von Andrea Karminrot | Jun 5, 2014 | Rezension, Roman |
Ein Roman Von
Die Welt eines sieben jährigen Jungen, der nicht zur Schule geht und von seinem Vater groß gezogen wird, der sich mit schlecht bezahlten Jobs über Wasser hält. Oft sind sie auf der Flucht, ziehen von einer „Wohnung“ in die nächste. Auf der Flucht vor der „weißen Königin und ihren Männern“.
Der Vater nimmt was er braucht, erklärt dem Sohn, dass das nur rechtens sei. „Die hätten genug und könnten teilen.“
Der Vater unterrichtet den Jungen selber, bringt ihm schreiben und lesen, französisch, Latein und Rechnen bei, beim einkaufen ohne Geld. Er geht mit ihm durch den Wald und bringt ihm die Welt bei. Dabei nimmt der Vater keine Rücksicht auf seinen Sohn, dem oft genug die Tränen kullern.
Es gibt nichts, woran der Junge sich halten kann, ein unstetes Leben, keine Freunde, keine Familie.
Ein typischer Satz: „Irgendwann haben wir aufgehört, an Dinge zu glauben, die wir nicht verstehen. Die feinen Nackenhaare sind uns aus gefallen, seit wir in den Städten wohnen.“
Das Buch
Der Text ist in der Ich-Form geschrieben. Der Junge erzählt seine Welt in kurzen Sätzen. Er bewertet nicht, beobachtet nur. Leidet leise vor sich hin, ohne dem Vater Vorwürfe zu machen. Auch später, als der Junge, pubertär bei seiner Mutter lebt, erzählt er von der beobachtenden Seite. Selbst im Erwachsenenalter, als er seinen Vater, bzw sein Vater ihn findet, erzählt er emotionslos.
Meine Meinung
Ich habe über die Beurteilung dieses Buches lange nachgedacht.
Die Schreibweise von J. Bengtsson hat mich nicht unbedingt in Ihren Bann gezogen. Immer wieder habe ich mein Buch weggelegt und nachgedacht. Inzwischen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass das Absicht ist. Wir sollen nachdenken!
Das Leben des kleinen Jungen ärgert, macht traurig. Da ist einer der alles für seinen Sohn tut. Aber nicht von der Welt verstanden wird. Immer wieder sind Beide auf der Flucht, verstecken sich vor Dingen, wie den „weißen Männern“. Der Junge verarbeitet viel indem er zeichnet und malt. Verwirrende Bilder, grausame Bilder, die später in der Pubertät, Ärger einbringen.
Es ist ein Buch zum Nachdenken, zum selber interpretieren. Nichts wird vorgegeben, du bist frei mit deinen Gedanken…man könnte sagen, ein modernes Märchen!
Orig.: „Et Eventyr“
aus dem Dänischen
von Frank Zuber übersetzt
Coverbild: plainpicture / Thomas Reutter
Hardcover inklusive eBook
448 Seiten
ISBN: 978-3-0369-5668-8
von Andrea Karminrot | Mai 30, 2014 | Rezension, Roman |
ein Roman von
Emma wuchs in einer behüteten Familie in London auf. Selten machte ihre Mutter Andeutungen über ihr altes Leben. Obwohl sie viel über Südafrika erzählte, über Schlangen, Skorpione und Unwetter, ihre Familie war tabu. Erlebnisse aus ihrer Kindheit verschwieg sie.
Als die Mutter an Lungenkrebs verstarb, machte Emma sich auf, ihre Familie in Südafrika kennen zu lernen. Und vor allem das Geheimnis zu lüften. Bevor sie abreist, findet sie noch Unterlagen in Bibliotheken über eine Verhandlung gegen ihren Großvater. Dieser war ein verurteilter Verbrecher! Hätte ihre Großmutter das gewusst, hätte er bestimmt nicht das Sorgerecht für Emmas Mutter erhalten…
Das Buch
Emma, die heute Journalistin ist, schreibt über die Vergangenheit ihrer Mutter. Sie erzählt aus ihrer Sicht die Geschichte ihrer Mutter und deren Familie. Sie scheint gut recherchiert zu haben. Niemals geht sie ins Detail, was die Ungeheuerlichkeit nur noch grausamer macht.
Vor jedem Kapitel findet man ein Bild von der Familie. Es sieht immer wie eine „Heile Welt“ aus.
