Die Psychoanalytikerin

1920 war es nicht üblich, dass eine Frau als eine Psychoanalytikerin arbeitet. Nur wenige Frauen haben ohnehin zu dieser Zeit studiert und schon gar nicht Medizin. Vera Albers ist Witwe und hat die Praxis ihres Mannes übernommen, der im ersten großen Krieg gefallen ist. Sie ist eine attraktive Frau, die eigentlich den Zeitungsverlag ihres Vaters übernehmen sollte. Aber sie hatte eigene Pläne. Sie hat Fortbildungen genommen und sich mit der Psychoanalytik beschäftigt. Ihr Mentor betreut sie weiterhin, wenn sie Fragen hat oder wenn sie selber in einer Krise stecken sollte. Er ist es auch, der ihr immer wieder mal einen Patienten schickt. Meistens Menschen, die im ersten großen Krieg mit nervösen Leiden zurückkamen. Psychoanalytik wurde im Jahre 1896 von Sigmund Freud geprägt. Wobei der Analytiker dem Patienten nur unter die Seelenarme greift, damit dieser sich selber „heilen“ kann.

Die Psychoanalytikerin

Vera ist eine aufgeweckte Person. Sie betreut ihre Patienten mit einer Sachlichkeit, die ihr selber manchmal etwas schwerfällt. Aber sie kann sich sehr gut zurücknehmen und stellt immer wieder die richtigen Fragen, damit sich ihre Klienten öffnen. Sie hält ihnen einen Spiegel vor, der die Sicht auf die Probleme verdeutlicht. Sie hat eine hübsche Patientin, die sich in ihrer Ehe mit einem entstellten Mann überfordert fühlt.  Genau diese Person bringt Vera aber an ihre Grenzen. Und als es eines Tages zu einem Mordfall kommt, in den einer ihrer Patienten involviert ist, kommt noch viel mehr in dem Leben der Psychoanalytikerin durcheinander. Natürlich stellt sich schnell die Frage, wer der kaltblütige und hinterlistige Mörder gewesen sein könnte. Kriminalkommissar Bender nimmt die Ermittlungen auf. Es geht quer durch Hamburg der 1920 Jahre.

Es war spannend, die Analytikerin und den Kommissar zu begleiten und lange habe ich gebraucht, bis mir selber klar wurde, wer der Mörder gewesen sein könnte. Die Figuren sind allesamt so sympathisch, dass ich niemanden den Mord und auch die folgenden Morde nicht zugetraut hätte. Auch wenn der Leser mit Kriegsverletzungen konfrontiert wird, die einem eine Gänsehaut über den Rücken jagt, ist es ein interessanter und unterhaltsamer Schmöker, den man mal gerne an einem Wochenende verschlingen kann.

Rubi und ich hoffen jedenfalls auf weiter Bücher mit der intelligenten Psychoanalytikerin Vera Albers. Immerhin könnte man am Ende der Geschichte noch einen Epilog lesen, der auf mehr hindeuten könnte.

Die Autorin

Melanie Metzenthin wurde 1969 in Hamburg geboren, wo sie auch heute noch lebt und als Fachärztin für Psychiatrie arbeitet. Mit der Vergangenheit ihrer Heimatstadt fühlt sie sich ebenso verbunden wie mit der Geschichte der Medizin, was in vielen ihrer Romane zum Ausdruck kommt. »Die Hafenschwester. Als wir zu träumen wagten« ist ihr erster Roman im Diana Verlag und der Auftakt zu einer Serie. (Portrait von der Penguin Verlagsseite ausgeliehen)

 

Die Psychoanalytikerin

ein Krimi/Roman von Melanie Metzenthin
384 Seiten
ISBN 978-3-453-29256-7
Heyne Verlag

Menschen am Kaiserdamm

Der Kaiserdamm in Berlin, du suchst ihn in den Reiseführern Berlins vergeblich. Dabei ist er fast einzigartig, auf der Welt, der breite Damm und doch wird er fast nicht erwähnt, wenn man Berlin besucht.

