Lina Morgenstern war die Erfinderin der Suppenküchen, eine Urheberin der Kindergärten und eine der ersten Frauenrechtlerinnen in Berlin. Der Autor und Filmemacher Gerhard J. Rekel hat eine lesenswerte Biografie über die kleine, quirlige Frau geschrieben.
… Wir Frauen brauchen nicht Gnade, sondern Gerechtigkeit! …
Seite 197
Lina Morgenstern
Sie wurde 1830 als Lina Bauer in Breslau geboren. Lina heiratete 1854 Theodor Morgenstern und zog mit ihm nach Berlin. Nachdem Theodor als Kaufmann sein Betrieb in den Sand gesetzt hatte, musste Lina einen Weg finden, die größer gewordenen Familie satt zu bekommen. Sie war schon immer ein Mensch, der mit offenen Augen durch die Welt lief und Ungerechtigkeiten sah. Dazu hatte sie ein Talent. Und sie konnte Geschichten schreiben. Dieses Talent nutzte sie erst einmal Bücher zu schreiben, um die Familie zu unterstützen. Lina sah außerdem, wie schlecht sich die Menschen der aufblühenden Stadt Berlin sich ernährten. Die Frauen hatten weder die Zeit noch das nötige Geld, um die Familien satt zu bekommen. Da hatte Lina Morgenstern die Idee, eine Suppenküche ins Leben zu rufen. Gemeinnützig sollte sie sein und eine warme ausgewogenen Mahlzeit, nur mit kleinen Groschen zu bezahlen. Aber eine Frau als Vorsitzende, das ging in dieser Zeit schon gar nicht! Die kleine Frau stieß immer wieder auf Widerstände. Nur Männer dürfen Vorsitzende oder Betreiber sein. Frau ist für eine solche Verantwortung gar nicht geschaffen!
Sie fand einen Weg und überwand die Hindernisse. Sie ignorierte den aufflammenden Antisemitismus. Genauso fand sie Wege, um die ersten Kindergärten ins Leben zu rufen. Gärten, in denen Kinder wie Pflanzen erwachsen können. Sie gründete eine Lehranstalt für Kindergärtnerinnen nach dem Vorbild von Fröbel. Lina kämpfte nebenbei um das Leben der Soldaten, die aus dem Deutsch-Französischen Krieg, 1870 zurückkamen, … Zudem war Lina Morgenstern die Herausgeberin einer Hausfrauenzeitung und hat unglaublich viele Bücher veröffentlicht. Neben all diesen Tätigkeiten hatte sie fünf Kinder großzuziehen. Hätte sie einen anderen Mann als Theodor an ihrer Seite gehabt, der sie in allem sehr unterstützt haben muss, dann wäre sie nicht so erfolgreich gewesen.
Linas Geschichte
Linas Geschichte wird von dem Autor Gerhard J. Rekel sachlich und doch spannend erzählt. Die Seiten lesen sich schnell und immer wieder staune ich wie viel, die kleine Frau alles geleistet hat und welche Anfeindungen sie aushalten musste, um immer wieder noch mehr zu leisten. Ich wusste gar nicht, dass es 1898 einen internationalen Kongress für Frauenwerke und Frauenbestrebungen im Roten Rathaus in Berlin gab. Clara Zetkin war nicht gerade begeistert über Lina Morgenstern und immer wieder hat sie mit Lina gestritten. Rekel beschreibt das Leben von Lina Morgenstern sehr angenehm und man liest gerne über die Erfolge dieser ungewöhnlichen Frau.
In dem Buch findet man auch einige von Lina veröffentlichten Rezepte aus ihrer Suppenküche und eine Liste ihrer veröffentlichten Bücher. Lina ist in einer turbulenten Zeit groß und bekannt geworden. Berlin und Deutschland kann stolz sein, eine solche patente Frau gehabt zu haben. Schade, dass man so wenig von ihr in unserer Stadt findet. Immerhin betrieb sie 17 Suppenküchen in unserer Stadt Berlin, die in vielen anderen Städten sogar kopiert wurden.
Dieses Buch bekommt von Rubi und mir 🐭🐭🐭🐭 Eine spannende Biografie über eine ungewöhnliche Frau. Einer Vorreiterin der Emanzipation, sozial und unerschrocken. Besonders schön fand ich, dass man im ganzen Buch Bilder mit und um Lina Morgenstern finden kann. So bekommt diese Biografie etwas Besonderes.
Der Autor Gerhard J. Rekel hat Spaß an präzisen Recherchen. Es ist wohl die Freude am Finden und Erfinden von ambivalenten Charakteren und dramatischen Konstellationen, die seine Bücher lesenswert machen oder seine Filme und Dokumentationen sehenswert.
Lina Morgenstern
Geschichte einer Rebellin
eine Biografie geschrieben von Gerhard J. Rekel
264 Seiten
Kremayr & Scheriau Verlag
ISBN: 978-3-218-01466-3
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