von Andrea Karminrot | Nov. 1, 2016 | Rezension, Roman |
Manchmal habe ich das Gefühl, Bücher suchen sich ihre Leser selber aus. “Lebensgeister” kommt mir zu einer passenden Zeit in die Hände,…
Nach einem schweren Unfall und dem Verlust ihres Geliebten, versucht Sayoko wieder in ein normales Leben zurück zu finden. All ihre Pläne sind dahin, ein schönes Leben zu führen. Sayoko blickte kurzfristig in die Welt der Toten, traf ihren Großvater, der sie aber in die reale Welt zurück schickte. Seitdem ist alles anders. Die junge Japanerin kann Geister sehen. Was sie allerdings nicht verschreckt, sondern eher dazu bringt, sich mit dem Leben, der Liebe und den Beziehungen, auseinander zu setzen.
“Es gibt viele Menschen, die sich nach einer radikalen Änderung sehnen, aber nur wenige, die ihr wahres Wesen begreifen.” Seite 86
Mein Eindruck
Banana Yoshimoto schreibt locker vom Tod und den Erfahrungen, die ihre Hauptdarstellerin Sayoko durchleben muss. Mit leichter Feder beschreibt die Autorin das Trauma der Protagonistin und wie sie damit umgeht. Die Gefühle ihrer Hauptfigur sind teilweise so schön beschrieben, dass man immer wieder tief durchatmen muss und einfach nur genießt. Das gesamte Buch strotzt vor Lebensweisheiten und wunderschönen Beschreibungen. Die 160 Seiten sind eine wahre Wonne. Auch wenn es sich um ein schwieriges Thema, wie den Tod und das Leben, für die Zurückgebliebenen handelt, liest es sich sehr schnell und unterhaltsam. Banana Yoshimoto, die eigentlich Mahoko mit Vornamen heißt, zaubert mit ihren Worten lächelnde Gedanken.
“Wenn du zu weit nach vorne schaust, stolperst du. Verweile lieber im Moment, und gehe Schritt für Schritt deinen Weg.” Seite 111
Was mir auch sehr gefallen hat, sind die Fußnoten des Übersetzer. Banana Yoshimoto, benutzt häufig japanische Begriffe, die wir Europäer nicht kennen (können). Thomas Eggenberg, scheint mir ohnehin ein passender Übersetzer, für dieses Buch.
Lebensgeister
geschrieben von Banana Yoshimoto
im Diogenes Verlag erschienen
Paperback
160 Seiten
erschienen am 28. September 2016
ISBN 978-3-257-30042-0
von Andrea Karminrot | Juni 30, 2016 | Rezension, Roman |
Nicht immer muss ich neue Bücher lesen. Dieses hier, habe ich in der Kramkiste meines Buchdealers gefunden. Da ich Suter längst mal lesen wollte, kam mir das gerade recht. Vielleicht bringe ich dich auch auf den Geschmack…
Die Zeit existierst gar nicht. Sie ist ein, von den Menschen erfundenes Ding, dass die Veränderungen einfangen soll. Dem Leben einen Rhythmus geben soll. Ein Gerät, mit Zahnrädern und Federn, das dem Menschen vorrechnet, wie der Lauf der Veränderungen vor sich geht. So zumindest der Gedanke von Albert Knupp, einem schrulligen Alten,der Peter Taler gegenüber wohnt und 1991 seine Frau an den Krebs verloren hat. Knupp tut alles um die “Zeit”, oder besser die Veränderungen, rückgängig zu machen. Denn er hofft, so seine Frau wieder zurück zu bekommen. Peter Taler, jünger und selber seit einem Jahr Witwer, ist empfänglich für die verrückte Idee des Alten. Auch Peter ist über den jähen und gewaltsamen Tod seiner Frau längst nicht hinweg. Peter macht sich zudem den Vorwurf, nicht rechtzeitig da gewesen zu sein, um seine Frau retten zu können. Immer noch ist er auf der Suche nach dem Mörder.
Das war das erste Buch, das ich von Martin Suter gelesen habe und bin wirklich sehr angetan. Die Handlungsstränge sind klar und deutlich. Die Geschichte mit den vielen Figuren verständlich und man kann sich die Situation der beiden Hauptcharaktere sehr gut vorstellen. Die Verzweiflung, die beide Männer verspüren, welche sich an jede Möglichkeit klammern, um die Vergangenheit aufzuheben. Suter schaffte es den Roman für mich nie langweilig werden zu lassen. Die 297 Seiten sind recht schnell gelesen. Es ist bestimmt kein Meisterwerk, aber ein Buch, das sehr unterhaltsam ist. Wenn du glaubst, der Lösung nahe zu sein, dann dreht sich wieder alles.