Menschen am Kaiserdamm

Er ist eindrucksvoll, der Kaiserdamm. 1680 Meter ist er lang und war vor 1904 nur ein Weg aus Sand. Kaiser Wilhelm II. wollte eine Prachtstraße haben, also wurde ein breiter Damm geplant und planiert. Und schon 1906 wurde die „Prachtstraße“ für den Verkehr freigegeben. Als Verlängerung der Bismarkstraße ist der Damm heute, mit 50 Meter Breite, eine der meist befahrenen Straßen in Berlin. Oliver Ohmann , der Autor des Buches „Menschen am Kaiserdamm“, ist an dieser Straße aufgewachsen. Er hat in einer großen „Prachtwohnung“ gewohnt. Eine Wohnung, wie sie fast überall an dem Kaiserdamm zu finden waren. Riesig groß, mit vielen Zimmern und zwei Eingängen, üppigen Treppenhäusern, Fahrstühlen und Portierslogen. Pompös eben und doch wollte die High Society Berlins lieber nicht an dieser großen Straße wohnen. Der Grunewald oder andere Randbezirke waren ihnen lieber.

Oliver Ohmann ist der Autor dieses Buches. Er liebt den Kaiserdamm, das merkt man. Er hat sich mit den verschiedensten Anwohnern getroffen und unterhalten. Dabei hat er allerlei interessante Orte beschrieben, an denen ich auch schon vorbeigekommen bin. Spannende Menschen haben hier gelebt und die Geschichten der Häuser sind auch interessant. Doch denke ich, wer diese Straße nicht kennt, wer die Orte nie gesehen hat, wird keinen Bezug zu dem Geschriebenen finden. Für mich als Berlinerin wecken sie Erinnerungen und ich konnte nur staunen, was sich hinter so mancher Fassade wohl einst abgespielt haben mag.

Vielleicht nur was für den Berliner?

Der Text hat sich gut gelesen und wie gesagt, ich habe einiges dazu gelernt und musste die entsprechenden Häuser auch unbedingt noch einmal in echt besuchen gehen. Ich stand vor dem Haus, in dem es einst ein Kino gab und versuchte zu rekonstruieren, wie es ausgesehen haben mag, als die Menschen nach dem Film herausströmten. Gestaunt habe ich über die Geschichte des Hauses, an dem ich schon oft vorbeigefahren bin und nicht wusste, dass es fast noch im Original erhalten ist und der Eigentümer alles daran setzt, es so zu belassen.

Ich kann das Buch jedem Berliner nur empfehlen. Wer Stadtfern aufgewachsen ist oder lebt, kann mit dem Buch vermutlich kaum etwas anfangen, es sei denn, er interessiert sich für die Menschen, die dort gelebt haben oder ist in unsere Stadt vernarrt. Immerhin waren dort viele Prominente ansässig. Viele Menschen haben dort ihr Leben gelebt und auch sehr viele sind dort einfach verschwunden, abgeholt oder vertrieben worden. Die vielen Stolpersteine vor den Häusern sprechen Bände. Der Journalist und Autor Oliver Ohmann hat sich mit vielen Menschen unterhalten. Judy Winter und Ulli Zelle haben gerne mit dem Autor gesprochen und aus dem Nähkästchen geplaudert. Ohmann schien am Ende seiner Recherchen mit dem Team der historischen Charlottenburger Magistratsbibliothek auf „Du“ zu sein.

Schwer zu sagen, wie viele Mäuse das Buch verdient hat. Ich fand es unterhaltsam und interessant. 🐭🐭🐭 ist für ein Sachbuch nicht so schlecht, finde ich. Rubi hätte gerne noch eine Maus dazugegeben. Aber halbe Mäuse haben wir nicht.

