Erinnerungen aus Glas {Rezension}

22.02.2021 | Historie, Roman | 0 Kommentare

Erinnerungen aus Glas beginnt mit einem Prolog. Eine Frau streicht mit den Fingern über ein Regal mit achtundsechzig Flaschen aus buntem Glas. Nur eine einzige ist Rot. Die eine nimmt die alte Frau mit gekrümmten und nicht mehr ganz kraftvollen Fingern aus dem Regal. Sie kann nicht vergessen und diese Flasche lässt sie sich erinnern. Es sind Erinnerungen, die nicht immer gut sind und in diesem Fall würde sie gerne die Erinnerungen aus einem Keller an die Hollandsche Schouwburg in Amsterdam oder die vielen Kinder wegsperren…

Es sind drei Figuren, die in diesem Roman die Hauptrollen spielen.
Josie, eine forsche junge Frau, die sich schon immer mutig und vielleicht ein wenig zu blauäugig gegen den Abtransport der jüdischen Kinder in Amsterdam auflehnt.
Dann Eliese, die jüdische Frau, die hofft, nur weil sie auf der Puttkammer Liste steht, würde sie einen Vorteil haben, nicht auf den Zügen nach Westerbork oder nach Auschwitz einfach zu verschwinden. Stattdessen findet sie einen Weg, ihrer Freundin Josie die Kinder der jüdischen Familien zuzuspielen.
Und zu guter Letzt ist da Ava, die in der heutigen Zeit auf der Suche nach ihren Vorfahren ist und dabei über Geschichten stolpert, die ihr Angst machen.

Erinnerungen aus Glas

Der Roman ist in zwei Zeitebenen geschrieben. Ava reist im Auftrag ihrer Großmutter nach Uganda und trifft dort auf einen jungen Landon, der eine Kaffeeplantage leitet und dabei Kindern eine Schulbildung und ein gutes Leben ermöglicht. Ava ist im Auftrag einer Stiftung ihrer Familie unterwegs. Ganz nebenbei scheint die Familie des jungen Mannes auch etwas mit ihrer eigenen zu tun zu haben. Das löst sich erst sehr zögerlich im Roman auf.
Der andere Erzählstrang ist die Geschichte von Eliese und Jossie, die gemeinsam Kinder vor der Deportation aus Amsterdam während der Nazibesatzung retten wollen.

Die Autorin schreibt sehr aufwühlend. Ihre Protagonistinnen kämpfen mit ihren Gefühlen, während die eine das eigene Kind verstecken muss und viele jüdischen Kinder mit den Zügen nach Westerbork verschwinden. Welche Möglichkeiten haben die Frauen denn schon, Menschen zu retten? Zu sehen, wie immer mehr Sterne in Amsterdam verlöschen!

Teilweise habe ich den Faden bei der Suche von Ava verloren. Es ist schon sehr verwirrend ein Buch zu lesen, in dem so viele Personen vorkommen und dabei eigentlich keine Rolle spielen. Ein Stammbaum wäre vielleicht hilfreich gewesen, aber das hätte auch während Ava’s Familienforschung die Spannung genommen. Die Teile, in denen es um die Judenverfolgung ging, haben mich da weitaus mehr gefesselt. Wegen mir hätte es die Jetztebene nicht geben müssen. Zumal dieser Strang der Erzählung, teilweise sehr verwirrend war. Am Ende sind alle mit einander mehr oder weniger verwandt und eine (winzig) kleine Liebesgeschichte hat sich auch noch entwickelt.

Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und habe ganz nebenbei auch noch einiges gelernt. Ich fand zeitweise, dass die Autorin einfach zu viel wollte und nicht genug Seiten übrig hatte.

Über die Autorin

Melanie Dobson hat Journalismus und Kommunikation studiert und war als Werbeleiterin tätig, bevor sie sich mehr und mehr dem Schreiben widmete. Eine besondere Vorliebe hat sie für Bücher, in denen Geschichte und Gegenwart miteinander verknüpft werden. Mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern lebt sie in der Nähe von Portland, Oregon.

Ein Roman von Melanie Dobson
Aus dem Englischen von Silvia Lutz übersetzt
ISBN 9783963621895
368 Seiten
Verlag:Francke-Buch

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