Meine Meinung
Zeitweise verwirren die vielen Namen, die in diesem Buch vorkommen. Aber nach einiger Zeit findet man sich zurecht. Man lernt einiges über Südafrika und das Leben dort.
Die Sätze der Schriftstellerin sind recht durcheinander. Emma Brockes springt in den Zeiten oft hin und her, so dass man höllisch aufpassen muss, nichts zu verpassen. Es ist, als hätte sie ihre Gedanken so aufgeschrieben, wie sie ihr gekommen sind.
Irgendwie fehlte mir der rote Faden. Ich glaube ich habe einiges mehrmals lesen müssen. Nach der Hälfte des Buches, fand ich den Anschluss. Musste dann auch schnell lesen, damit sich die Ungeheuerlichkeiten endlich aufklärten.
Paula muss eine wunderschöne Frau gewesen sein. Stark, mutig, klug und interessant, immer etwas sarkastisch. Emma beschreibt ihre Mutter sehr liebevoll.
S. 21 „Wir redeten über alles. Wir redeten wie ein Wasserfall um die Dinge herum, über die wir nicht redeten.“
S. 154 „Mit den Jahren merkte ich immer mehr, dass Freunde wie Edelsteine sind …“
S. 285 „Die Vorstellung, dass Bosheit durch Schönheit oder Liebe oder gute Haushaltsführung gezähmt werden kann, ist eine Idee, die Frauen seit Anbeginn der Zeit in schlechten Ehen gehalten hat, und doch denke ich unwillkürlich, die Beiden müssen glücklich gewesen sein; … „
Über die Autorin
Emma Brockes schreibt für den ‚Guardian‘, die ‚New York Times‘, ‚Vogue‘, ‚Harper’s Bazaar‘ u.a. Sie wurde mit mehreren journalistischen Preisen ausgezeichnet und lebt in New York.* *Dieser Text stammt von dtv. de
Deutsch von Sophie Zeitz
352 Seiten
Mit SW-Fotos
dtv premium
ISBN 978-3-423-26016-9
von Andrea Karminrot | Apr 22, 2014 | Jugendbuch, Rezension, Roman |
ein Roman von
Eowyn Ivey
Alaska zur Zeit, als noch Öllampen die Lichtquelle waren und Öfen mit Holz und Kohle geheizt wurden. Dort ist es im Winter sehr kalt, aber das hat Mabel und Jack nicht davon abgehalten in die Berge auszuwandern. Einsam ist es dort in den Bergen, das wollten die Beiden so. Sie hatten sich ein Kind gewünscht und hatten es verloren und Mabel konnte es nicht ertragen Andere mit Kindern zu sehen.
Als der erste Schnee fällt, bauen sie ein Schneemädchen. Mabel und Jack balgen sich im Schnee wie Kinder.
Am nächsten Tag taucht ein kleines zauberhaftes Mädchen auf und das Schneekind ist nur noch ein Haufen Schnee. Das Kind trägt den Schal des Schneemädchens und die roten Handschuhe, die Mabel ihm angezogen hatte. Außer den beiden Alten, hat keiner das Kind je gesehen…
Das Buch liest sich angenehm schnell. Es wirkt wie ein Märchen.
Man hört die Einsamkeit Alaskas heraus, die Liebe zwischen Mabel und Jack. Das Verlorene in den Wäldern und die Freude das Mädchen wieder zu sehen.
Ein sehr schönes Buch. Mir hat es sehr gut gefallen, ich mag eben Märchen und verwunschene Geschichten. Die Beschreibung des anstrengenden Lebens, 1920 in der Wildnis, sind wunderbar. Auch die Leichtigkeit mit denen E.Ivey den Winter und den Schnee beschreibt.
Einige schöne Sätze:
(eBook Seite 225) „Wir wissen doch nie, was geschehen wird, oder? Das Leben wirft uns mal hierhin, mal dahin. Darin liegt das Abenteuer. Nicht zu wissen, wo man landet oder wie es einem ergehen wird. Es ist alles ein Rätsel, und wer anders behauptet, belügt sich selbst…“
Eowyn Ivey lebt in Alaska, ist dort groß geworden. Sie schrieb für Frontiersman Newspaper und verkauft heute Bücher. „Das Schneemädchen“ ist ihr erster Roman.
„Snegurotschka“ ist die russische Geschichte vom Schneemädchen.