 

 

Menschen am Kaiserdamm

geschrieben von Oliver Ohmann
aus dem BeBra Verlag
272 Seiten, mit 48 Abbildungen
ISBN 9783814802817

Das Wesen des Lebens

In dem Buch „Das Wesen des Lebens“ erzählt die finnische Autorin Iida Turpeinen über die Rastlosigkeit der Menschen. Wie sie ihre Welt erforschen, auseinandernehmen und zerstören. Und fast immer machen sie dies in bester Absicht, denn man will sich ja nur Wissen aneignen, oder sammeln oder vielleicht auch nur überleben. Iida Turpeinen beschreibt die Rastlosigkeit der (männlichen) Forscher und die Frauen, welche ihnen den Rücken frei halten und im Grunde auch zu den wichtigsten Entdeckungen beigetragen haben, aber ohne erwähnt zu werden.

Das Wesen des Lebens

1741 geht der Forscher Georg Wilhelm Steller als Schiffsarzt mit Vitus Bering auf Forschungsreise. Sie suchen nach einer Verbindung zwischen Asien und Amerika. Als ihr Schiff auf Shumagin Insel (Aleuten) strandet, verlieren viele Matrosen ihr Leben. Und auch Bering findet dort den Tod, während sich seine restliche Mannschaft von den dort friedlich lebenden Seekühen ernährt. Schmackhaft sollen die gewesen sein. Der Forscher Steller hat solche Tiere noch nie gesehen, so groß und so freundlich. Am Ende werden die Matrosen ein Schiff bauen können, aber die Knochen der Seekuh müssen auf der Insel bleiben. Zu groß sind sie und zu schwer und Steller bleibt nur, der Seekuh seinen Namen zu geben. Die Stellersche Seekuh!

Jahre später treffen auf der Insel Jäger ein, die von dem schmackhaften und wehrlosen Tier gehört haben. Nicht nur die Polarfüchse und die Alke werden zu Opfern, sondern auch die Seekühe. Sie werden einfach aufgegessen und vergessen. Niemand macht sich Gedanken darum, ob sich die Art erhalten kann, niemand bedenkt, dass sie nur dort leben können. Irgendwann erinnert sich ein Forscher und wünscht sich wenigstens die Knochen, um zu beweisen, dass es diese Seekühe wirklich gab.

So hat Gott es bezweckt, er hat die Welt und ihre Wesen geschaffen, damit der Mensch über sie herrscht. Das Tier erfüllt seinen Zweck am besten, indem es dem Menschen nützlich ist, … (Seite 67)

Es sind aber nicht nur die Tiere, die in diesem Buch ausgerottet werden. Auch die Abfälligkeit und die Überheblichkeit der weißen Menschen gegenüber den Ureinwohnern, die mit der Natur in guter Eintracht leben, ist nicht zu überlesen.

Sie werden die Kolonie in den Wirkungskreis der Menschengesetze führen, die Zivilisation mit sich bringen, Alaska ordnen und besänftigen … (Seite 100)

Die Stellersche Seekuh und andere Ausgerottete

Man muss einfach abtauchen, in das Buch „Das Wesen des Lebens“ und in die Schreiberei der Autorin Iida Turpeinen genießen. Sie switcht zwischen den Handlungsorten hin und her, gibt aber auch die Freude und den Enthusiasmus ihrer Figuren wieder. Es sind die Frauen, die in der echten Geschichte, wie auch im Buch, wie immer eine Nebenrolle haben und doch von der Autorin still und leise in den Vordergrund geschoben werden. Die Eine, die ihrem Mann den Rücken freihält und die Andere, die gefallen an den Sammlungen findet. Oder die Nächste, die eine wahre Künstlerin ist und niemals die Gelegenheit bekommen wird sich einen Namen zu machen und am Ende Tapeten malt. Und sie sind immer ein bisschen real (gewesen).

Das Buch ist ein Vorwurf, wie mit der Welt und seinen Schätzen umgegangen wird, verpackt in eine Reise in die Vergangenheit, auf der Suche nach ausgestorbenen Wesen, die der Mensch vernichtet hat, ohne nachzudenken. Ihr Roman ist unterhaltsam, sowie auch lehrreich und interessant geschrieben. Ich hätte mir mehr Verweise auf die Personen gewünscht und manches Mal ein passendes Bild.

