Wien, was für ein seltsamer Name für ein Mädchen. Doch als das Baby in Beirut auf die Welt kommt, entscheidet sich der Vater für diesen außergewöhnlichen Namen nach einem Schlagertext.
Ein Mädchen namens Wien
Das Mädchen, später die Frau, findet es prima. Dieser unangepasste Namen passt zu ihrem Leben. Das Mädchen Wien ist einfach ein Mensch, der sich nicht in irgendein Schema drücken lässt. Schon mit ihrer Geburt fängt es an und zieht sich durch ihr komplettes Leben. Ruppig wird sie ins Leben gezerrt und fast unfreundlich von den Menschen im Kreißsaal empfangen. Sie wächst heran und macht all die Dinge, die man an einer jungen Frau im arabischen Raum bestimmt nicht schätzt.
„Verflucht der Mann, dem Töchter geboren werden!“ Seite 7
Das Mädchen Wien studiert, und studiert wieder etwas anderes. Wird am Ende Fernsehmoderatorin, wird aber auch das nicht lange bleiben. Sie muss einen Mann heiraten, der ihr am Ende keine Kinder machen kann und sich darum das Leben nimmt. Wien hält sich nicht an die Witwenzeit, geht lieber tanzen, flirten und macht, worauf sie Lust hat. Sie eckt an und ist aufmüpfig. Versucht sich dann an das Leben anzupassen, aber sie ist einfach anders als die „gewünschten“ Frauen. Und das bleibt Wien ihr Leben lang.
Frech und unangepasst
Die Autorin Sahar Mandûr hat ihrer Romanfigur einen frechen Ton verpasst. Es liest sich so unwirklich, wenn man das Leben der Frauen im arabischen Raum mit dem Gelesenen vergleicht. Statt sich unterzuordnen, rebelliert Wien in allem, was ihr auferlegt wird. Sie kann ja nicht mal eine ordentliche Witwe sein. Ich fand es schwierig diese wenigen Seiten zu lesen, bin ich selber doch keine rebellische Person. Wahrscheinlich würde ich mich, wie so viele der Frauen hinter ihrem Kopftuch verstecken und nicht so aufmucken wie Wien. Aber wäre es nicht schön, wenn die Frauen endlich mal aufbegehren und sich nicht gegenseitig auch noch beschränken würden. Sich gegenseitig Mut machen und ihre Fesseln sprengen? Das wird in diesem Buch deutlich gemacht. Wer stellt denn diese Regeln auf? Sahar Mandûr schreibt oberflächlich, so steht es im Klappentext. Ja, so kann man das Buch auch lesen. Aber unter dieser Oberfläche brodelt es gefährlich und wer es verstehen will, wird darunter so manche Wirklichkeit finden.
Die Autorin
Sahar Mandûr weiß, wovon sie schreibt. Sie hat Psychologie und Journalistik studiert und arbeitete bei der libanesischen Tageszeitung al-Safir, was der Botschafter bedeutet. Sie beschäftigte sich überwiegend mit der gesellschaftlichen und rechtlichen Situation der Frauen. Vor allem im Libanon, Ägypten und Palästina. Zurzeit ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Amnesty International für den Libanon.
Der Maus Rubi und mir haben die Seiten einerseits gefallen und andererseits gelangweilt. Ich fand nicht immer den Anschluss an die Geschichte und es war mir ein wenig zu hektisch und zu durcheinander. Dafür öffnet der Roman aber auch die Augen auf das, was man üblicherweise nicht sehen würde! Damit bekommt „Ein Mädchen namens Wien“ von uns gutgemeinte 🐭🐭🐭🐭
Ein Mädchen namens Wien
Ein Roman von Sahar Mandûr
übersetzt von Hartmut Fähndrich
aus dem Edition Faust Verlag
96 Seiten
ISBN:9783949774058
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