In dem Roman Die Verlorene versucht die junge Laura herauszubekommen, warum ihre vor kurzem verstorbene Großmutter Änne niemals von ihrer Vergangenheit in Schlesien gesprochen hat. Was ist damals geschehen …

Die Verlorene
Änne, die Großmutter, ist zu Hause gestürzt und auf den Kopf gefallen. Sie liegt nun im Krankenhaus und ist nicht mehr ansprechbar. Die 93-Jährige mochte nie über ihre Flucht aus Schlesien sprechen und ihre Tochter Ellen war einfach noch zu klein, um sich überhaupt daran zu erinnern. Und so nimmt die alte Dame ihre Erinnerungen mit ins Grab. Ihre Enkelin Laura findet eine Kiste mit niemals abgeschickten Briefen und in der Küche ein Gemälde, das aus Polen ohne Absender der Großmutter Änne kurz vor ihrem Sturz zugestellt wurde. Laura möchte mehr wissen und macht sich auf die Suche nach Spuren aus der Vergangenheit. Sie reist nach Polen, in die alten schlesischen Gebiete, zu einem Ort, der auf keiner Landkarte verzeichnet ist.

Schlesien 1943: Änne lebt auf dem Dachboden den großen Gutshof in Schlesien. Sie darf den Dachboden nur bei Nacht verlassen, ihre Familie versorgt sie mit Nahrungsmitteln und allem anderen Wichtigen. Wenn sie auf die Toilette muss, dann darf sie den Nachttopf benutzen und nur selten ins Bad. Keiner darf wissen, dass das 17-jährige Mädchen dort oben versteckt ist, während ihre Zwillingsschwester Luise ein ganz normales Leben auf dem Gestüt führen kann. Aber warum musste das Kind sich dort oben verstecken? Sie neidet ihrer Schwester das freie Leben und muss mitansehen, wie sich Luise in den Kriegsgefangenen Karl verliebt.

Schlesien, Flucht und Familie
Die Verlorene liest sich sehr angenehm und man fühlt sich von der Geschichte mitgenommen. Ich habe immer wieder meine Schwierigkeiten mit Geschichten, die in den Zeiten hin- und herspringen. Aber Miriam Georg hat diesen Drahtseilakt wirklich gut gemeistert. Allerdings sind mir ihre Umschreibungen manchmal ein wenig zu lang, zu ausgeschmückt. Sie erzählt aber sehr flüssig und nimmt den Leser auf eine aufregende Erforschung der Vergangenheit mit. Warum Änne auf dem Dachboden leben muss, wird allerdings erst in der Mitte des Buches klar. Ebenso wie Laura erfährt man nur zögerlich, was damals geschah. Warum Änne mit ihrer Tochter Elena/Elli Schlesien am Ende verlassen hat und wer das Gemälde geschickt hat, das zum Tode Ännes führte, bleibt auch bis zum Schluss ein Geheimnis
Spannende 512 Seiten laden dazu ein, ein bisschen die Geschichte Schlesiens zu studieren. Ich gebe ja zu, dass dieser Landstrich mir immer wieder durch die Lappen gegangen ist. Dass dort Menschen vertrieben wurden, dass dort die einheimischen Polen ihre Sprache nicht mehr sprechen durften, ist mir komplett verloren gegangen. Aber das kann ich ja ändern, mich mehr mit der Geschichte Schlesiens vertraut machen. Die Verlorene ist eine Familiensaga, die mitnimmt, die sich manchmal spannend wie ein Krimi liest. Von uns bekommt dieser Roman gerne 🐭🐭🐭🐭 eine wunderbare und manchmal nachdenkliche Unterhaltung.

Die Autorin
Miriam Georg hat sie sich von ihrer eigenen Familiengeschichte und durch ihre Ausbildung zur Systemischen Therapeutin inspirieren lassen. Für „Die Verlorene“ hat sie hier ein bisschen ihre eigene Familiengeschichte verarbeitet. Ihr Großvater hatte vor Jahren seine Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg in zwei Romanen verarbeitet, die aber niemals veröffentlicht wurden. Und auch ihre Großmutter stammt aus dem Sudetenland und wurde selber vertrieben. Miriam Georg ist 1987 geboren. Sie schrieb die Hamburg-Dilogien „Elbleuchten“, „Das Tor zur Welt“ und „Im Nordwind“
Die Verlorene
Ein Roman von Miriam Georg
aus dem Fischer Verlag
ISBN: 978-3-7587-0030-9
512 Seiten
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