Tabakpech
Die Finger sind während der Erntezeit eigentlich immer mit Tabakpech verklebt. Man kann sie natürlich mit Seife und Bürste ordentlich schrubben, aber der Saft der Tabakpflanzen bleibt stets kleben. Wusstest du, dass Tabak auch in Deutschland angebaut wurde und wird? Am Oderbruch bei Schwedt, wachsen die Pflanzen wegen des dort herrschenden Klima, besonders gut. Kennst du noch die Zigarettenmarke Salem? Die gab es in verschiedenen Qualitäten.
Tabakpech
Elfie wächst am unteren Odertal in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts auf. Dort, wo die Hugenotten den Tabak das erste Mal angebaut haben. Dort, wo ein ganzer Landstrich dazu übergeht, lieber das Kraut zum Rauchen zu pflanzen. Das Jahr ist vom Tabakanbau geprägt. Schon im Winter werden die Samen bestaunt und gepflegt, im Frühjahr in den Frühbeeten gezogen und bald nach den Eisheiligen in die Erde gebracht. Dazu wird auf der kalten Erde gekniet und die Stecklinge mit Abstand gepflanzt. Im Sommer werden die Blüten und unnützen Blätter gekappt, damit die Pflanzen groß und kräftig werden … eine langwierige Prozedur. Die Hoffnung, dass es nicht hagelt, keine Sturzfluten vom Himmel fallen oder es gar zu trocken werden könnte, hält die Bauern in Atem. Nach der Ernte müssen die Blätter schnell mit dicken Nadeln auf Schnüre gezogen werden, damit der Tabak, aufgehängt in den Dachböden, trocknen kann.
Elfie wollte eigentlich Sängerin werden, in Berlin. Sie hat eine schöne Stimme, behauptete ihr Lehrer. Doch immer kommt etwas dazwischen. Erst ist es der Krieg, dann fehlt das Geld für das Dach der Scheune. Und dann bindet sie sich an einen Mann aus dem Dorf und wird schwanger, ein anderer wird übergriffig und immer ist es der Tabak, der die Menschen in Atem hält oder sie zur Ruhe zwingt. Das Tabakpech klebt dabei immer an den Fingern, spätestens wenn man die Pflanzen mit einem geübten Kniff ihrer Blüten beraubt.
Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen und mochte die Figur der Elfie sehr. Ihre Lebensgeschichte machte mich ein bisschen betroffen und doch auch immer wieder ein bisschen stolz auf diese toughe Frau, die sich durch wirklich anstrengende Zeiten schlug. Dabei war das Tabakpech an den Fingern vielleicht auch nur ein Pseudonym. Das Leben besteht eben nicht immer aus einer Glückssträhne. Aber auch die anderen Figuren sind, bis auf wenige angenehm und interessant. Die Autorin hat diesen Roman sehr feinfühlig geschrieben. Natürlich steht immer der Tabak im Vordergrund. Das Buch beginnt mit der Gegenwart und lässt dann den Leser in die Vergangenheit schauen. Am Ende versteht man den Romananfang und das Ende so viel besser. Denn Elfie hat den Tabak schon immer gehasst. Er war es, der ihren Wünschen und Träumen immer ein Ende gesetzt hat.
Jetzt verstehe ich auch viel mehr von den Tabakpflanzen und wie aufwendig der Anbau ist. Alleine kann man das nicht bewältigen. Zusammenhalt ist eben doch wichtig. Ich mochte das Buch, es hat sich schnell gelesen und hat Spaß gemacht. Demnach vergeben wir 🐭🐭🐭🐭
Tabakpech
Ein Roman von Eva-Martina Weyer
Roman
mit farbigen Illustrationen von MI
STROUX edition, München
280 Seiten, Hardcover, € 25,00 [D]
ISBN 978-3-948065-38-6