Roman, Diogenes Verlag,
304 Seiten
Erschienen im Nov. 2013
ISBN 978-3-257-24261-4
von Andrea Karminrot | Nov. 7, 2015 | Rezension, Roman |
Die erfolgreiche Malerin Clementine hat von dem Leben die Nase voll. Seit Jahren schluckt sie Psychopharmaka , macht ihren Psychiater reich. Jetzt will sie ihrem Leben ein Ende setzten und gibt sich eine Frist von 30 Tagen, um sich von der zerrütteten Familie und Freunden zu verabschieden. Ihren exzentrischen Kater unter zu bringen und sich einen passenden Platz auf dem Friedhof auszusuchen. Kaltschnäuzig plant sie ihren Tod und scheut sich nicht ihren Exmann da mit hinein zu ziehen. Als erstes schmeißt sie ihr Teegeschirr aus dem Fenster und wiederspricht ihrer Nachbarin. Macht endlich einmal Dinge, die sie sonst nie getan hat. Sie macht sich auf die Suche nach ihrem Vater, der seit dem Selbstmord ihrer Mutter verschwunden ist.
Clementine ist eine leicht verrückte Frau die das Leben ohne Depressiva, wieder genießen lernt und auf allerlei Widerstände trifft.
Das Cover dieses Buches hat mich gleich angesprochen. Vielleicht war es die Farbe oder auch die Tatsache, das eine Frau mit den Schuhen in der Hand an einem Abgrund steht.
Am Ende des Buches stehen 30 Vorschläge, sich endlich mal wieder zu spüren und wahr zu nehmen. Eine wirklich schöne Idee. Und einiges habe ich gerne nachgemacht. “Lauf Barfuß über eine Wiese und fühle dich wieder wie ein Kind” sollte keine Schwierigkeit sein!
Die Geschichte liest sich leicht und stellt keine großen Anforderungen. Die Texte sind flüssig und an einigen Stellen kann man schon herzlich lachen. Clementine, die Hauptfigur erzählt ihre Erlebnisse selber, nimmt kein Blatt vor den Mund und verletzt auch häufig ihre Umgebung. Ich konnte diese egoistische Frau, Anfangs nicht besonders leiden, aber im Laufe der Zeit mochte ich die Malerin immer mehr. Ihre freche und direkte Art, den Leuten nicht mehr unbedingt zu gefallen. Die Idee eine Person während ihrer “letzten” Tage zu begleiten finde ich wirklich gut. Obwohl an manchen Stellen sehr zäh, ist es eine unterhaltsame Lektüre, die sich schnell liest.
von Ashley Ream
Taschenbuch
416 Seiten
ISBN: 978-3-442-74611-8
von Andrea Karminrot | Sep. 26, 2015 | Rezension, Roman |
Ein Roman von Rowan Coleman
Der Romantitel mutet recht kitschig an. Doch wenn man sich erst einmal in die Seiten vertieft und die wunderbar beschriebenen Figuren kennengelernt hat, ist man nicht mehr dieser Überzeugung. Hier geht es nämlich um mehr. Hier geht es um Glück, Hoffnung und Geborgenheit. Darum jemanden neben sich zu haben, wenn es schwer wird. Es geht um Abschied nehmen, auf altmodische Art, indem Briefe mit der Hand geschrieben werden. Denn die Hauptfigur Stella schreibt solche Briefe, für ihre Gäste, in dem Hospiz, in dem sie Nachts als Krankenschwester arbeitet. Es sind Abschiedsbriefe. Es sind Worte, die noch gesagt werden müssen, bevor man diese Welt verlassen kann. Angefangen hat es damit, dass eine Patientin Stella darum bat, für sie einen Brief an ihren Mann zu schreiben. Sie wollte sichergehen, dass er die Waschmaschine auch nach ihrem Tod bedienen kann. Es kamen weitere, manchmal nachdenkliche, Briefe hinzu. Zwanzig kurze Zeilen, voller Liebe… Rowan Coleman hat in einem echten Hospiz recherchiert, die liebevoll beschriebenen Situationen in ihrem Buch sprechen dafür.
Stella ist wie gesagt Krankenschwestern in einem Hospiz, in dem sie, nachdem ihr Mann Vincent aus Afghanistan zurück gekehrt ist, den Nachtdienst übernommen hat. Es ist eine Flucht in die nächtliche Arbeit, denn das Paar hält es unter einem Dach nicht mehr aus. An Leib und Seele schwer verletzt, versucht Vincent seine Gedanken mit Alkohol zu ertränken. Die Beiden hatten einmal, vor dem Angriff, die wunderbarste Beziehung der Welt . Auch Hope, Gast in dem Hospiz, hat es nicht leicht. Sie hat Mukoviscidose, eine tödliche Erbkrankheit. Sie wartet jeden Tag darauf zu sterben, ist sarkastisch, manchmal etwas zu direkt und lebt in ihrem Schneckenhaus, aus dem sie, ihr bester Freund Ben, heraus locken möchte. Er ist stets bei ihr und macht ihr Leben lustiger, bunter. Doch da steckt noch mehr dahinter. Und schließlich gibt es da noch Hugh, der am Ende der Straße, nicht weit vom Hospiz entfernt, in einem Haus voller Erinnerungen wohnt. Seine Geschichte löst sich erst später auf… Die oben beschriebenen Briefe, sind dabei kleine Bindeglieder zwischen den einzelnen Kapiteln. Rowan Coleman verpasst jedem ihrer Charaktere, einen eigenen Sprachstil. Lässt die Figuren lebendig wirken.