Verlag Rowohlt
464 Seiten
ISBN 9783463406213
von Andrea Karminrot | Apr 5, 2014 | Rezension, Roman |
ein Roman von
Maria Regina Heinitz
Hamburg 1976
Es war ein wunderschöner Sommertag und die Kinder hatten viel Spaß mit ihrer Großmutter im Garten. Als das Mädchen nach seiner Mutter schauen wollte.
Aimée die Künstlerin, hatte versucht sich das Leben zu nehmen. Die 13 jährige Bénédicte fand Aimée und stand mit den Füßen in dem Blut ihrer Mutter.
Seitdem ist die Mutter an einem, den Kindern unbekannten Ort. Der Rest der Familie ist in eine Kleinstadt nach Westfalen gezogen. Dort ist alles anders. Die Kinder vermissen ihre Mutter sehr. Der Vater hat nicht viel Zeit für die Beiden und überlässt sie sich selbst, in dem großen neuen Haus und dem verwunschenen Garten. Emil ist Chefarzt und hat alle Hände voll zu tun, die veraltete Psychiatrie zu modernisieren. Manchmal kommt die Großmutter aus Frankreich zu Besuch. Kein Mutterersatz, aber für die Kinder sehr wichtig.
Bénédicte ist ein sehr empfindsames, fantasievolles Mädchen, nach Außen wirkt sie sehr frech und burschikos. Sie beschützt ihren sechs jährigen Bruder Marcel. Bénédicte braucht jedoch jemanden der ihr zuhört. Aber der Vater hat ihr das Reden über die Mutter verboten, was zu Gerede in der Kleinstadt führt…
Die gerade erwachsen gewordene Bénédicte, erzählt ihre Geschichte. Das Buch liest sich schnell und immer etwas spannend. Die Autorin schreibt wortreich, um uns in die Welt von Bénédicte zu versetzen, was ihr auch sehr gut gelingt. Wer in dieser Zeit groß geworden ist, wird an seine eigene Kindheit erinnert.
Schöne Sätze:
Seite 418 “ Mag sein, dass die Zeit alle Wunden heilt, sehr wahrscheinlich ist das sogar richtig, aber keiner spricht über die Narben, die bleiben und still und unerkannt das Altbekannte verändern.“
Maria Regina Heinitz lebt heute in Hamburg, geboren ist sie im Allgäu 1968. Sie hat die Deutsche Sprache studiert, sowie Französisch und Literatur. 2009 erhielt sie den Literaturförderpreis der Kulturbehörde Hansestadt Hamburg.
Verlag: Bloomsbury
neues Cover vom Verlag
ISBN: 9783827011886
Fester Einband: 496 Seite
von Andrea Karminrot | Mrz 28, 2014 | Rezension, Roman |
ein Roman von
Fiona McFarlane
Stell dir vor, du denkst, dass du alleine gut zurecht kommst und plötzlich steht eine Pflegerin vor dir und übernimmt das Kommando. So geht es Ruth in Australien, 75 Jahre und Großmutter. Frieda kommt vom Staat und soll der alten Dame im Haushalt helfen. Innerhalb kurzer Zeit, hat Frida alles im Griff, bestimmt dass das Auto verkauft wird, bekocht die alte Dame und wischt die Böden mit ätherischen Ölen blitzblank, das die Katzen die Flucht ergreifen.
Nur Nachts, wenn Ruth alleine ist und ihre Gedanken kreisen, dann hört sie den Tiger im Wohnzimmer. Hoffentlich, hat Sie die Tür geschlossen! Sie weiß, es gibt ihn nicht, aber sie kann ihn riechen und hören. Sie weiß, das sie nicht mehr alles weiß.
Das Buch ist aus der Sicht der alten Dame geschrieben, mit all den Kanten die so im Alter anstoßen. So vergisst sie viel und schwelgt in Erinnerungen. Sie hat ihren Alltag mit Ritualen geplant. Aber immer wieder stolpert sie über die „Wirklichkeit“. Sie sieht nur noch, was ihr wichtig ist. Man kommt ins grübeln, ob demenzkranke Menschen tatsächlich in dieser kleinen Welt leben. Die Geschichte scheint oft verwirrend, den Gedanken der alten Dame angepasst. Zum Ende hin wird das Buch förmlich zum Krimi, die letzten Kapitel habe ich fast verschlungen. Ein tolles Buch!