Die Autorin und der Übersetzer

Iida Turpeinen wurde 1987 in Finnland geboren. Sie ist Literaturwissenschaftlerin und auch Schriftstellerin und interessiert sich für das literarische Potenzial der wissenschaftlichen Forschung sowie für schräge Anekdoten und Irrwege der Wissenschaftsgeschichte. Und das bringt sie hervorragend in ihrem Buch „Das Wesen des Lebens“ rüber.
Maximilian Murmann, geboren 1987, studierte in München, Helsinki und Budapest Finnougristik, Allgemeine Sprachwissenschaft und Germanistische Linguistik. Ich staune immer wieder, wie wichtig der Übersetzer ist!

Und vielleicht möchtest du ein Video zum Buch sehen … Außerdem hat dieses Buch von uns 🐭🐭🐭🐭 erhalten

 

Das Wesen des Lebens

Ein Roman von Iida Tupeinen
Übersetzt von Maximilian Murmann
aus dem S. FISCHER-Verlag
ISBN: 978-3-10-397630-4
320 Seiten

Der Herzschlag der Toten

Herzschlag der Toten ist ein Krimi, der in Hamburg im Jahr 1887 spielt. In einem alten, unbenutzten Kontor entdecken zwei Stadtstreuner eine Frauenleiche. Die junge Frau ist mit mehreren Messerstichen getötet worden und sitzt in einer sehr obszönen Pose im Dreck auf dem Boden. Den Beiden gefällt der Anblick nicht und sie wickeln die Leiche in eine Decke. Damit verwischen sie natürlich auch die Spuren, Spuren, die der frisch ernannte Criminalcommissar Hermann Rieker bestimmt gerne gesehen hätte. So muss er mit dem vorliebnehmen, was er vorfindet. Nicht genug, dass er von einem Kollegen unter Druck gesetzt wird, schnell den Fall aufzuklären, kommt ihm auch noch Johanna Ahrens, die Tochter des Richters zwischen seine Ermittlungen. Sie war mit der Toten bekannt. Und dann ist da noch der merkwürdige Totenfotograf Jacob Eilers.

Herzschlag der Toten

Hast du eine Ahnung, was der Herzschlag der Toten sein soll. Wie soll ein Toter denn noch einen Herzschlag haben? Jakob Eilers ist Totenfotografen. Er fotografiert Verstorbene. Dazu hat er eine Halterung erdacht, die den Toten eine winzige Bewegung gibt und somit das Foto am Ende nicht wie eine Totenfotografie aussieht. Johanna bittet den Fotografen ein Bild von ihrer Bekannten zu machen. Dabei lernt sie Eilers etwas besser kennen. Seltsam ist der Mann schon, da ist der Criminalcommissar Rieker schon etwas anderes. Dieser versucht sich zumindest gut zu kleiden. Rieker versucht den Mörder schnell zu finden, immerhin hängt seine Karriere von dem Erfolg ab. Aber immer wieder taucht diese Johanna auf und spielt ihm nicht immer in die Karten.

Ich mag Krimis. Sie sind nicht so brutal und doch spannend. In diesem Fall gefiel es mir, dass Johanna so eine mutige Frau ihrer Zeit war. 1887 hatten die Frauen sich ja an bestimmte Regeln zu halten. Johanna ist aber sehr aufgeweckt und vor allem aufmüpfig. Herrmann Rieker dagegen ist eben unter Druck. Dabei versucht er sich aber auch an alle Regeln zu halten. Der Totenfotograf dagegen ist von Anfang an eine schräge Figur. Ich fand es recht spannend, den Fall mit den Dreien aufzuklären. Ich hatte nie das Gefühl, dass der Krimi in die Länge gezogen wurde. Der Autor spielt wirklich gut mit den Figuren und das Ende war für mich nicht unbedingt ersichtlich.

