Die fremde Küste {Rezension}
Ich finde es immer wieder sehr spannend, wenn man beim Lesen noch etwas dazu lernt. Das Buch Die fremde Küste spielt in Libyen, genauer gesagt in Tripolis. 1920 nannten die Italiener es die vierten Küste Italiens.
Die fremde Küste
Liliana Ist die Hauptfigur des Roman. Sie ist 13 Jahre alt als ihr erwachsener Bruder Stefano nach Libyen flüchtete. Das faschistische Regime widerspricht dem liberalen jungen Mann. Da Italien damals die Kolonialmacht in Libyen war, verspricht sich Stefano dort ein sicheres Auskommen. Stefano ist Auto-Mechaniker und findet in Tripolis, an der fremden Küste Italiens, ziemlich schnell eine Anstellung im Motorsport. Dort wird gerade die Autorennstrecke Monza gebaut und befahren. Nicht lange nachdem der junge Italiener in Tripolis angekommen ist, bittet ein Freund Stefano, ihn auf einer Wüstenreise zu begleiten. Am Ende hat Stefano seine Ehefrau gefunden. Eine Beziehung, die von den Italienischen Behörden nicht gut geheißen wird. Mischehen sind nicht erwünscht!
Liliana vermisst ihren Bruder sehr. Als sie 17 ist, bekommt sie die Gelegenheit an die fremde Küste nach Tripolis zu reisen. Ihr Bruder wünscht sich, dass Liliana seiner libyschen Frau italienisch beibringt und sich europäischer zu verhalten. Auf ihrer Reise nach Tripolis trifft Liliana auf einen Oberst der Luftwaffe, den sie nicht mehr aus den Augen lassen kann. Fast hörig, folgt sie dem weitaus älteren Mann. Oberst Ugo Montello steckt ihr einen Zettel zu, dass er sie an einem bestimmten Tag in Tripolis vor der Kathedrale abholen wird. Und damit beginnt eine verhängnisvolle Affäre an der fremden Küste Libyens.
Was geschah in Tripolis?
Der Roman hat mich schon wegen den geschichtlichen Hintergründen stark gefesselt. Die Hauptakteurin ist Liliana. Ihre Geschichte wird in verschiedenen Zeiten erzählt. Die 69 jährige Liliana erinnert sich an ihre Jugend in Tripolis, als sie in einer Zeitung von einem Unfall liest. Sie kennt den Mann, der in einem Krankenhaus in Rom liegt. Liliana reist nach Rom und trifft auf ein Leben, an das sie sich eigentlich nicht mehr erinnern wollte. Sie hat sich so lange vor der Wahrheit versteckt, dass sie selber nicht mehr weiß, was damals geschehen ist. Erst nach und nach lassen ihre Gedanken es zu, dass Licht in die Angelegenheit kommt und bringen sie selbst im Alter noch an ihre Grenzen.
Lilianas Leben war ein Abenteuer und hat mich mehr als einmal berührt und überrascht. Zum Ende hin wird immer klarer, in welcher brenzligen Situation sich die junge Frau befunden hatte.
Die Überschriften über den Kapiteln sind Bruchstücke aus Lilianas Leben. Postkarten, Zeitungsausschnitte und Erinnerungen, die Liliana in einer Schublade gesammelt hatte. Dinge, an die sie sich nicht mehr erinnern wollte.
Die Autorin hat sich einiger Bücher und Dokumente bedient, denn einen Aufarbeitung der Geschehnisse in Nordafrika, von Seiten der Italiener, gibt es kaum. Welches Grauen die damaligen Kolonialisten in das Land brachten, steht kaum geschrieben. Sie betont in ihrem Nachwort, dass es sich hier um einen Roman handelt. Ihre Figuren sind frei erfunden. Die italienische Geschichte dahinter, ist wahr!
Verlinkt mit den Viel zu viele Bücher {September-Bücher 2021}
Die fremde Küste
Ein Roman von Virginia Baily
aus dem Diana Verlag
432 Seiten
ISBN 9783453359994