Schöne Sätze:
Seite 135 : „Er war müde geworden, dachte sie, und das hat ihn locker gemacht. Die Tatsache, etwas sein zu müssen, hatte ihn müde gemacht.“
Seite 254: “ Sie hatte das Gefühl, in einer Folge von Ereignissen, über die sie keine Kontrolle hatte, gefangen zu sein.“
*Fiona McFarlane wurde in Sydney geboren, studierte an der dortigen Universität und promovierte an der University of Cambridge. Sie hat bisher Kurzgeschichten in namhaften Zeitschriften veröffentlicht, war Stipendiatin im Fine Arts Work Center in Provincetown, Massachusetts, im St. John’s College in Cambridge, England, und ist gegenwärtig am Michener Center for Writers der University of Texas in Austin. „Nachts, wenn der Tiger kommt“ ist ihr erster Roman; er erscheint in mehr als einem Dutzend Sprachen. (*Dieser Text stammt von der AutorenSeite des Verlags)
Deutsche Verlagsanstalt
ISBN: 978-3-421-04607
336 Seiten, Originaltitel: The Night Guest
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
von Andrea Karminrot | Mrz 18, 2014 | Rezension, Roman |
ein Roman von
Owen Matthews
die Geschichte seiner Familie.
Owen Matthews erzählt die Geschichte seiner Familie. Er hat sich auf die Spuren seiner Vorfahren gemacht und alles aufgeschrieben, was ihm seine Mutter und Tante aus den Erinnerungen berichteten. Er reiste nach Russland um die Spuren seiner Familie abzugehen und daraus eine interessante Zusammenfassung zu schreiben:
Russland zu Zeiten Stalin. Boris Bibikow wird trotz seiner Parteitreue verhaftet. Seine Frau und die große Tochter Lenina, damals 12 und Ljudmila 3, warten unter widrigen Umständen auf seine Rückkehr. Als dann auch noch Martha, die Mutter abgeführt wird, kommen die Kinder in eine Jugendstrafanstalt und später in ein Waisenhaus. (Die Stalinsche Säuberung forderte in dieser Zeit täglich 1000 Tote.) Die Kinder wurden durch den Krieg getrennt und nur durch Zufälle kamen sie nach Jahren wieder zusammen .
Die Geschichte Mervyns Matthews, beginnt in Südwales. Auch da herrschen nicht die besten Voraussetzungen. Mervyn lernt aus langeweile heraus, Russisch, was ihm später die Möglichkeit bringt, in Oxford zu studieren. 1958 fanden in Moskau die Weltfestspiele der Jugend statt und eine Möglichkeit für Mervyn nach Russland zu reisen.
Ljudmila und Mervyn treffen einander in Moskau Anfang der ‘60ger. Sie beginnen eine Beziehung, durch den „eisernen Vorhang“…
O. Matthews berichtet, in Romanform. Er beschreibt mit Worten, die ohne weiteres „Kopfkino“ präsentieren. Das liegt wohl daran, das er Journalist ist und als freier Korrespondenten für englische Zeitungen schrieb und schreibt.
Das Buch ist sehr flüssig geschrieben und hält ständig einen Spannungsbogen. Ich hatte manchmal das Gefühl, mitten in seiner Geschichte zu stehen und ein Beobachter zu sein. Der Schriftsteller springt oft auch in seine eigene Zeit und erzählt, wie er „sein“ Russland heute sieht.
Eine wunderbare Geschichtsstunde!
Ich hätte mir gewünscht, einen Anhang zu finden um die erwähnten russischen „Prominenten“ nach zu lesen.
Auch eine Landkarte von dem ehemaligen Russland wäre schön, so könnte man viel besser nachvollziehen wohin es die Familie zerschlagen hat.
Schöne Sätze:
S.180 “ Menschen, die ihre Heimat verlassen und hinaus in die Welt ziehen, treiben so lange herum, bis sie den Platz finden, der zu ihnen passt.“
S. 216 “ Irgendwo in dieser unermesslichen Weite Russlands liegt ein Schlüssel zum Verständnis Russlands: die Unbestimmtheit und der Fatalismus, in einem Land geboren zu sein, das zu durchqueren einst ein halbes Jahr dauerte; eine chronische Resignation gegenüber den Launen der Behörden, die der historischen Unmöglichkeit entspringt, mit den Außenposten eines so unregierbar riesigen Reiches zu kommunizieren.“
Von Owen Matthews
Graf Verlag
ISBN 978 3 86220 045 0
391 Seiten
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