Da das der Auftakt einer Serie zu sein scheint, freue ich mich schon darauf einen neuen Fall mit dem Criminalcommissar. Ob er allerdings noch einer ist, dass musst du schon selber herausfinden! Von uns bekommt der historische Krimi 🐭🐭🐭🐭

 

Herzschlag der Toten

Der erste Fall für Rieker und Ahrens – auf der Shortlist für den Homer-Literaturpreis 2025
ein historische Krimi von Ralf H. Dorweiler
Taschenbuch
416 Seiten
ISBN:978-3-442-49493-4

Tage ohne Ende

Wenn du wissen willst, wie es wirklich damals in Amerika, kurz vor dem Bürgerkrieg war, dann solltest du Tage ohne Ende lesen. Damals, als die Einwanderer, Amerika eroberten, die Ureinwohner des Kontinents hinweggemetzelte oder vertrieben wurden, Büffel nur aus Spaß getötet oder zarte Jungen als Mädchen verkleidet Bergarbeitern heile Welt vorgaukelten. Tage ohne Ende, ein Roman der in einer schnoddrigen Art geschrieben ist und kein Blatt vor den Mund nimmt, zeigt dem Leser, was man in einem Western nicht zu sehen bekommt.

Du blickst zurück auf all die endlosen Jahre, in denen dir dieser Gedanke nie gekommen war das tue ich jetzt in Tennessee, wo ich diese Worte aufschreibe ich denke an die Tage ohne Ende in meinem Leben.

Seite 45

Tage ohne Ende

Ich bekam dieses Buch von meiner Schwester geschenkt, mit den Worten, das musst du unbedingt lesen! Und nehme dir bitte am besten ein Wochenende frei, damit du es nicht weglegen musst. Ich habe es leider nicht beherzigt. Ich habe es in Etappen gelesen. Thomas McNulty und sein Freund John Cole haben sich, fast noch Kinder in einem Busch in der Pampa getroffen. Sie hatten Glück und kamen nicht ums Leben. Als Kinder im wilden Westen, da muss man schon echt was auf dem Kasten haben. Die beiden schmalen Jungen durften sich als Mädchen verkleiden und eine Show, in einem Saloon vorführen, dass sich die Bergarbeiter wie zu Hause fühlen konnten. So kann man sich auch ein paar Dollar verdienen.

Aber irgendwann wurde sie zu ungelenk, passten nicht mehr in die Mädchenrollen. So gingen sie zur Armee. Einem der schlechtbezahltesten Jobs in dem wilden Amerika. Aber die unzertrennlichen jungen Männer fanden immer wieder eine Möglichkeit zu überleben.
John und Thomas lernten mit schlechten Gewehren schießen, sie durften hungern und durch die Kälte über die Prärie ziehen. Sie schlachteten Menschen ab, die eigentlich harmlos waren. Sie schossen Büffel, um nicht zu verhungern. Die Truppen zogen von einem Camp zum nächsten Fort und wieder wurde getötet, und fast verhungert, lagen im Dreck und ließen sich durchfüttern. Die Jungen wurden erwachsen und durften den Dienst quittieren. Aber nicht lange und sie wurden in den Unabhängigkeitskrieg hinein gezogen.

Grausame Szenen

Der Autor Sebastian Berry hat hier einen speziellen Frontier Roman geschrieben. Der Hauptdarsteller beschreibt sein Leben und das seines Freundes mit „eigenen Worten“ und schnoddrigen Sätzen, als hätte er es wirklich selber geschrieben. Mit seinen ungebildeten, liebenswerten und grausamen Beschreibungen verdeutlicht der Roman, wie es damals zuging. Erst wird einfach draufgeschlagen und nachher gefragt, ob es richtig war. Andererseits haben die beiden Protagonisten ein solch zärtliches Miteinander und lieben ihre Freunde und Nachbar (soweit man sie ebenfalls friedlich leben lässt). Allerdings liest man auf den nächsten Seiten wieder, wie sie ohne Gnade einfach einem Menschen den Skalp abschneiden. Zart und brutal. Anstrengend und aufregend. Ich weiß nicht, in welche Schublade ich diesen wirklich guten Roman stecken soll. Wie meine Schwester schon gesagt hatte, den muss man lesen!

