. Die Zeit ist verrückt. Jeder strebt nach neuen Dingen, Automaten sind der neueste Schrei.

Die Protagonistin erzählt, treibt mit ihren Gedanken und ihren Taten zwischen den Orten und Träumen hin und her. Begeht eine anstrengende Reise, die ihr viel abverlangt. Manchmal als junger Mann verkleidet, aber auch als Frau unterwegs.

Ein altes Lied klingt

Die Autorin Clementine Skorpil spielt mit den Worten und Sätzen. Ihr Roman „Wo das Licht herkommt“, klingt nach der Melodie vergangener Zeiten. Höllisch aufpassen muss man. Und doch erscheint ihr Roman wie ein altes Lied und lässt einen auf den Seiten ihres Buches in die Vergangenheit gleiten. Aber einfach nur lesen, das geht nicht. Der Roman schwingt, er verwirrt, lässt manchmal die eigenen Gedanken abschweifen. Es ist jedenfalls kein Buch, das man mal so zwischendurch zum Zeitvertreib liest. Wenn man in dem Buch angekommen ist, treibt man mit den Sätzen mit, liest zwischen den Zeilen Schönes und Schmutziges. Leid liegt neben dem Wunder und Worte neben den Taten. Wirr? Ein bisschen, vielleicht… aber lass dich darauf ein und genieße das geschriebene Wort!

Ein wunderschön gestaltetes Buch, das ich gerne mit den Büchern im Oktober verlinke.

 

Wo das Licht herkommt

Von Clementine Skorpil
288 Seiten
Leykamverlag
ISBN 978-3-7011-8208-4