Die Wurzel alles Guten

20.09.2017 | Rezension, Roman | 10 Kommentare

ein Roman von

Miika Nousiainen

 

Auf der Suche nach dem verschwunden Vater,

oder an der Wurzel gepackt

Der Finne Pekka Kirnuvaara, getrennt lebender Familienvater, steht vor dem Problem, einen Zahnarzt zu brauchen. Er sitzt auf den Behandlungsstuhl und stellt fest, dass der Doktor glatt sein Bruder sein könnte. Und tatsächlich, sie haben den gleichen Vater. Die Brüder sind sehr unterschiedlich. Pekka ist sehr redefreudig und pflegt seine Zähne nicht. Esko Kirnuvaara, der Ältere, hält dagegen viel von der Pflege der Zähne. Klar, er ist ja auch Zahnarzt. Dafür ist er der Ruhige und redet nicht gerne. Die beiden Männer sind als Kleinkinder von ihrem Vater verlassen worden. Ihre Mütter waren nicht gut auf den Vater zu sprechen. Und doch wollen die Söhne herausfinden, wo der Vater abgeblieben ist und warum er sie allein gelassen hat. Sie machen sich auf die Suche nach ihrer Wurzel.

Seine Familiengeschichte mit einer Wurzelbehandlung zu vergleichen, das ist schon mal ein besonderes Erlebnis. Der Autor hat die Kapitel mit den einzelnen Stationen der Behandlung überschrieben. Und witziger Weise, passt es tatsächlich. Am Anfang muss man eben erst einmal den Zahn aufmachen, um an das Übel heran zu kommen. In der zweiten Station wird gesäubert und provisorisch verschlossen… So kann man eben auch den Vorgang erklären, wenn es um die Aufarbeitung der Beziehung zum verschwundenen Vater geht. Auf ihrer Suche nach dem Vater treffen die alten Männer auf immer mehr Geschwister. Einer Spur, die ihr Erzeuger hinter sich her zog. Und alle Kinder haben eine Gemeinsamkeit, sie wurden als Kleinkinder mit ihren Müttern allein gelassen.

Miika Nousiainen hat eine witzige Art zu schreiben. Spitzer und feiner Humor bringt immer wieder Lacher hervor. Seine beiden Hauptfiguren sind so unterschiedlich und so herrlich beschrieben, dass es Spaß macht sich auf die Beiden einzulassen. Pekka und Esko erzählen abwechselnd aus ihrer Sicht. Jeder in seiner Art, was die Geschichte sehr unterhaltsam und sehr lebendig macht. Zum Ende hin, kam mir dann doch alles etwas zu sehr herangezogen vor. Als wollte der Autor möglichst viel und schnell noch abhandeln. Dabei erfährt man doch einiges über das Gesundheitssystem in Finnland und andern Orts. Über die Finnen an sich, und die Behandlung und Verwahrung von Kindern in anderen Ländern. Miika Nousiainen wickelt einen mit seiner leichten Schreibweise ein und vermittelt nebenbei noch Politisches und Soziales, ohne mit dem Zeigefinger zu wackeln.

Ich fand es ein erfrischendes Buch, das man gut lesen kann.

Von Miika Nousiainen,
(Schriftsteller, TV-Journalist und Drehbuchautor)
Übersetzt von Elina Kritzokat
Verlag: Nagel + Kimche
Seiten: 256
ISBN 978-3-312-01038-7

10 Kommentare

  1. tm

    Oh, wie schön ein finnisches Buch! Da schau ich doch mal ob ich es im Original finde…notiert undbedankt! Taija

    Antworten
    • Andrea Schroedter

      Das ist nicht sein erstes Buch. Nur das Erste übersetzte. Viel Spaß beim Lesen.
      Andrea

      Antworten
  2. Angela Busch

    Hallo Andrea, Deine Rezension hat bei mir Interesse für das Buch geweckt.
    P.S. bin gerade in einer Zahnbehandlung 😉
    LG Angela

    Antworten
    • Andrea Schroedter

      Dann siehst du die Behandlung gleich mit anderen Augen.
      Viel Spaß beim Lesen

      Antworten
  3. Holunder

    Das hört sich ja wirklich lesenswert an. Das Buch stand schon auf meiner Liste. Ich finde es immer wunderbar, wenn es dann so schön wie bei Dir besprochen wird!
    (Und das muss dann auch mal gesagt werden. Bei meinen Rezensionen kommentieren die LeserInnen auch seltener. Schade eigentlich.)
    Finnland interessiert mich eh sehr, wie schön, dass der Autor einen da noch ein bisschen tiefer blicken lässt.
    Liebe Grüße
    Andrea

    Antworten
    • Andrea Schroedter

      Das ist eben bei Rezensionen so. Irgendwie fehlt einfach der "mag ich Button"

      Antworten
  4. Modewerkstatt Heike Tschänsch

    Am Anfang muss man erstmal einen Zahn aufmachen…, wie so oft im Leben.
    Deine Rezension macht mich sehr neugierig auf dieses Buch. Danke für die Empfehlung.
    Liebe Grüße von Heike

    Antworten
    • Andrea Schroedter

      Ja, erst wird ein Loch gebohrt. Dann wird behandelt… Genauso kommt es hier rüber. Und genauso baut man kaputte Beziehungen wieder auf

      Antworten
  5. Mikka Liest

    Huhu!

    Das Buch ist mir bei den Neuerscheinungen schon aufgefallen, und es klingt ja wirklich gut, auch wenn das Ende etwas übereilt abgewickelt wird. 🙂 Ich werde es auf jeden Fall auf der Wunschliste lassen.

    Ich habe deinen Beitrag HIER für meine Kreuzfahrt durchs Meer der Buchblogs verlinkt!

    LG,
    Mikka

    Antworten
  6. Magdalena

    Da bin ich jetzt neugierig geworden. Ich denke, morgen bekommt mein Buchhändler Besuch.
    LG
    Magdalena

    Antworten

Trackbacks/Pingbacks

  1. Miika Nousiainen: Die Wurzel alles Guten [Rezension] | Tintenhain - […] Rezensionen von Bloggern Karminrotes Lesezimmer […]

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.