🐭🐭🐭🐭🐭 bekommt der Roman von uns. Aber nur, wenn du dir Zeit für diese Zeitreise nimmst.
Übrigens hat hier der Übersetzer wirklich ganze Arbeit geleistet, einen solchen Roman muss man erst einmal so gut übersetzten!

 

Tage ohne Ende

geschrieben von Sebastian Berry
Übersetzt durch Hans-Christian Oeser
256 Seiten
ISBN 978-3-95829-518-6

Der Zauber des Berges

Der Zauber des Berges fängt mich persönlich immer wieder ein. Kaum fahre ich in die Berge, entspannt sich mein ganzes System.
Dieses Phänomen hatte man schon, bei anderen Menschen und in früheren Zeiten festgestellt. Tuberkulosepatienten, die es sich leisten konnten, wurden in die Berge, in die Schweiz nach Davos geschickt. 1867 fuhren die Eheleute Holsboer mit dem Fuhrwerk die steilen, unebenen Straßen in das Tal hinauf. Margarete, die ätherisch anmutende junge Frau des Kaufmanns Willem Jan Holsboer litt an Tuberkulose und war dem Sterben näher als dem Leben. Willem würde alles für seine geliebte Frau machen und schwor, wenn sie am Leben bleiben sollte, dann würde er eine Eisenbahn bauen, die hinauf in das Graubündener Tal fuhr. Eine Eisenbahn, die dem Menschen die Anreise zu diesem besonderen Luftkurort einfacher machen soll.

Der Zauber des Berges

Margarete überlebt diese furchtbare Krankheit natürlich nicht. Nur wenige hatten damals das Glück, diese tückische Krankheit zu überstehen. Willem kann das Tal aber nach dem Tod seiner Frau nicht verlassen. Er hat immer noch das Gefühl, dass sie in seiner Nähe weilt. Er verbeißt sich in den Gedanken, eine Kurlandschaft entstehen zu lassen, die den angesehenen und reichen Patienten zu Wohlgefühl, ausreichend Luft und Gesundheit verhelfen soll. Seine (überdrehten) Ideen und Ambitionen, werden dem Bergvolk einige Fremde in ihre einsame und frische Bergwelt bescheren. Nicht jedem gefällt das und doch profitieren sie davon. Willem ist ein Kaufmann, der weiß, wie man sich verkauft. Seine Ideen können mit dem Geld der Schweizer Banken umgesetzt werden. Aber auch die meiste reichen und bekannten Persönlichkeiten bringen viel Geld mit, wenn sie in dem Tal genesen wollen. Und dann wagt er sich auch noch an das Abenteuer Eisenbahn.

Die Autorin

Der Roman wurde von Daniela Holsboer geschrieben. Sie ist mit dem Urenkel von Willem Jan Holsboer verheiratet. An einem lauen Sommerabend erzählte ihr Mann die Geschichte seines Großvaters und Daniela traf die Entscheidung, diese Geschichte zu einem Roman zu verarbeiten. Spannend, was dieser Mann auf die Beine gestellt hat. Interessant, wer alles in Davos war und den Zauber des Berges gespürt hat. Nicht nur Thomas Mann ließ sich zum Zauberberg inspirieren, sondern auch Robert Louis Stevenson schrieb während einer Schlechtwetterperiode die Schatzinsel in Davos. Willem Holsboer war immer mittendrin und unterhielt sich mit seinen Gästen. Spannend.

Und doch fand ich das Buch manchmal etwas langatmig und mir fehlte ein bisschen das Besondere. Es liest sich eben wie die Biografie Willem Holsboer und dem Ort Davos. Von uns bekommt der Roman 🐭🐭🐭 Rubi möchte jetzt, dass wir in die Berge reisen, das hat sie noch nie gesehen! Und die Beschreibungen in diesem Buch haben Reiselust gemacht.

 

 

Der Zauber des Berges

Autorin Daniela Holsboer
Verlag Tredition
368 Seiten
ISBN 978-3-384-17268-6