Ich habe oft beim lesen eine oder zwei Tränen in den Augen gehabt. Konnte sie aber auch bald mit einem schmunzeln wieder wegwischen. Denn Rowan Coleman hat eine Art, die schweren Gedanken mit Witz zu umschreiben, ohne dabei die Situation ins lächerliche zu ziehen. Es ist eine wahre Freude dieses Buch zu lesen. Auch wenn es hier um den Tod, um das Verlassen werden geht. Ich hatte leider noch nicht das Vergnügen ihr erstes Buch „Einfach Unvergesslich“ zu lesen. Das werde ich aber bestimmt bald nachholen.
Rowan Coleman lebt in England, mit ihrem Mann und ihren 5! Kindern, darunter einem lebhaften Zwillingspaar und seit neuestem einem Hund, der aus ihrem Arbeitszimmer stets hinaus- und wieder hineingelassen werden möchte. Ich weiß nicht, wie diese Frau es schafft, zwischen dem „hinter ihren Kindern herjagen“, auch noch solche Bücher zu schreiben.
Erscheinungsdatum Erstausgabe : 31.08.2015
Verlag : Piper
ISBN: 9783492060172
Flexibler Einband 416 Seiten
von Andrea Karminrot | Juni 8, 2015 | Rezension, Roman |
Eine große Liebe zwischen Mutter und Sohn!…
Inniger kann eine Liebe nicht sein. Stoisch erträgt Bennie, die Anrufe der Mutter, die lebenslustig ihr Leben als Witwe meistert. Steht ihr Rede und Antwort, läßt sich nicht aus der Ruhe bringen, egal in welcher Situation oder Gelegenheit sie auch anrufen mag. Dann erfährt der Sohn, dass seine Mutter schwer krank ist: Anneken hat unheilbaren Krebs. Der Sohn und erfolgloser Komponist, möchte nicht, dass seine Mutter ihre Diagnose erfährt. Diese entwickelt einen besonderen Spass am Leben, verliebt sich neu und verschwindet Zeitweise in fremden Städten. Bennie wird angerufen und vor vollendete Tatsachen gestellt, wo sie sich aufhält. Aber eines Tages, ist die Mutter verschwunden, meldet sich nicht. Der Freund der Mutter macht sich große Sorgen, obwohl auch er nicht die Diagnose kennt. So macht sich der Sohn, mit dem Liebhaber, auf die Suche nach der Mutter. Bennie erfährt auf dieser Suche Dinge über seine Mutter, die er nie hören wollte, auch nie vermutet hätte.
Leon de Winter schreibt wundervoll leicht und unterhaltsam. Mit tiefgründigem Witz. Die Geschichte führt uns in die Nähe des Kriegsgebietes (1994) nach Split. Sarajevo liegt unter Beschuss und die Mutter möchte so dicht wie möglich an die Kampflinie. Dabei kommen Kriegstraumata der Mutter aus dem zweiten Weltkrieg zum Vorschein und werden sanft abgehandelt. Die Liebe des Sohnes, zu seiner Mutter, ist deutlich spürbar.
Am Ende hatte ich Tränen in den Augen. Ein wundervolles Buch, das ich nur empfehlen kann.
Die Widmung auf der ersten Seite:
“Zum Gedenken an meine Mutter
Annie de Winter-Zeldenrust
1910 – 1994”
von Leon de Winter
Leon de Winter, 1956 Sohn armer niederländischer Juden geboren, begann schon als Jugendlicher zu schreiben. Er veröffentlichte mit 24 Jahren seinen ersten Roman. De Winter schreibt Erzählungen, Romane und Drehbücher, die er teilweise schon realisiert hat, so wie ›
Der Himmel von Hollywood‹ unter der Regie von Sönke Wortmann. De Winter erhielt 2002 den Welt-Literaturpreis für sein Gesamtwerk und 2006 die
Buber-Rosenzweig-Medaille
»Leon de Winter hat etwas zu erzählen, und er tut es so gut, daß man nicht genug davon bekommen kann.«Der Tagesspiegel
Roman, detebe 22972, 176 Seiten
Erschienen im Aug. 1997
ISBN978-3-257-22972-1